Mittwoch, 9. April 2014


Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden. Goethe, Lavater, Herder, warum sollten sie nicht auch meine Freunde sein? Seit ich dies Kleeblatt kenne, sind sie meine Heiligen.

Ich lebe nun neun Wochen mit Goethen und lebe, seit unserer Seelenvereinigung so unvermerkt und ohne allen effort nach und nach zustande gekommen, ganz in ihm. Es ist in allen Betrachtungen und von allen Seiten das größte, beste, herrlichste menschliche Wesen, das Gott geschaffen hat. Heute war eine Stunde, wo ich in erst in seiner ganzen Herrlichkeit — der ganzen schönen gefühlvollen reinen Menschheit sah. Außer mir kniet' ich neben ihn, drückte meine Seele an seine Brust und betete Gott an.

Freund, ich bin allein; alles schläft, und mich hält's wach, daß es kaum ist, wie ich noch mit Dir zusammen war. Vielleicht, Göthe, war dies das höchste Ereignis meines Lebens; vielleicht war es der reichste, der seligste Augenblick; schönere Tage sollen mir nicht kommen, ich würde sie abweisen.
Oft fuhren Goethe und Lerse den Rhein hinauf. Da geriet Goethe oft in hohe Verzückung, sprach Worte der Prophezeiung und machte Lerse Besorgnisse, er werde überschnappen.
Schön wie ein Engel warst Du, bist Du und bleibst Du, so waren auch in Deiner frühesten Jugend aller Augen auf Dich gerichtet. Einmal stand jemand am Fenster bei Deiner Mutter, da Du eben über die Straße herkamst mit mehreren andern Knaben; sie bemerkten, daß Du sehr gravitätisch einherschrittest und hielten Dir vor, daß Du Dich mit Deinem Gradehalten sehr sonderbar von den andern Knaben auszeichnetest. – Mit diesem mache ich den Anfang, sagtest Du, und später werd' ich mich mit noch allerlei auszeichnen; und das ist auch wahr geworden, sagte die Mutter.

Über Goethen habe ich wohl zehn mal mich halb zu schanden geärgert, der ordentl. Kindisch über das alberne critische wesen ist, u. einen solchen geschmack daran findet dass er den seinigen darüber sehr verdorben hat: er besieht dabey das Ding, u. das ganze academische Wesen mit einem solchen leichtsinn dass er alles das gute was er bey seinen häufigen anwesenheiten zu Jena stiften könnte, unterläßet, er könnte leichter wie jemand wißen was jene schäckers lehren, uns davon avertiren, u. ihnen selbst zuweilen einreden u. sie durch vermahnungen in der ordnung halten. […] So aber findet er die sudeligen charmant […]. Mit Göthen kann ich gar nicht mehr über diese Sache reden, denn er verliert sich gleich dabey in eine so wort- u. Sophismen reiche discussion dass mir alle Gedult ausgeht,