Donnerstag, 14. Mai 2009

Dabei lächelte Goethe und hielt einen Augenblick inne.
Ich nahm das Wort und sagte, dass, wenn ich nicht irre, er Hagen in ›Kunst und Altertum‹ geraten, nur kleine Gegenstände zu behandeln. „Freilich habe ich das,“ erwiderte Goethe; „aber tut man denn, was wir Alten sagen? Jeder glaubt, er müsse es doch selber am besten wissen, und dabei geht mancher verloren, und mancher hat lange daran zu irren. Es ist aber jetzt keine Zeit mehr zum Irren, dazu sind wir Alten gewesen; und was hätte uns alle unser Suchen und Irren geholfen, wenn ihr jüngeren Leute wieder dieselbigen Wege laufen wolltet? Da kämen wir ja nie weiter! Uns Alten rechnet man den Irrtum zugute, weil wir die Wege nicht gebahnt fanden; wer aber später in die Welt eintritt, von dem verlangt man mehr, der soll nicht abermals irren und suchen, sondern er soll den Rat der Alten nutzen und gleich auf gutem Wege fortschreiten. Es soll nicht genügen, dass man Schritte tue, die einst zum Ziele führen, sondern jeder Schritt soll Ziel sein und als Schritt gelten.“
Tragen Sie diese Worte bei sich herum, und sehen Sie zu, was Sie davon mit sich vereinigen können. Es ist mir eigentlich um Sie nicht bange, aber ich helfe Sie durch mein Zureden vielleicht schnell über eine Periode hinweg, die Ihrer jetzigen Lage nicht gemäss ist. Machen Sie vorderhand, wie gesagt, immer nur kleine Gegenstände, immer alles frischweg, was sich Ihnen täglich darbietet, so werden Sie in der Regel immer etwas Gutes leisten, und jeder Tag wird Ihnen Freude bringen. Geben Sie es zunächst in die Taschenbücher, in die Zeitschriften; aber fügen Sie sich nie fremden Anforderungen, sondern machen Sie es immer nach Ihrem eigenen Sinn.