Schmidt
von Friedberg ist bei mir gewesen; es war keine unangenehme aber auch keine
wohlthätige Erscheinung, Im ganzen ein hübscher junger Mensch, ein kleiner Kopf
auf mäßigen Schultern, treffliche Schenkel und Füße, knapp, reinlich, anständig
nach hiesiger Art gekleidet. Die Gesichtszüge klein und eng beisammen, kleine,
schwarze Augen, schwarze Haare nahe am Kopf sanscülottisch abgeschnitten. Aber
um die Stirne schmiedete ihm ein ehernes Band der Vater der Götter. Mit dem
Munde machte er wunderliche Verzerrungen als wenn er dem, was er sagte noch
einen gewissen eigenthümlichen Ausdruck geben wollte. Er ist der Sohn eines
wohlhabenden Kaufmanns, der ihn zum Prediger bestimmte, dadurch ist der Mensch
ganz aus seinem Wege gerückt worden. Ich glaube daß er, zu einem beschränkten
Handel und Lebenswandel angeführt, recht gut gewesen wäre, da er Energie und
eine gewisse Innigkeit zu haben scheint; unter einer Nationalgarde sähe ich ihn
am allerliebsten. Die Folge mag es zeigen, aber ich fürchte es ist nicht viel
Freude an ihm zu erleben. Voraus also gesetzt daß es kein gedrückter Mensch
ist, sondern einer der, nach seiner Aussage, seiner Gestalt, seiner Kleidung in
mäßigem Wohlbehagen lebt, so ist es ein böses Zeichen daß sich keine Spur von
Streben, Liberalität, Liebe, Zutrauen an ihm offenbart. Er stellte sich mir in
dem philisterhaften Egoismus eines Exstudenten dar. Dabei aber auch keine Spur
von Rohheit, nichts schiefes in seinem Betragen außer der Mundverzerrung.
Samstag, 28. Mai 2022
Ich
nahm zur Base meiner Behandlung daß Sie ihn an mich schicken, und setzte also
in diesem Sinne vieles voraus, aber es hat doch auch gar nichts allgemeines
noch besonderes angeklungen, auch nichts über Reinhold und Fichte, die er doch
beide gehört hat. Ueberhaupt konnte ich nichts bedeutendes von ihm herauslocken
als daß er, seit einem Jahre, gewisse besondere Ansichten der Welt gewonnen
habe, wodurch er sich zur Poesie geneigt fühle (das denn ganz gut sein möchte),
daß er aber auch überzeugt sei, nur in einer gewissen Verbindung der
Philosophie und Poesie bestehe die wahre Bildung. Wogegen ich nichts zu sagen
habe, wenn ich es nur nicht von einem jungen Menschen hören müßte. Uebrigens
ging er weg wie er gekommen war, ehe doch auch nur irgend ein Gespräch sich
eingeleitet hatte, und war mir für diesen kurzen Moment bedeutend genug. Der
zurückgezognen Art nach erinnerte er mich an Hölderlin, ob er gleich größer und
besser gebildet ist; sobald ich diesen gesehen habe, werde ich mit einer nähern
Parallele aufwarten. Da auf meinem Lebensgange besonders in früheren Zeiten mir
mehrere Naturen dieser Art begegnet sind und ich erfahren habe wo es eigentlich
mit ihnen hinausgeht, so will ich noch ein allgemeines Wort hinzufügen:
Menschen, die aus dem Kaufmannsstamm zur Literatur und besonders zur Poesie
übergehen, haben und behalten eine eigne Tournüre. Es läßt sich an einigen ein
gewisser Ernst und Innigkeit bemerken, ein gewisses Haften und Festhalten, bei
andern ein lebhaftes thätiges Bemühen; allein sie scheinen mir keiner Erhebung
fähig, so wenig als des Begriffs, worauf es eigentlich ankommt. Vielleicht thue
ich dieser Kaste unrecht und es sind viele aus andern Stämmen, denen es nicht
besser geht. Denken Sie einmal Ihre Erfahrung durch, es finden sich
wahrscheinlich auch Ausnahmen.