Samstag, 11. Januar 2014
Eine gewisse feierliche Grazie bei gewöhnlichen Dingen, eine Art von
leichtsinniger Zierlichkeit bei ernsthaften und wichtigen kleidet ihn wohl,
weil er sehen läßt, daß er überall im Gleichgewicht steht. Er ist eine
öffentliche Person, und je ausgebildeter seine Bewegungen, je sonorer seine
Stimme, je gehaltner und gemessener sein ganzes Wesen ist, desto vollkommner
ist er. Wenn er gegen Hohe und Niedre, gegen Freunde und Verwandte immer
ebenderselbe bleibt, so ist nichts an ihm auszusetzen, man darf ihn nicht
anders wünschen. Er sei kalt, aber verständig; verstellt, aber klug. Wenn er
sich äußerlich in jedem Momente seines Lebens zu beherrschen weiß, so hat
niemand eine weitere Forderung an ihn zu machen, und alles übrige, was er an
und um sich hat, Fähigkeit, Talent, Reichtum, alles scheinen nur Zugaben zu
sein.
Wenn der Edelmann im gemeinen Leben gar keine Grenzen kennt, wenn man
aus ihm Könige oder königähnliche Figuren erschaffen kann, so darf er überall
mit einem stillen Bewußtsein vor seinesgleichen treten; er darf überall
vorwärtsdringen, anstatt daß dem Bürger nichts besser ansteht als das reine,
stille Gefühl der Grenzlinie, die ihm gezogen ist. Er darf nicht fragen: ›Was
bist du?‹ sondern nur: ›Was hast du? welche Einsicht, welche Kenntnis, welche
Fähigkeit, wieviel Vermögen?‹ Wenn der Edelmann durch die Darstellung seiner
Person alles gibt, so gibt der Bürger durch seine Persönlichkeit nichts und
soll nichts geben. Jener darf und soll scheinen; dieser soll nur sein, und was
er scheinen will, ist lächerlich oder abgeschmackt. Jener soll tun und wirken,
dieser soll leisten und schaffen; er soll einzelne Fähigkeiten ausbilden, um
brauchbar zu werden, und es wird schon vorausgesetzt, daß in seinem Wesen keine
Harmonie sei noch sein dürfe, weil er, um sich auf eine Weise brauchbar zu
machen, alles übrige vernachlässigen muß.
An diesem Unterschiede ist nicht etwa die
Anmaßung der Edelleute und die Nachgiebigkeit der Bürger, sondern die
Verfassung der Gesellschaft selbst schuld; ob sich daran einmal etwas ändern
wird und was sich ändern wird, bekümmert mich wenig; genug, ich habe, wie die
Sachen jetzt stehen, an mich selbst zu denken und wie ich mich selbst und das,
was mir ein unerläßliches Bedürfnis ist, rette und erreiche.
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