Samstag, 29. Dezember 2007

 

Deine Werke zu höchster Belehrung
Studier ich bei Tag und bei Nacht;
Drum hab ich in tiefster Verehrung
Dir ganz was Absurdes gebracht.

Freitag, 28. Dezember 2007

"Sie ist rasend in Dich verliebt und hat Dir hundert Küsse auf meinen Mund gegeben."

Donnerstag, 20. Dezember 2007

Dienstag, 20. November 2007

Dienstag, 13. November 2007

Unser Verhältnis gegeneinander macht mich sehr glücklich. Es ist so rein und schön, als in dieser sublunarischen Welt je eins zwischen zween ganz natürlichen Menschen gewesen sein mag. 

Donnerstag, 8. November 2007

Mir geht’s mit Goethen wunderbar. Nach acht Tagen, wie er mich so heftig verlassen hat, kommt er mit einem Übermaß von Liebe wieder. Ich hab zu mancherlei Betrachtungen durch Goethen Anlaß bekommen; je mehr ein Mensch fassen kann, deucht mir, je dunkler, anstöß’ger wird ihn das Ganze, je eher fehlt man den ruhigen Weg. Gewiß hatten die gefallnen Engel mehr Verstand wie die übrigen ...

Ich bin durch unsern lieben Goethe ins Deutsch-Schreiben gekommen, wie Sie sehen, und ich dank’s ihm. Was wird er wohl noch mehr aus mir machen? Denn, wenn er hier, lebt er immer um mich herum. Jetzt nenn ich ihn meinen Heiligen, und darüber ist er mir unsichtbar worden, seit einigen Tagen verschwunden, und lebt in der Erde fünf Meilen von hier in Bergwerke ...  

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Wenn am Gebirg der Morgen sich entzündet,
Gleich, Allerheiternde, begrüß ich dich,
Dann über mir der Himmel rein sich ründet,
Allherzerweiternde, dann atm ich dich.

Mittwoch, 10. Oktober 2007

Dienstag, 25. September 2007

Samstag, 22. September 2007

Bei Goethe in einer Abendgesellschaft. Die Herren Riemer, Coudray Meyer, Goethes Sohn und Frau von Goethe waren unter den Anwesenden.
Die Studenten in Jena sind in Aufstand begriffen; man hat eine Compagnie Artillerie hingeschickt, um sie zu beruhigen.
Goethe ward im Laufe des Gesprächs immer freier und mittheilender. Ich blieb länger als eine Stunde, und er sagte mir beim Abschiede viel Gutes.
Seine Gestalt ist noch schön zu nennen, seine Stirn und Augen sind besonders majestätisch. Er ist groß und wohlgebaut und von so rüstigem Ansehen, daß man nicht wohl begreift, wie er sich schon seit Jahren hat für zu alt erklären können, um noch in Gesellschaft und an Hof zu gehen.
„Man sagt immer, die Lebenszeit ist kurz, allein der Mensch kann viel leisten, wenn er sie recht zu benützen weiß. Ich habe keinen Tabak geraucht, nicht Schach gespielt, kurz nichts betrieben, was die Zeit rauben könnte. Ich habe immer die Menschen bedauert, welche nicht wissen, wie sie die Zeit zubringen oder benützen können.“
Dann aber setzte er ernst hinzu: Aber wenn man die Unredlichkeit der Deutschen in ihrer ganzen Grösse kennenlernen will, muss man sich mit der deutschen Literatur bekannt machen.
In der letzten halben Stunde ward Goethe immer in sich gekehrter, abbrechender, er schien körperlich zu leiden, der besorgte Sohn mahnte mit Recht an den Rückzug und so schied ich um 8 1/2 Uhr ganz bedenklich und betrübt.
»Ja, wenn sie es auf Gefahr der bösen Gesellschaft, in der sie mich findet, wagen will; doch kann ich es ihr freilich nicht zumuthen,« ließ er ironisch antworten, und empfing sie mit tausend Scherzen und Neckereien. »Es geht mir schlecht« sagte Goethe, »denn ich bin weder verliebt, noch ist jemand in mich verliebt.«

Freitag, 21. September 2007

Es ist weit eher möglich, sich in den Zustand eines Gehirns zu versetzen, das im entschiedensten Irrtum befangen ist, als eines, das Halbwahrheiten sich vorspiegelt.
Es ist so gewiss als wunderbar, dass Wahrheit und Irrtum aus einer Quelle entstehen; deswegen man oft dem Irrtum nicht schaden darf, weil man zugleich der Wahrheit schadet.
Schillerndes Wesen der Frauen, keine Konstanz, es sei denn in der festen Bindung. Die Frauen sind alle Schälke.
Art Wollust, die in dem Undankbarsein liegt. Undankbarkeit ist eine Treulosigkeit. Treulos zu sein, macht beiden Geschlechtern Vergnügen.
Frau von Goethe ist krank, sie hat förmlich die fallende Sucht und wird auch sehen, nach Karlsbad zu gelangen; wo ihr Gemahl sich hinwenden wird, darauf ruht noch heiliges Dunkel.

Mittwoch, 19. September 2007

Damit wird man gewöhnlich Erträgliches zustande bringen.
... vor mir stand der Unverkennbare, Goethe in der vollen Majestät seiner göttlichen Kraft und Gesundheit, mit der Jupiterswürde auf seinem schönen Antlitz, mit der Magie seines mächtigen Auges und des Herrscherblickes.
Aber ein Wort, ein Laut - allen anderen unvernehmlich - spricht zu ihm in der Sprache der Geister, und er ist plötzlich ein anderer. Die Brauen wölben sich in höheren Bogen, das milde Frühlingslicht der Augen steigert sich zum eindringlichen Sonnenblick, alle Züge bilden sich zu sanftem Ernst, grösser wird die raschere, vorwärts strebende Gestalt. Sie wird zu einem König, der incognito reist, alles in seinem Reich Interessante kennen lernen, über alles sich belehren, dessen Individualität erforschen, jedes Detail durchschauen will. Alles muss ihm Rede stehen, Lebendiges und Totes frägt er aus. Die Spinne muss ihm erzählen, wie nah, oder wie fern sie mit dem Elefanten verwandt sei. Die sieben Schwestern im Prisma müssen ihm verraten, wer ihr Vater gewesen, und welche eigentlich ihre Muttersprache ist, und in welchen Verhältnissen sie miteinander leben. Die Sterne vertrauen ihm die Geheimnisse ihrer Reisen an, sprechen sich aus über die Konstitution ihres unermesslichen Kollektiv-Reichs ... Der Orkan wird zugänglich und mild in seiner Nähe, er flüstert ihm ins Ohr, von wannen er komme ... Ein Gerstenkörnchen vom Himalaja berichtet treulich über alles Merkwürdige jener hohen Provinz ... Plötzlich scheint er genug zu wissen, um sein Incognito abstreifen zu können. Der Reisemantel fällt von seiner Schulter, der König zeigt sich in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit ... Er spricht das Wort der Entscheidung, das Urteil ohne Appellation. Er ordnet, er befiehlt, er herrscht und hat seines Gleichen nicht neben sich. Er lohnt und begnadigt mit einem Strahl aus der Sonne seines Auges ...
Später fragte ich mich wohl zuweilen sehr bedenklich: musst du denn wirklich dichten? Es antwortete „ja!“ Aber jetzt, glaube ich, dass es eigentlich hätte „nein!“ rufen sollen.

Samstag, 15. September 2007

Dienstag, 11. September 2007

Vor Tisch schon rühmte Goethe, dass er wohlgetan, nach Köln zu gehen, sich von dem Herzog influenzieren zu lassen, er lasse sich ohnehin leicht bestimmen; und vom Herzog gern, denn der bestimme ihn immer zu etwas Gutem und Glücklichen, aber einige Personen seien, die einen ganz unheilbringenden Einfluss auf ihn hätten. Lange habe er es nicht gemerkt. Immer wenn sie ihm erschienen, sei ihm auch ganz unabhängig von ihnen irgend etwas Unangenehmes, Trauriges oder Unglückliches begegnet. Alle determinierten Naturen seien ihm glückbringend, so auch Napoleon.
Spinoza hat zuerst grossen und immer bleibenden Einfluss auf ihn. Dann Baco, kleines Traktätchen de Idolis - von den Trugbildern, Gespenstern. Aller Irrtum in der Welt komme von solchen Eidoleis (ich glaube, er nimmt deren zwölf hauptsächliche an). Diese Ansicht half Goethe sehr - sagte ihm ganz besonders zu. Ueberall suchte er nun nach dem Eidolon, wenn er irgend Widersprüche fand, oder Verstockung der Menschen gegen die Wahrheit, und immer war ein Eidol da. - War ihm etwas widerwärtig, stiess man gegen die allgemeine Meinung, so dachte er bald, das wird wieder ein Eidol sein, kümmerte sich nicht weiter.
Das ist ja recht schön! sagt Goethe, wenn er sonst nichts weiss.

Freitag, 7. September 2007

Donnerstag, 6. September 2007

Das alte „prematur in nonum annum“ wird von vielen missverstanden. Wenn der Dichter eigentlich fertig mit seiner Zeugung, so muss der Schriftsteller erst beginnen.

Mittwoch, 5. September 2007

Bestimmte Zahl der verschiedenen möglichen Liebesverwicklungen.

Dienstag, 4. September 2007

nun, nun
Der Gott Schiva in seiner Wut habe alles zu verbrennen und zu verheeren gedroht, da seien die Götter bei Brahma zu Rat gegangen und Wischnu hab sich in eine weibliche Scham verwandelt, welche überall herumgeschwebt; wie nun der Schiwa in seiner Wut und Grimm hin- und hergefahren im Universo, sei er immer in eine Fotze geraten und so gebändigt worden.
Er sagte mir ... wir sässen im Fegfeuer und dächten nicht, dass uns nur eine papierne Wand vom Himmel trenne. Hätten wir nur den Mut, diese durchzuschlagen, so wäre uns geholfen.
Goethe verglich an diesem Abend seine Beschäftigung mit Mineralogie und den daran geknüpften Wissenschaften mit dem Ballast in einem Luftballon. Er sagte: „Wenn man diesen zur Erde haltenden Ballast herauswirft, so gerät man in Gefahr, zu hoch in Lüften zu schweben, und muss am Ende gar, wenn man wieder herab will, ein Loch in den Ballon schneiden. Darum treibe ich solche ernste wissenschaftliche Dinge neben der Poesie.

Freitag, 31. August 2007

Sein Merkwürdigstes sind die grossen schwarzen Augen, aus denen gleich die gewaltige Fähigkeit entgegenleuchtet, ohne Anstrengung zu durchschauen, was ein Sterblicher durchschauen vermag.
Ceci me rappelle un mot du grand poète Goethe: il m’a dit plusieurs fois qu’en faisant ses ouvrages, il n’avait jamais pensé à son livre, mais que le seul but qui lui paraissait digne de tous ses efforts était le perfectionnement de son intelligence.
Il est dévoré d’ennui.

Donnerstag, 30. August 2007

Goethes Vorliebe für das Römische ausgesprochen; er habe gewiss schon einmal unter Hadrian gelebt. Alles Römische ziehe ihn unwillkürlich an. Dieser grosse Verstand, diese Ordnung in allen Dingen sage ihm zu, das griechische Wesen nicht so.
Er wolle es seinem Sohn zum Aufbewahren geben, dem gebe er alle seine Gedichte, die er verwerfe; er habe eine Menge, besonders persönliche und zeitliche; nicht leicht eine Begebenheit, worüber er sich nicht in einem Gedicht ausgesprochen. So habe er seinen Ärger, Kummer und Verdruss über die Angelegenheit des Tages, Politik usw. gewöhnlich in einem Gedicht ausgelassen, es sei eine Art Bedürfnis und Herzenserleichterung, Sedes poeticae. Er schaffe sich so die Dinge vom Halse, wenn er sie in Gedichte bringe. Sonst habe er dergleichen immer verbrannt; aber sein Sohn verehre alles von ihm mit Pietät, da lasse er ihm den Spass.
Konfession, dass ihm die Gedichte auf einmal und ganz in den Sinn kämen, wenn sie recht wären; dann müsse er sie aber gleich aufschreiben, sonst finde er sie nie wieder; darum hüte er sich, auf den Spaziergängen etwas auszudenken. Es sei ein Unglück, wenn er es nicht ganz im Gedächtnis behalte; sobald er sich besinnen müsse, würde es nicht wieder gut. - Auch ändere er selten etwas. Ebenso sei es ein Unglück, wenn er Gedichte träume, das sei meist ein verlorenes. Ein italienischer Poet (Petrarca) habe sich aus diesem Grund ein ledernes Wams machen lassen, worauf er im Bett habe schreiben können.

Mittwoch, 29. August 2007

Dienstag, 28. August 2007

Als wir im Dunkel gegen 10 Uhr nach Hause kamen, klagte Goethe seinen Jammer über dies Pestalozzische Wesen.
.... Und nun gar der Dünkel, den dieses verfluchte Erziehungswesen errege, da soll ich nur einmal die Dreistigkeit der kleinen Buben hier in der Schule sehen, die vor keinem Fremden erschrecken, sondern ihn in Schrecken setzen! Da falle aller Respekt, alles, was die Menschen untereinander zu Menschen macht, weg.
Was wäre denn aus mir geworden, sagte er, wenn ich nicht immer genötigt gewesen wäre, Respekt vor andern zu haben.Und diese Menschen mit ihrer Verrücktheit und Wut, alles auf das einzelne Individuum zu reduzieren, und lauter Götter der Selbständigkeit zu sein, diese wollen ein Volk bilden und den wilden Scharen widerstehen, wenn diese einmal sich der elementarischen Handhaben des Verstandes bemächtigt haben, welches nun gerade durch Pestalozzi unendlich erleichtert ist. - Wo sind da religiöse, wo moralische und philosophische Maximen, die allein schützen könnten!
Da möchte man des Teufels werden; es ist aber gut, ich lasse sie machen, es geht zu Grunde, und das ist recht.
Der Dichter ist der einzige wahre Mensch, und der beste Philosoph ist nur eine Karikatur gegen ihn.
„Unparteiisch!“ rief Karl mit Heftigkeit aus; „wenn ich doch dies Wort nicht wieder sollte aussprechen hören! Wie kann man diese Menschen so geradezu verdammen? Freilich haben sie nicht ihre Jugend und ihr Leben zugebracht, in der hergebrachten Form sich und anderen begünstigten Menschen zu nützen. Freilich haben sie nicht die wenigen wohnbaren Zimmer des alten Gebäudes besessen und sich darinne gepflegt; vielmehr haben sie die Unbequemlichkeit der alten Teile eures Staatspalastes mehr empfunden, weil sie selbst ihre Tage kümmerlich und gedrückt darin zubringen mussten: sie haben nicht, durch eine mechanisch erleichterte Geschäftstätigkeit bestochen, dasjenige für gut angesehen, was sie einmal zu tun gewohnt waren; freilich haben sie nur im stillen der Einseitigkeit, der Unordnung, der Lässigkeit, der Ungeschicklichkeit zusehen können, womit eure Staatsleute sich noch Ehrfurcht zu erwerben glauben; freilich haben sie nur heimlich wünschen können, dass Mühe und Genuss gleicher ausgeteilt sein möchten!“
Ganz anders als Schiller begründete Goethe seine künstlerischen Entscheidungen eigentlich nicht, sondern sprach vielmehr davon, „durch die sonderbarste Natur-Nothwendigkeit“ in seinem Verfahren gebunden zu sein.
Er macht seine Existenz wohlthätig kund, aber nur wie ein Gott, ohne sich selbst zu geben – dies scheint mir eine consequente und planmässige Handlungsart, die ganz auf den höchsten Genuss der Eigenliebe calculiert ist. Ein solches Wesen sollten die Menschen nicht um sich herum aufkommen lassen. Mir ist er dadurch verhasst, ob ich gleich seinen Geist von ganzem Herzen liebe und gross von ihm denke.
Es ist so viel gleichzeitig Tüchtiges und Treffliches auf der Welt; aber es berührt sich nicht.

Donnerstag, 16. August 2007

Dienstag, 14. August 2007

Alles, was wir treiben und tun, ist ein Abmüden; wohl dem, der nicht müde wird!

Samstag, 11. August 2007

Freitag, 10. August 2007

Die Sammlung von Caricaturen auf Napoleon zu sehen, lehnte er ab, »ich darf mir dergleichen, mir widrige Eindrücke, nicht erlauben, denn in meinem Alter stellt sich das Gemüth, wenn es angegriffen wird, nicht so schnell wieder her, wie bei Euch Jüngern. Ich muß daher mich nur mit ruhigen, gründlichen Eindrücken umgeben.«
Die Gelegenheiten sind die wahren Musen, sie rütteln uns auf aus Träumereien und man muß es ihnen durchaus danken. Knebel hatte leider keine Collectionen über Lucrez, keine Acten, darum werde es ihm schwer, jetzt productiv und positiv zu sein. Da habe ich ganz anders gesammelt, Stöße von Excerpten und Notizen über jeden Lieblingsgegenstand.
»Eine schöne, muntere Polin,« setzte er hinzu, »zog mich damals gewaltig an, so daß meine Freunde, und darunter auch Kircheisen, um meiner froh zu werden, sich genöthigt sahen, sie auch in ihre Kreise zu ziehen. Bei ihrer Ankunft mit mehreren Landsmänninen blieb sie von der Menge ganz unbemerkt, fast wie ein Aschenbrödel; ich entdeckte sie und ihren vorzüglichen Werth gar bald, und suchte sie wie eine Kastanie aus der Asche hervor. Wir wurden uns lieber und lieber; es war ein allerliebster sarmatischer Hanswurst, voll Verstand, Laune, Frohsinn. Als aber eine gewisse polnische Fürstin anlangte, sagte sie mir plötzlich: Nun muß ich mich der Verhältnisse wegen ganz zu dieser halten, und wir werden uns wohl nicht mehr allein sehen und sprechen dürfen. Das soll ganz von Ihnen abhängen, erwiederte ich. Darauf ist sie mir denn auch in der That nur noch in größern Cirkeln und zwar gegen ihre bisherige Art, immer höchst prächtig geschmückt, sichtbar worden, und wir haben nie mehr Worte gewechselt.«
Bei den Bibliotheken hier und in Jena muß ihm jeder Angestellte ein sauber geschriebenes Tagebuch halten, worin Witterung, Besuche, Eingänge und Vorgänge aller Art, sowie das jeden Tag Gearbeitete aufgezeichnet werden müssen. »So« – sprach er – »wird den Leuten erst lieb, was sie treiben, wenn sie es stets mit einer gewissen Wichtigkeit anzusehen gewohnt werden, stets in gespannter Aufmerksamkeit auch auf das Kleinste bleiben.«
Als wir auf einige in Untersuchung begriffene Beamte von ganz untergeordneter Bedeutung zu reden kamen, äußerte Goethe: »Überall überspannte Ansprüche auf Lebensgenuß, überall die dunkle Meinung, es sei alles zu wagen, es werde alles durchgehen.«
Die Unterhaltung drehte sich zunächst um Riemer's Dienstverhältniß neben Vulpius, des ersteren Zulage und Competenzen. Ein Bibliothekar, der keine Geheimnisse, kein verschlossenes Zimmer habe, sei kein rechter. Riemer sei nicht ganz geeignet zum currenten Bibliotheksdienst; man könne Vulpius nicht verargen, wenn er sich nicht ins Handwerk greifen lasse. Er habe aber leider kein Maß und keine Gränze in seinem Thun und Wollen; er sei ein Faß, dem die Reifen fehlen.
Abends nach acht Uhr zu ihm gegangen und bis nach zehn Uhr geblieben.

Sonntag, 5. August 2007

Freitag, 3. August 2007

Diplom des Ordens der verrückten Hofräte: „wegen Westöstlichkeit“
Er spricht mit sehr vieler Liebe von seiner Frau, und fühlt sich sehr glücklich in ihrem Besitz, denn er sagte zu der Mutter, er wäre gewiss mit niemandem so glücklich gewesen, wie mit ihr. Das ist mir unbegreiflich, denn sie ist ein ungebildetes Weib, auch in ihrer Art, sich zu benehmen, nichts weniger wie artig oder angenehm, sondern wie eine lustige Magd ....
Goethe suchte alles, was in Leben und Dichtung ihm entgegentrat, möglichst unter dem ästhetischen Gesichtspunkt zu fassen. „Wenn etwas auch nicht schön ist“, pflegte er zu sagen, „so müssen wir doch so viel Phantasie haben, um es schön zu finden.“
Ich habe gesagt, es ist nicht, es kann nicht sein, es soll nicht sein, und nun muss ich sagen: es ist.

Freitag, 27. Juli 2007

Der Irrtum verhält sich gegen das Wahre wie der Schlaf gegen das Wachen. Ich habe gemerkt, dass man aus dem Irren sich wie erquickt wieder zu dem Wahren hinwende.
Unter allen Völkerschaften haben die Griechen den Traum des Lebens am schönsten geträumt.
Ich verlange nicht, dass Sie jemals billig gegen mich sein sollen, versetzte jener; aber so viel muss ich Ihnen sagen: wir andern, die wir von der Gesellschaft abhängen, müssen uns nach ihr bilden und richten, ja wir dürfen eher etwas tun, das ihr zuwider ist, als was ihr lästig wäre, und lästiger ist ihr in der Welt nichts, als wenn man sie zum Nachdenken und zu Betrachtungen auffordert. Alles was dahin zielt muss man ja vermeiden und allenfalls das im stillen für sich vollbringen, was bei jeder öffentlichen Versammlung versagt ist.

Mittwoch, 25. Juli 2007

Dienstag, 24. Juli 2007

Wie in Rom außer den Römern noch ein Volk von Statuen war, so ist außer dieser realen Welt noch eine Welt des Wahns, viel mächtiger beinahe, in der die meisten leben.
Jedem der mächtig und gross ist erscheint nichts lächerlicher als ein Kleiner und Schwacher, der in der Dunkelheit des Wahns, in der Unkenntnis seiner selbst, seiner Kräfte und seines Verhältnisses, sich jenem gleichzustellen dünkt.

Montag, 23. Juli 2007

Es ist nichts schrecklicher als eine tätige Unwissenheit.
„Man war im Grunde nie mit mir zufrieden und wollte mich immer anders, als es Gott gefallen hatte, mich zu machen. Auch war man selten mit dem zufrieden, was ich hervorbrachte. Wenn ich mich Jahr und Tag mit ganzer Seele abgemüht hatte, der Welt mit einem neuen Werke etwas zuliebe zu tun, so verlangte sie, daß ich mich noch obendrein bei ihr bedanken sollte, daß sie es nur erträglich fand. Lobte man mich, so sollte ich das nicht in freudigem Selbstgefühl als einen schuldigen Tribut hinnehmen, sondern man erwartete von mir irgendeine ablehnende bescheidene Phrase, worin ich demütig den völligen Unwert meiner Person und meines Werkes an den Tag lege. Das aber widerstrebte meiner Natur, und ich hätte müssen ein elender Lump sein, wenn ich so hätte heucheln und lügen wollen. Da ich nun aber stark genug war, mich in ganzer Wahrheit so zu zeigen, wie ich fühlte, so galt ich für stolz und gelte noch so bis auf den heutigen Tag.“
„Ich habe mich übrigens sehr mäßig gehalten,“ fügte er hinzu; – „wenn ich alles hätte aussprechen wollen, was mich wurmte und mir zu schaffen machte, so hätten die wenigen Seiten wohl zu einem ganzen Bande anwachsen können.“
Hernach sprachen wir über den Divan, besonders über das Buch des Unmuts, worin manches ausgeschüttet, was er gegen seine Feinde auf dem Herzen hatte.

Dienstag, 10. Juli 2007

Wer zum Bewusstsein seiner Fehler gelangt, wird meistens darein verliebt und möchte sie um Himmels willen nicht ablegen. Ich mag meine Schnöckerei um die Weiber, die mir gefallen, nicht ablegen, ob ich gleich weiss, dass sie zu nichts führen kann und mir sonst schädlich ist.
Zerstreute Gedanken über das griechische Drama.Es ist ein enger Kreis von wenigen Figuren, die gleichsam wie Charaktermasken auftreten und wie ein Uhrwerk die Geschichte abspielen.
Eigentlich ist das, was nicht gefällt, das Rechte.
Aber wenn man die Unredlichkeit der Deutschen in ihrer ganzen Grösse kennen lernen will, muss man sich mit der deutschen Literatur bekannt manchen.
Gersdorff meinte, Goethe habe den Napoleon nie hochgeachtet und geliebt, er betrachte ihn aber als eine merkwürdige Naturerscheinung, und sage, das könne man ihm doch nicht verargen, dass er diejenigen hasse, die ihn in dieser Betrachtung hindern wollten.

Sonntag, 8. Juli 2007

Samstag, 7. Juli 2007

Ich glaube sogar eine Art von Scheu gegen poetische Produktionen, oder wenigstens insofern sie poetisch sind, bemerkt zu haben, die mir aus eben diesen Ursachen ganz natürlich vorkommt. Die Poesie verlangt, ja sie gebietet Sammlung, sie isoliert den Menschen wider seinen Willen ...
Es käme jetzt nur auf einen ruhigen Monat an, so sollte das Werk zu männiglicher Verwunderung und Entsetzen, wie eine grosse Schwammfamilie, aus der Erde wachsen.
Ich erlaube Ihnen mich, wie einen andern Theaterbösewicht zu hassen, nur bitte ich mich klar zu deuten und nicht zu glauben, dass ich mich im fünften Ackte bekehren werde.
Leider muss man nur meistenteils verstummen, um nicht, wie Kassandra, für wahnsinnig gehalten zu werden, wenn man das weissagt, was schon vor der Tür ist.
„ ... dass man den Leuten, im ganzen genommen, durch die Poesie nicht wohl, hingegen recht übel machen kann, und mir deucht, wo das eine nicht zu erreichen ist, da muss man das andere einschlagen. Man muss sie inkommodieren, ihnen die Behaglichkeit verderben, sie in Unruhe und Erstaunen setzen. Eins von beiden, entweder als ein Genius oder als ein Gespenst muss die Poesie ihnen gegenüberstehen.“

Mittwoch, 4. Juli 2007

Als er darauf ein herrliches Blatt von Israel von Mecheln (1504), den Tanz der Herodias vorstellend, uns zeigte, setzte er hinzu: »Der Mensch mache sich nur irgend eine würdige Gewohnheit zu eigen, an der er sich die Lust in heitern Tagen erhöhen und in trüben Tagen aufrichten kann. Er gewöhne sich z.B. täglich in der Bibel oder im Homer zu lesen, oder Medaillen oder schöne Bilder zu schauen, oder gute Musik zu hören. Aber es muß etwas Treffliches, Würdiges sein, woran er sich so gewöhnt, damit ihm stets und in jeder Lage der Respect dafür bleibe.«
Im Fortlauf des Gesprächs erzählte er von einer seltsamen Unterredung mit Lord Bristol, der ihm den durch seinen Werther angerichteten Schaden vorwarf. »Wie viel tausend Schlachtopfer fallen nicht dem englischen Handelssystem zu Gefallen,« entgegnete ich noch derber; »warum soll ich nicht auch einmal das Recht haben, meinem System einige Opfer zu weihen?«
»Euch darf ich's wohl gestehen,« sagte er, – »seit ich über den Ponte molle heimwärts fuhr, habe ich keinen rein glücklichen Tag mehr gehabt.« Und dabei waltete tiefe Rührung über seinen Zügen! »Ich lebte,« fuhr er fort, »zehn Monate lang zu Rom ein zweites akademisches Freiheitsleben; die vornehmere Gesellschaft ganz vermeidend, weil ich diese ja zu Hause schon habe.«
Gewöhnen Sie sich, über jede Erscheinung eine Betrachtung oder mehrere zu machen, und wo ihnen solche nicht im Augenblick kommen wollen, da schreiben Sie wenigstens in Ihr Tagebuch: Hier sind Betrachtungen anzustellen.

Montag, 2. Juli 2007

Montag, 25. Juni 2007

Freitag, 22. Juni 2007

Zeit der Zerstreuung und des Verlustes
Denn mit aller ihrer unendlichkeit ist es eine sehr eingeschrenckte, an ihrem platz und einnahme hängende raçe. .... Wenn immer und an jedem Orte dieser Art Menschen der Daume vorsichtig, aber anhaltend, wäre aufs Auge gehalten worden, so stünden die Sachen jetzt ganz anderst.
Wir werden unsere ganze Universität ruinieren um der geschmacklosen thorheit einer ephemeren Geistes krankheit zu schonen. Menschen die nicht wissen was sie der allgemeinen schicklichkeit zu liebe, verschweigen oder wenigstens nicht öffentlich sagen sollen, sind höchst unbrauchbar und schädlich.
Der Herzog hatte sich schon lange gefragt, warum die gelehrten Herren nicht mit einer brauchbaren Form der Wettervorhersage aufwarten konnten.
Wir wollen ja an einander fest halten, denn wir fänden es doch nicht besser ... Das Gute in der Welt ist viel schmäler gesät als man denckt, was man hat muss man halten.

Sonntag, 17. Juni 2007

Samstag, 16. Juni 2007

Zwar ist, ich gestehe es, ein solcher Entschluss sehr illiberal und nur Verzweiflung kann einen dazu bringen; es ist aber doch immer besser ein für allemal zu entsagen, als immer einmal über den andern Tag rasend zu werden.
In der Lage, in der ich mich befinde, habe ich mir zugeschworen, an nichts mehr Theil zu nehmen, als an dem, was ich so in meiner Gewalt habe, wie ein Gedicht, wo man weiß, daß man zuletzt nur sich zu tadeln oder zu loben hat; an einem Werke, an dem man, wenn der Plan einmal gut ist, nicht das Schicksal des Penelopeischen Schleiers erlebt. Leider lösen in allen übrigen Dingen einem die Menschen gewöhnlich wieder auf, was man mit großer Sorgfalt gewoben hat, und das Leben gleicht jener beschwerlichen Art zu wallfahrten, wo man drei Schritte vor, und zwei zurück thun muß.
Es ist lustig zu sehen, was diese Menschenart eigentlich geärgert hat, was sie glauben, dass einen ärgert, wie schal, leer und gemein sie eine fremde Existenz ansehen, wie sie ihre Pfeile gegen das Außenwerk richten, wie wenig sie nur ahnen, in welcher unzugänglichen Burg der Mensch wohnt, dem es nur irgend Ernst um sich und um die Sachen ist.
Wer gerne leben mag und ein entschiedenes Streben in sich fühlt, einen freien Blick über die Welt hat, dem muß vor einem kleinen Dienst wie vor dem Grabe schaudern. Solche enge Verhältnisse können nur durch die höchste Konsequenz, wodurch sie die Gestalt einer großen Haushaltung annehmen, interessant werden.
Nur ein Augenblick war’s, in dem ich lebte, der wieget
Alle Tage, die sonst kalt mir verschwindenden, auf.
Auf den letzten Seiten von Wilhelm Meisters Lehrjahre drängen die Ereignisse einem Augenblick des vollkommenen Glücks entgegen, der wie in einem langsamer werdenden Traum immer schwieriger zu erlangen ist, bis der Roman unmittelbar vor diesem Augenblick, aber ohne ihn erreicht zu haben, zum Stillstand kommt.
„Vergebens klagen wir Menschen uns selbst, vergebens das Schicksal an! Wir sind elend und zum Elend bestimmt, und ist es nicht völlig einerlei, ob eigene Schuld, höherer Einfluss oder Zufall, Tugend oder Laster, Weisheit oder Wahnsinn uns ins Verderben stürzen?“
Der Referent fand ihn einmal umgeben von einer Folge anderer Naturgegenstände, die er geordnet hatte, um der letzverstorbenen Frau Grossherzogin, deren Besuch er erwartete, den leisern, verborgneren Übergang der Natur von dem Einen zu dem Andern, und besonders auch anschaulich zu machen, wie die alma mater in dem Einen nicht nur andeute, was erst das Zweite empfangen solle, sondern zuweilen es dort gewissermassen , halb und halb, schon vorausnehme. Über letzteres, wo er glaubte, es nachweisen zu können, verbreitete er sich mit besonderm Vergnügen und mit mancher höchst unerwarteten, bald heitern und leichtern, bald sanftfeierlichen und weit hinaus deutenden Wendung. So begann er in letzter Weise einmal, indem er eben zwei solche Gegenstände in den Händen hielt: Was meinen Sie: könnte nicht St.Paulus, diese tiefe Seele, dergleichen im Sinne gehabt haben, wo er des „ängstlichen Harrens der Kreatur“ gedenkt, und wie sie „sich sehnet immerdar?“

Freitag, 15. Juni 2007

Sein Ton mit Frauen, die nicht streng auf sich halten, ist nicht fein, und an zarter Grazie fehlt’s ihm überhaupt.
Mit Rührung erinnere ich mich, wie uns Goethe, in tiefer Herzensbewegung, unter hervorquellenden Thränen, den Gesang, der das Gespräch Hermanns mit der Mutter am Birnbäume enthält, gleich nach der Entstehung vorlas. „So schmilzt man bei seinen eigenen Kohlen," sagte er, indem er sich die Augen trocknete.
Mittags bey Göthe
Morgens bey Göthe
Einen Abend demonstrirte der Freund in heftigster Weise seine Ansichten über Verschiedenes dem stillhorchenden Goethe vor, und als er keine Gegenrede erhielt und betroffen darüber vor Goethe stehen blieb, erwiederte dieser ganz behaglich: »Ach, sag doch noch mehr so was Dummes!«
ja, ja, schön

Donnerstag, 14. Juni 2007

Was würde aus einem Autor werden, wenn er nicht an die einzelnen, hier und da zerstreuten, Menschen von Sinn glaubte.

Sonntag, 10. Juni 2007

Dienstag, 5. Juni 2007

Sie wollen in dieser wunderlichen und furchtbaren Zeit ein Journal herausgeben, ein politisches Journal; Sie gedenken, dasselbe gegen Napoleon zu richten und gegen die Franzosen. Aber, glauben Sie mir: Sie mögen sich stellen, wie Sie wollen, so werden Sie auf dieser Bahn bald ermüden; Sie werden bald daran erinnert werden, daß die Windrose viele Strahlen hat. Alsdann werden Sie an die Throne stoßen und wenn auch nicht denen, welche auf denselben sitzen, doch denen mißfallen, welche dieselben umgeben. Sie werden alles gegen sich haben, was groß und vornehm in der Welt ist; denn Sie werden die Hütten vertreten gegen die Paläste und die Sache der Schwachen führen gegen die Hand der Starken. Zugleich werden Sie von Gleichen Widerspruch erfahren theils über Grundsätze, theils über Thatsachen. Sie werden sich vertheidigen und, wie ich hoffen will, glücklich, und dadurch werden Sie neue Feindschaft wider sich erwecken. Mit Einem Worte: Sie werden in mannigfaltige Händel verwickelt werden. Mit den Gleichen dürften Sie vielleicht fertig werden; wen Sie nicht überwinden, den können Sie ignoriren, und manchem geschieht mit Verachtung zu viele Ehre. Aber anders ist es mit den Mächtigen und Großen: mit denselben ist nicht gut Kirschen zu essen; Sie wissen aus welchen Gründen: den Waffen derselben hat man nichts einzusetzen.
Goethe sass ganz ruhig. Endlich erhob er mit einem Lächeln die rechte Hand. Ich schwieg. Sogleich fing Goethe mit einer ungemein sanften Stimme, die zuweilen etwas bewegt zu werden schien, zu reden an, und sprach ohne Unterbrechung ziemlich lange. Von dem, was er sagte, vermag ich indes nur einzelnes mitzuteilen, kann aber nicht unbemerkt lassen, dass ich mehr als einmal auf das tiefste ergriffen wurde, zum Teil allerdings durch seine Worte, weit mehr noch durch seine Weise, durch den Ton seiner Stimme, den Ausdruck seines Gesichtes, die Bewegung seiner Hände.
Um 6 Uhr ging ich zu Goethe. Ich fand ihn allein, wunderbar aufgeregt, glühend, ganz wie im Kügelschen Bilde. Ich war zwei Stunden bei ihm, und ich habe ihn zum ersten Male nicht ganz verstanden. Mit dem engsten konfidentiellen Zutrauen teilte er mir grosse Plane mit und forderte mich zur Mitwirkung auf. Ich glaubte, es sei die Zeit nach Tische, aber es gab kein Tröpfchen, und dennoch wurde er immer lebendiger. Ich war zu müde, um mich in dieselbe Stimmung zu versetzen; so habe ich mich endlich ordentlich losgerissen. Ich fürchtete mich beinahe vor ihm; er erschien mir, wie ich mir als Kind die goldenen Drachen der chinesischen Kaiser dachte, die nur die Majestät tragen können. Ich sah ihn nie so furchtbar heftig, gewaltig, grollend; sein Auge glühte, oft mangelten die Worte, und dann schwoll sein Gesicht und die Augen glühten, und die ganze Gestikulation musste dann das fehlende Wort ersetzen. Ich habe seine Worte und Plane, aber ihn selbst nicht verstanden. Ich muss morgen nach dem Theater wieder zu ihm, um ihn zu ergründen. Er sprach über sein Leben, seine Taten, seinen Wert, mit einer Offenheit und Bestimmtheit, die ich nicht begriff. Ob ihn der grosse Plan, den ich Ihnen nur mündlich sagen kann, so ergriff?
Die Verheerungen der Kosaken, die wirklich arg sind, nehmen ihm alle Freude an dem Spaß. Er meint, das Heilmittel sei übler als die Krankheit, man werde der Knechtschaft loswerden, aber zum Untergehn. Ich habe mich wenig darauf eingelassen, diese Dinge zu bestreiten, es kam mir mehr darauf an, es zu kennen und aus ihm zu hören. Übrigens sieht er's sehr locker und lose an. Die Weltgeschichte, meint er, habe auch diesen Spaß haben müssen.
Seine Stube kommt ihm vor wie Diogenes’ Fass.

Donnerstag, 31. Mai 2007

Mit Goethe allein. Erst über die Weiber, dass sie keinen Geist haben. Ins Gartenhaus, Zinnformation.
Goethe ist ... sehr verdriesslich in Teplitz. Ich kann mir seinen Zustand denken. Er hat eigentlich kein Gleichgewicht in sich, er ist schwach in der Wirklichkeit, und dann gilt das Idealische nur im Moment der Begeisterung und durchdringt nicht jeden Moment des blossen einfachen Lebens.
Ich finde überhaupt, dass gewisse Eigenschaften bei allen Dichtern, sie mögen noch so verschieden sein, wiederkehren. Dahin gehört auch eine Uebermacht der innern Tätigkeit oder innern Erscheinungen, die den gewöhnlichen Fluss der Rede unterbrechen, und Hand, Blick, Wort und Mienen plötzlich in eine ungemessene Bewegung setzen. Goethe, der durch Ruhe und Haltung in seinem ganzen Betragen sich vor den übrigen auszeichnet, kann doch solcher Anfechtungen, wo der Geist gewaltsam hervordringt, sich nicht erwehren, und ist in solchen Augenblicken den andern Dichtern vollkommen gleich.

Mittwoch, 30. Mai 2007

Diese verdammten Romäntler käuen das Christentum, wie die Wilden jene Wurzel, um uns einen verfluchten Trank daraus zu bereiten.Diese modern-romantische Poesie kommt mir vor wie eine Manipulation, wie ein Magnetisieren, das auf uns herumfingert und jeden in den Somnambulismus versetzt, wo er dann weissagt.
Ich lerne immer und immer mehr ihren Wert, ihre Notwendigkeit einsehen.
Sei still! - s’ist gut! - Lass mir dies Fieber, diese Röteln der Zeit ruhen; ich werde sie auch noch überleben.

Dienstag, 29. Mai 2007

Montag, 28. Mai 2007

Das Christentum setzt jeden in den Naturzustand (der ursprünglichen Gleichheit) zurück, ohne ihm die Moyens dazu zu geben. Daher ist jeder gefährdet, der eigentlich der Mächtigere ist: denn er darf seine Macht nicht gebrauchen. Daher befinden sich alle Lumpe so vortrefflich dabei: denn man kann ihnen nichts anhaben.
Damit ist aber keineswegs gesagt, daß durch diese Beschränkung unserer Naturbetrachtungen auch dem Glauben Schranken ge setzt wären. Im Gegentheil kann, bei der Unmittelbarkeit göttlicher Gefühle in uns, der Fall gar leicht eintreten, daß das Wissen als Stückwerk besonders auf einem Planeten erscheinen muß, der, aus seinem ganzen Zusammenhange mit der Sonne herausgerissen, alle und jede Betrachtung unvollkommen läßt, die eben darum erst durch den Glauben ihre vollständige Ergänzung erhält.
Es gehört eine Constellation dazu, die nicht alle Tage zu haben ist, daß das Wasser weicht und daß die Erde trocken wird. So gut wie es Menschenplaneten giebt, kann es auch Fischplaneten und Vogelplaneten geben. Ich habe in einer unserer früheren Unterhaltungen den Menschen das erste Gespräch genannt, das die Natur mit Gott hält. Ich zweifle gar nicht, daß dies Gespräch auf andern Planeten viel höher, tiefer und verständiger gehalten werden kann.
Ich bin gewiß, wie Sie mich hier sehen, schon tausendmal dagewesen und hoffe wohl noch tausendmal wiederzukommen.

Mittwoch, 16. Mai 2007

Die Verhältnisse mit Frauen allein können doch das Leben nicht ausfüllen und führen zu gar vielen Verwicklungen, Qualen und Leiden, die uns aufreiben, oder zur vollkommenen Leere.
Es ist Goethen sehr schade, so ungeheuer allein zu sein, denn so viel Menschen er auch vorübergehend sieht, ist er mit keinem vertraut und hat mir versichert, dass, wenn er Meyer und mich ausnähme, im ganzen weiten Deutschland niemand sei, mit dem er eigentlich frei reden möge und könne. Er versauert wohl vielleicht nicht so, aber er verknöchert und verhärtet wirklich und wird auch entsetzlich intolerant und im Gespräch manieriert. Er hatte, wie du weisst, immer gewisse Lieblingsausdrücke, die halbsagend waren und ihm eigentlich als Aushilfe galten, wenn er zu träge war, seine Ideen recht bestimmt auszudrücken. Aber noch nie habe ich den Gebrauch davon so häufig als diesmal bemerkt. Er begleitet sie auch jetzt mehr mit Mienen und muss einem, der nicht daran gewöhnt ist, sehr wunderbar vorkommen. ... Das ist eins der schrecklichsten Dinge in der Ehe, dass Mann und Frau sich durch Gewohnheit und die Befriedigung kleiner physischer Bedürfnisse so herabstimmen, dass sie das Mittelmässige und sogar das Gemeine gut und selbst unentbehrlich finden.
Etwas Trauriges ist seine Art, sich nach und nach einzuspinnen. Er will nicht nach Wien, nicht einmal nach Prag, und von Italien hat er auf ewig Abschied genommen. Also Weimar und Jena und Karlsbad! Immer und alljährlich! Wenn der Mensch am Ende so werden muss, wenn es unabänderlich ist, dass die regesten Säfte endlich so stocken, so muss man sich wenigstens da einspinnen, wo man sicher ist, dass jede Art der Grösse im gleichen Kreise mit uns ruht ...

Freitag, 11. Mai 2007

Donnerstag, 10. Mai 2007

Es tut not, in dieser kalten Zeit einem so verständigen Freund sein Herz zu eröffnen.
... denn die Seelen kennen eine Sprache, die nie verstummt, wenn sie einst rein klang.
... Wie interessant war der Meister ehemals, wie weich, wie hat er geliebt, und wie konnte sich das alles ändern! Es ist mir ein Rätsel, diese Natur; wie hat die arme Charlotte leiden müssen! ...
Ich hatte gestern mit Goethe eine artige Unterredung, worin er mir sagte, dass er sich nie in seinem Leben eines zufälligen Glückes habe rühmen können, und dass er solches auch im Spiel erfahren, wo ihn das Glück durchaus fliehe.
Es ist schlimm für seine Freunde, dass er alle Liebe für einen Irrtum des Herzens hält. Wir wollen nicht so denken!
Kurios, kurios.
Ja das sind nun recht gute Spässe, aber sie gehen mich nichts mehr an.

Dienstag, 24. April 2007

Samstag, 21. April 2007

Bei Louise von Göchhausen

Eines Morgens, an welchem sich zufälligerweise ausser mir nur noch einige Freundinnen bei der Göchhausen zum Dejeuner eingefunden hatten, stellte sich auch Goethe ein und äußerte seine Zufriedenheit darüber, daß er heute Hahn im Korbe sei. Hierauf erklärte er, dies käme ihm recht gelegen, weil er schon längst den Wunsch gehegt, ein vernünftiges Wort mit uns im Vertrauen zu sprechen, – und doch brachte er nur die extravagantesten Dinge vor, die uns desto mehr überraschten, als die meisten von uns ihn noch nie in einer solchen Stimmung gesehen und wir uns nunmehr erklären konnten, wie anziehend und liebenswürdig er in früherer Zeit gewesen sein müsse, bevor er die ihm jetzt eigene pedantische Steifheit angenommen hatte. In seiner lebhaften Unterhaltung kam er – wie man im gemeinen Leben sagt – vom Hundertsten ins Tausendste und endlich auch auf das, was er das Elend der jetzigen gesellschaftlichen Zustände nannte. Mit den grellsten Farben schilderte er die Geistesleerheit und Gemüthslosigkeit, die sich gegenwärtig überall, besonders aber im geselligen Verkehr bemerklich mache, und hob dagegen das ehemalige gesellige Leben in kräftigen Zügen hervor. Während er hierüber wie der Professor auf dem Katheder docirte, erhitzte er sich mehr und mehr, bis er endlich seinen ganzen Zorn über den Teufel der Hoffart ergoß, der die Genügsamkeit und den Frohsinn aus der Welt verbannt, dagegen aber die unerträglichste Langeweile eingeschmuggelt habe. Man müsse, meinte er, mit vereinten Kräften gegen diesen bösen Dämon zu Felde ziehen, sonst würde derselbe noch weit mehr Unheil stiften, und gleich auf der Stelle wolle er uns den Vorschlag machen: wir sollten zur Erheiterung des nah bevorstehenden traurigen Winters einen Verein bilden, wie es deren in der guten alten Zeit so viele gegeben habe. Wenn nur ein paar gescheidte Leute den Anfang machten, dann würden die übrigen schon nachfolgen; – und sich plötzlich zu mir wendend, setzte er hinzu, indem er mir seine Hand reichte: die Wahrheit seiner Behauptung würde sich sogleich bestätigen, wenn ich ihn zum Partner annehmen und den andern mit gutem Beispiel vorangehen wollte. Obgleich mich dieser Antrag überraschte, so hielt ich denselben doch nur für das Aufblitzen einer schnell vorübergehenden Laune und würde es für die lächerlichste Prüderie gehalten haben, nicht in den Scherz einzugehen. Ich legte also unbedenklich meine Hand in die seinige und belachte den Eifer, womit er die andern anwesenden Damen aufforderte: jede von ihnen möge gleichfalls einen poursuivant d'amour erwählen: denn unser Verein müsse nach der wohlbekannten Minnesängersitte eine cour d'amour bilden und auch so genannt werden, indem der Name die poetische Tendenz desselben und die Zwangslosigkeit bezeichne, die unter den Mitgliedern herrschen solle. Ob übrigens Amor seine Rechte bei den letzteren geltend machen könne und dürfe, möge der Macht des kleinen schelmischen Gottes überlassen bleiben.

Goethes Aufforderung hätte eigentlich unsre Wirthin wegen ihres Alters und ihrer Mißgestalt beleidigen können, wäre die sogenannte »gute Dame« nicht schon längst an unzarte Behandlung gewöhnt gewesen. Daher kam es denn im gegenwärtigen Falle, daß sie sogleich in seinen Vorschlag einging und mit der ihr eigenen komischen Manier erklärte: sie sei bereit dem Aufruf Folge zu leisten, da sie mit Gewißheit darauf rechnen könne, einen treuen Seladon zu finden; die anderen schönen Damen möchten nur ihr Heil versuchen, ob ihnen ebenso dienstwillige Narren zu Gebote stehen würden, als ihr.

Goethe nahm diese humoristische Erklärung mit dem lebhaftesten Beifall auf und begab sich sogleich an den Schreibtisch unserer gefälligen Wirthin, wo er in der größten Geschwindigkeit die folgenden Statuten der cour d'amour improvisirte:

Erstlich sollte die zu errichtende Gesellschaft aus lauter wohlassortirten Paaren bestehen, die Versammlung derselben wöchentlich einmal, Abends nach dem Theater im Goethischen Hause stattfinden und dort ein Souper eingenommen werden, zu welchem die Damen das Essen, die Herren den Wein liefern würden.

Zweitens werde jedem Mitgliede die Erlaubniß ertheilt, einen Gast mitzubringen, jedoch nur unter der unerläßlichen Bedingung, daß dieser allen Theilen gleich angenehm und willkommen sei.

Drittens dürfe während des Beisammenseins kein Gegenstand zur Sprache kommen, der sich auf politische oder andere Streitfragen beziehen könnte, damit die Harmonie des Vereins keine Störung erleide.

Viertens und letztens sollten die gegenseitig erwählten Paare nur so lange zur Ausdauer in dem geschlossenen Bündniß verpflichtet sein, bis die Frühlingslüste den Eintritt der milderen Jahreszeit verkündigten, wo dann jedem Theile freistehen müsse, die bisher getragenen Rosenfesseln beizubehalten oder gegen neue zu vertauschen.
Jemand lieb ich, das ist nötig;
Niemand haß ich; soll ich hassen,
Auch dazu bin ich erbötig,
Hasse gleich in ganzen Massen.
Nur die Wissenschaft biete ihm Trost für das entgangene stolze Bewusstsein, einem grossen, starken, geachteten und gefürchteten Volk anzugehören.

Freitag, 20. April 2007

Die Frau macht ihm wohl manchen Kummer und entfremdet ihn von den Menschen.
Mich ergötzte ihr Schuhwerk, welches aus einem grünen und einem roten Stiefelchen bestand.
Es wird einem nichts erlaubt, man muss es nur sich selber erlauben; dann lassen sich’s die andern gefallen oder nicht.
Deine Gegenwart, liebes Kind, verjüngt mich um zwanzig Jahre.
Das Unzulängliche ist produktiv. Ich schrieb meine Iphigenia, aus einem Studium der griechischen Sachen, das aber unzulänglich war. Wenn es erschöpfend gewesen wäre, so wäre das Stück ungeschrieben geblieben.

Freitag, 13. April 2007

Beide Geschlechter besitzen eine Grausamkeit gegeneinander, die sich vielleicht in jedem Individuum zuzeiten regt, ohne gerade ausgelassen werden zu können: bei den Männern die Grausamkeit der Wollust, bei den Weibern die des Undanks, der Unempfindlichkeit, des Quälens und anderes mehr.
Zu der Zeit liebt sich’s am besten, wenn man noch denkt, dass man allein liebt und noch kein Mensch so geliebt hat und lieben werde.
Unser ganzes Kunststück besteht darin, dass wir unsere Existenz aufgeben, um zu existieren.
Als ich durchs Vorzimmer ging, sah ich ein kleines, dünnes, schwarz gekleidetes Herrchen in seidenen Strümpfen, mit ganz gebücktem Rücken zu ihm hinein wandeln, da wird er wohl seine Vornehmigkeit haben brauchen können!

Dienstag, 10. April 2007

Donnerstag, 5. April 2007

merkwürdig
recht schön

Dienstag, 3. April 2007

So die Welt um sich herum vermodern und in die Elemente zurückkehren sehen zu müssen, ohne Aussicht, wann daraus etwas entstehe, sei zum Tollwerden für die Alten.
Welcher Dämon hat ihm diese Hälfte angeschmiedet? Es gehört zu den Rätseln der Menschen-Bestimmung.
Es ist mit den vortrefflichen Naturen so wenig Auskommen wie mit den gemeinen. Diese sind borniert, und die andern ungleich. Das eine Mal lassen sie wie Gott alles gelten, wissen alles zu schätzen; das andere Mal ist nichts recht, soll nichts sein, als was sie leisten, verstehen oder zu verstehen glauben.

Montag, 2. April 2007

Freitag, 30. März 2007

Die Grossfürstin war bei ihr und Goethe, und er war unbeschreiblich liebenswürdig und geistreich.
Goethe sagte mir noch, er lebe wie die unsterblichen Götter, und habe weder Freude noch Leid.
Dann ging ich hinab und fand Goethe mit dem Kanzler auch noch am Tisch. Ich setzte mich zu ihnen und trank noch ein Glas Champagner aus Goethes Glase.
Der Aberglaube ist den Dichtern zuträglich, sagte Goethe. Ich bemerkte: Wie die wilde unbebaute Natur erst dem Landschafter die schicklichen Gegenstände für seine Kunst darbietet, nicht die bebauten Äcker, die ebenen Wiesen, die geraden Strassen, die regelmässigen Gebäude. Die pathologischen Zustände nutzt der Dichter. Der Irrtum ist mannigfaltig, ist farbig; die Wahrheit ist einfach und weiss.

Donnerstag, 29. März 2007

Mittwoch, 28. März 2007

Aber der alte Herr ist achtzig Jahre alt, und da ist es kein Wunder, dass er oft kaum begreift, wie andere sich unterstehen können, auch existieren zu wollen.
„ - Bin ich denn nicht mehr am Leben? Beschlossen hat man? Man hat demnach beschlossen, ohne mich auch nur zu fragen!“
„Ja, wenn Eckermann nicht zu bescheiden wäre, so könnte er wohl die Sache in die Hand nehmen.“
„Ach was“, polterte der alte Herr, „glaubt Sie, kleines Mädchen, dass ich zu jedem laufe, der wartet? Was würde dann aus dem da?“ und damit zeigte er auf die offenen Bogen: „Wenn ich tot bin, macht’s keiner. Sagen Sie das droben der Sippschaft. Guten Abend.“

Dienstag, 20. März 2007

Donnerstag, 15. März 2007

Die Maler sind die Götter der Erde, nichts ist der Dichter. Ein Buch muss er schreiben, um vor das Publikum treten zu können; auf einer Tafel, mit einem Blicke vermag der Künstler sich auszusprechen, die höchste und allgemeinste Wirkung zu erreichen.
Erst im reiferen Alter wurde es mir klar, weshalb er jeden so ruhig und widerspruchslos anhörte: es lag ihm vor allem daran, die Menschen, mit denen er, wenn auch nur vorübergehend, zu tun hatte, kennen zu lernen, und er wusste wohl, dass dies am besten dadurch erreicht wird, wenn man das Indivduum, anstatt es durch Widerspruch zu verwirren und zu reizen, frei seine Meinung aussprechen lässt.
Tiefste Verehrung in der Brust, ging ich weg. So kerngesundes Urteil, so gänzliche Unbefangenheit, Freiheit von aller Prätention, rein menschliche, ich möchte sagen bürgerliche Würdigung der Dinge, so viel Milde, Nachsicht und Schonung gegen menschliche Verirrungen und Schwachheiten, stets mit ihrer klarsten Erkenntnis gepaart, so viel innre Ruhe in Überblickung einer höchst bewegten Vergangenheit, so viel gutmütige Festhaltung des Einzelnen, frohsinnige Erinnerung, Natürlichkeit in Ausdruck und Empfindung - wird sich wohl nicht leicht wieder in einem Fürsten vereinigen. Es ist unmöglich, ihn nicht zu lieben, ihm über etwas zu grollen, wenn man ihn so gemütlich über sich und andere sprechen hört. Diese zwei Stunden waren köstlich.
Goethe habe stets zu viel in die Weiber gelegt, seine eigenen Ideen in ihnen geliebt, eigentlich grosse Leidenschaft nicht empfunden. Seine längste Liebschaft, die Frau von Stein, sei eine recht gute Frau gewesen, aber eben kein grosses Licht. Die Vulpius habe alles verdorben, ihn der Gesellschaft entfremdet; der Tod der Herzogin-Mutter habe auch vieles zerstört, da sei ein zwangloser Zentralpunkt gewesen, die Grossherzogin habe nach ihrer Eigentümlichkeit dies nicht fortsetzen können; mit Frau von Heygendorf sei Goethe bald, der Frau wegen, zerfallen.
Da muss einer schon sehr gebildet sein, wenn er Gott und den Teufel los sein will.

Samstag, 10. März 2007

Mittwoch, 7. März 2007

Hab mich lieb. Ist doch nichts anders auf der Welt.
Ich traf gegen 4 Uhr Hofrat Meyern bei Goethe an, letzterer war sehr munter, ja aufgeregt; wie ein Gewitter bei heitrem Himmel suchte er sich seiner Kraftfülle durch geistige Blitze und Donnerschläge zu entledigen.
Ich bin nicht so alt geworden, um mich um die Weltgeschichte zu kümmern, die das Absurdeste ist, was es gibt; ob dieser oder jener stirbt, dieses oder jenes Volk untergeht, ist mir einerlei, ich wäre ein Tor, mich darum zu kümmern.
Die Nachwelt soll wissen, dass doch wenigstens Ein gescheiter Mann in unserem Zeitalter gelebt hat, der jene Absurditäten durchschaute. Ich finde immer mehr, dass man es mit der Minorität, die stets die gescheitere ist, halten muss.
O danket Gott, dass ihr nichts davon wisst, ich kann es euch auch nicht sagen, man könnte schon wahnsinnig werden, es nur auseinanderzusetzen. Ohnehin bedeutet so ein Parteiname späterhin nichts mehr, löst sich in Rauch auf; die Leute wissen schon jetzt nicht mehr, was sie damit bezeichnen wollen. Ihr müsst verzeihen, wenn ich grob bin, ich schreibe eben in den Wanderjahren an der Rolle des Jarno, da spiele ich eine Weile auch im Leben den Grobian fort.

Montag, 5. März 2007

Dienstag, 27. Februar 2007

Der alte Meyer ist klug, sehr klug, aber er geht nur nicht heraus, widerspricht mir nicht, das ist fatal. Ich bin sicher, im Innern ist er noch zehnmal zum Schimpfen geneigter als ich und hält mich noch für ein schwaches Licht. Er sollte nur auch poltern und donnern.

Freitag, 16. Februar 2007

Mittwoch, 14. Februar 2007

Schon das öftere Mitziehen bei kirchlichen Prozessionen gebe den Kindern in katholischen Staaten eine gewisse Bildung und Sitte.

Moritz als Etymolog

Schon längst hat ein weiser Mann das wahre Wort ausgesprochen: Der Mensch, dessen Kräfte zu dem Notwendigen und Nützlichen nicht hinreichen, mag sich gern mit dem Unnötigen und Unnützen beschäftigen!
In dieser Lage wollte mir unsere ganze sizilianische Reise in keinem angenehmen Lichte erscheinen. Wir hatten doch eigentlich nichts gesehen, als durchaus eitle Bemühungen des Menschengeschlechts sich gegen die Gewaltsamkeit der Natur, gegen die hämische Tücke der Zeit und gegen den Groll ihrer eigenen feindseligen Spaltungen zu erhalten. Die Karthager, Griechen und Römer und so viele nachfolgende Völkerschaften haben gebaut und zerstört. Selinunt liegt methodisch umgeworfen, die Tempel von Girgenti niederzulegen waren zwei Jahrtausende nicht hinreichend, Catania und Messina zu verderben wenige Stunden, wo nicht gar Augenblicke. Diese wahrhaft seekranken Betrachtungen eines auf der Woge des Lebens hin und wider Geschaukelten liess ich nicht Herrschaft gewinnen.
Dieser kam mir heute recht mephistophelisch vor, so kalt, höhnisch, so weltverachtend, so lieblos.

Ich wollte gar vielerley schreiben, und fühle doch dass ich nichts zu sagen habe, als was Sie schon wissen.

Samstag, 10. Februar 2007

Und sie werden es nie ganz treffen, Gott hat das nicht gewollt, sonst musste er sie anders machen. Jeder muss selbst zusehen, wie er sich durchhilft.

Donnerstag, 8. Februar 2007

Mittwoch, 7. Februar 2007

Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.
... nicht von aussen herein durch Regierungsform käme das Heil, sondern von innen heraus durch weise Beschränkung und bescheidene Tätigkeit eines jeden in seinem Kreise. Dies bleibe immer die Hauptsache zum menschlichen Glücke, und sei am leichtesten und einfachsten zu erlangen.
Solange es Tag ist", erwiderte Goethe, "wollen wir den Kopf schon oben halten, und solange wir noch hervorbringen können, werden wir nicht nachlassen.
Da ich ihn nach längerer Zeit wiedersah, öffnete er ein Schubfach, worin meine Briefe lagen, und sagte: „Ich lese alle Tage darin.“

Montag, 5. Februar 2007

Sonntag, 4. Februar 2007

Ich wollte mich doch lieber aufhängen, als ewig negieren, ewig in der Opposition sein, ewig schussfertig auf die Mängel und Gebrechen meiner Mitlebenden, Nächstlebenden lauern. Ihr seid noch gewaltig jung und leichtsinnig, wenn ihr so etwas billigen könnt.
Mit allen diesen mokanten Reden komme ich mir zuletzt wie auf dem Blocksberg vor! Ich sage es dem Alten. Ei nun, wir kommen noch nicht herunter - solange wir die Welt noch nicht ganz durchgesprochen haben, müssen wir auf diesem saubern Gespräch über die Gesellschaft verweilen.
Die Menschen werfen sich im Politischen wie auf einem Krankenlager von einer Seite zur andern in der Meinung, besser zu liegen.

Donnerstag, 1. Februar 2007

Die Menge, die Majorität, ist notwendig immer absurd und verkehrt; denn sie ist bequem, und das Falsche ist stets viel bequemer als die Wahrheit. Letztere will ernst erforscht und rücksichtslos angeschaut und angewendet sein; das Falsche aber schmiegt sich an jede träge, bequeme oder törichte Individualität an, ist wie ein Firnis, mit dem man leicht alles übertüncht.
Goethe hat in etwas den Vorzug vor allen seiner Zeit: dass er nie tadelt. Er entwickelt die Unarten, aber er schilt sie nicht. Er bemerkt die Fehler als Unzulängliches, aber er prätendiert nicht, dass einer sie hätte wissen und ablegen sollen. Darin übertrifft er bei weitem Schiller.
Er liess mich nicht ausreden, sondern unterbrach mich sehr freundlich: Ja, ja, ihr guten Kinder, wenn ihr nur nicht so dumm wäret? - Hierauf liess er mich stehen etc.

Dienstag, 30. Januar 2007


"Es liegen in der menschlichen Natur wunderbare Kräfte", erwiderte Goethe, "und eben wenn wir es am wenigsten hoffen, hat sie etwas Gutes für uns in Bereitschaft. Ich habe in meinem Leben Zeiten gehabt, wo ich mit Tränen einschlief; aber in meinen Träumen kamen nun die lieblichsten Gestalten, mich zu trösten und zu beglücken, und ich stand am andern Morgen wieder frisch und froh auf den Füssen.

Es geht uns alten Europäern übrigens mehr oder weniger allen herzlich schlecht; unsere Zustände sind viel zu künstlich und zu kompliziert, unsere Nahrung und Lebensweise ist ohne die rechte Natur, und unser geselliger Verkehr ohne eigentliche Liebe und Wohlwollen. Jedermann ist fein und höflich, aber niemand hat den Mut, gemütlich und wahr zu sein, so dass ein redlicher Mensch mit natürlicher Neigung und Gesinnung einen recht bösen Stand hat. Man sollte oft wünschen, auf einer der Südseeinseln als sogenannter Wilder geboren zu sein, um nur einmal das menschliche Dasein ohne falschen Beigeschmack, durchaus rein zu geniessen.

Denkt man sich in deprimierter Stimmung recht tief in das Elend unserer Zeit hinein, so kommt es einem oft vor, als wäre die Welt nach und nach zum Jüngsten Tage reif. Und das Uebel häuft sich von Generation zu Generation! Denn nicht genug, dass wir an den Sünden unserer Väter zu leiden haben, sondern wir überliefern auch diese geerbten Gebrechen, mit unsern eigenen vermehrt, unsern Nachkommen."

Montag, 1. Januar 2007

Als ich von der bewunderungswürdigen Menge seiner täglichen Lektüre sprach, versicherte er, im Durchschnitt wenigstens einen Oktavband täglich zu lesen. So habe er kürzlich einen ganzen Band absurder Krummacherscher Predigten durchgelesen, ja einen Aufsatz darüber zusammenzubringen versucht, den er dem p. Röhr mitteilen wolle. Mir freilich werde seine Geduld dabei verwunderlich erscheinen, weil ich diese Predigten nur in Beziehung auf mich beurteile; aber ihm sei daran gelegen, so ein tolles Individuum zu lernen und zu ergründen, wie es sich zu unserer Zeit und unserer Bildung verhalte und sich darin habe gestalten können.