Donnerstag, 13. November 2008

Denn Goethe verschliesst sein Innerstes, bleibt kalt bei einem kalten, scharfen Verstande zur Beobachtung, obgleich im Kern eine gewaltige Flamme lodert; aber er sieht die Dinge mehr, wie sie in der Wirklichkeit sind ...
O könnte er nur etwas Gemüt seinen Schöpfungen geben, und sähe man nicht überall eine Art von Buhlerei oder, wie er es selbst so gern nennt, das betuliche Wesen darinnen! Was hätte er seiner Nation werden können! Trauern muss man um diesen seltnen Genius! Nie weiss man, wie man in seinen Stücken daran ist, ob er das Rechte oder das Falsche meint, ob er diesem oder jenem das Wort redet. O Sophokles, welch einen sichern Massstab hast du!
Goethe ist von seiner Excursion nach Jena, wo er etwas zu arbeiten hoffte, längst zurück, hat aber nur etwas Weniges am Faust gearbeitet, welches aber vortrefflich ist. Im Ganzen bringt er jetzt zu wenig hervor, so reich er noch immer an Erfindung und Ausführung ist. Sein Gemüth ist nicht ruhig genug, weil ihm seine elenden häuslichen Verhältnisse, die er zu schwach ist zu ändern, viel Verdruß erregen.