Abends sitzt er in einer wohlgeheizten Stube, eine weisse Fuhrmannsmütze
auf dem Kopf, ein Moltumjäckchen und lange Flauschpantalons an, in nieder
getretenen Pantoffeln und herabhängenden Strümpfen im Lehnstuhl, während sein
kleiner Junge auf seinen Knieen schaukelt. In einem Winkel sitzt
stillschweigend und meditierend der Maler Meyer, auf der anderen
Seite die Donna Vulpia mit dem Strickstrumpf. Dies ist die
Familiengruppe.
Mittwoch, 17. August 2022
Merck
war mit Goethen schon früh Kumpan und Lebebruder gewesen, ohngeachtet er etwa 6
Jahre älter war. Er hatte einst seine Frau in flagranti mit einem Liebhaber
ergriffen, und zweifelte daher an der Echtheit seiner Kinder. Weil er sich nun
selbst aktäonisiert wußte, bezweifelte er auch die Treue der übrigen Weiber, und
streuete überall, wo er Eheglück fand, Samen der Zwietracht aus. Überhaupt fand
er eine teuflische Lust darinnen, Leute, die sich glücklich fühlten, auf die
linke Seite aufmerksam zu machen, und ihr Glück zu stören. Ihn hat daher auch
Goethe zum Original des Mephistopheles in seinem Faust (dies ist Goethe selbst)
genommen, und mehrere Szenen sind Anspielungen auf wirkliche Begebenheiten, die
er mit Merck erlebt hatte, z.B. die Szene in Auerbachs Hof und das Liedchen vom
Stroh. Schade nur, dass dieser Faust, so wie wir ihn jetzt in seinen Werken
haben, ein aus frühern und spätern Arbeiten zusammengeflicktes Lappenwerk ist
(so wie auch der Wilhelm Meister), und dass die interessantesten Wollustszenen
(z.B. im Gefängnisse, wo Faust so wütend wird, dass er selbst den
Mephistopheles erschreckt) unterdrückt worden sind.