Samstag, 5. Oktober 2024

 

Für das überschickte Exemplar des Romans empfangen Sie meinen besten Dank. Ich kann das Gefühl, das mich beim Lesen dieser Schrift, und zwar in zunehmendem Grade, je weiter ich darin komme, durchdringt und besitzt, nicht besser als durch eine süße und innige Behaglichkeit, durch ein Gefühl geistiger und leiblicher Gesundheit ausdrücken, und ich wollte dafür bürgen, daß es dasselbe bei allen Lesern im Ganzen sein muß.

 

Ich erkläre mir dieses Wohlsein von der durchgängig darin herrschenden ruhigen Klarheit, Glätte und Durchsichtigkeit, die auch nicht das geringste zurückläßt, was das Gemüth unbefriedigt und unruhig läßt, und die Bewegung desselben nicht weiter treibt als nöthig ist, um ein fröhliches Leben in dem Menschen anzufachen und zu erhalten. Ueber das einzelne sage ich Ihnen nichts, bis ich das dritte Buch gelesen habe, dem ich mit Sehnsucht entgegen sehe.

  

Mein großes Erstaunen, daß Du Meisters Lehrjahre noch nicht gelesen, und die Versicherung, daß dies Buch eines der größten und schönsten Erzeugnisse des menschlichen Geistes sey, und die deutsche Litteratur durchaus nichts ähnliches aufzuzeigen habe, schienen Dich ein wenig zu befremden, und da wir uns schnell trennen mußten, so trugst Du mir auf, Dir über diesen Gegenstand zu schreiben. Wie gern erfüll' ich Deine Foderung; nur erwarte kein Urtheil, denn was ich Dir schreibe, soll nur die Beschreibung eines Eindrucks seyn. Welch' eine Fülle von Natur und Kunst! von tiefer reiner Kenntniß des Menschen und der Menschen!