Mittwoch, 18. Juli 2018


Dein Büchlein war mir willkommen, weil ich nach deiner Ankündigung daraus deine Überzeugung, die sich in früheren und späteren Tagen gleich geblieben, und zu eben der Zeit den eigentlichen statum controversiae so mancher philosophischen Streitigkeiten erfahren sollte, deren wunderlichen decurs ich, mit mehr oder weniger Aufmerksamkeit, selbst erlebt hatte. Diesen Gewinn habe ich nun auch davon und soll dir dagegen der gebührende dank abgestattet seyn. ich würde jedoch die alte Reinheit und Aufrichtigkeit verletzten, wenn ich dir verschweige, daß mich das Büchlein ziemlich indisponirt hat. ich bin nun einmal einer der Ephesischen Goldschmiede, der sein ganzes Leben in Anschauen und Anstaunen und Verehrung des wunderwürdigen Tempels der Göttin und in Nachbildung ihrer geheimnisvollen Gestalten zugebracht hat, und dem es unmöglich eine angenehme Empfindung erregen kann, wenn irgend ein Apostel seinen Mitbürgern einen und noch dazu formlosen Gott aufdringen will. Hätte ich daher irgend eine ähnliche Schrift zum Preis der großen Artemis herauszugeben, (welches jedoch meine Sache nicht ist, weil ich zu denen gehöre, die selbst gern ruhig seyn mögen und auch das Volk nicht aufregen wollen,) so hätte auf der Rückseite des Titelblatts stehen müssen: »Man lernt nichts kennen, als was man liebt, und je tiefer und vollständiger die Kenntniß werden soll, desto stärker, kräftiger und lebendiger muß Liebe, ja Leidenschaft seyn.«



Du erlässest mir, wie billig, eine weitere Ausführung dieses Textes, denn da du deine Seite so gut kennst, so weißt du auch alles, was die anderen zu sagen haben. 

Ich für mich kann, bey den mannigfaltigen Richtungen meines Wesens, nicht an einer Denkweise genug haben; als Dichter und Künstler bin ich Polytheist, Pantheist hingegen als Naturforscher, und eins so entschieden als das andre. Bedarf ich eines Gottes für meine Persönlichkeit, als sittlicher Mensch, so ist dafür auch schon gesorgt. Die himmlischen und irdischen Dinge sind ein so weites Reich, daß die Organe aller Wesen zusammen es nur erfassen mögen.



Siehst du so steht es mit mir, und so wirke ich nach Innen und Außen immer im Stillen fort, mag auch gern, daß ein jeder das Gleiche thue. Nur wenn dasjenige, was mir zu meinem Daseyn und Wirken unentbehrlich ist, von andern als untergeordnet, unnütz oder schädlich behandelt wird, dann erlaube ich mir, einige Augenblicke verdrießlich zu seyn und auch dieß vor meinen Freunden und Nächsten nicht zu verbergen. Das geht aber gleich vorüber, und wenn ich auch eigensinnig auf meine Weise fortwirke, so hüte ich mich doch vor aller Gegenwirkung, wie sonst, so auch jetzt.