Gleichzeitig
wurde der Weimarer Herzog Karl August auf Luise aufmerksam und machte ihr,
obwohl beide verheiratet waren, unverhohlen den Hof. Er besuchte zusammen mit
Goethe mehrfach Schloss Neunheilingen. Obwohl Luise ihm, wie vermutet wird,
auch gewogen war, hielt sie dennoch zu ihrer nicht sehr glücklichen Ehe. Auch
Goethe bewunderte die Frau sehr, wie u.a. in einem Brief an Frau von Stein zum
Ausdruck kommt. Die Verhältnisse und Erlebnisse auf Neunheilingen hat Goethe
auch in seinen Wilhelm-Meister-Romanen einfließen lassen.
Freitag, 29. August 2014
Dieses kleine Wesen hat mich erleuchtet. Diese
hat Welt oder vielmehr sie hat die Welt, sie weis die Welt zu behandlen: sie ist wie
Quecksilber das sich in einem Augenblicke tausendfach theilt und wieder in eine
Kugel zusammenläuft.
Sicher ihres Werths, ihres Rangs handelt sie zugleich mit einer Delikatesse und
Aisance die man sehn muß um sie zu dencken. Sie scheint iedem das seinige zu
geben wenn sie auch nichts giebt, sie spendet nicht, wie ich andre gesehn habe,
nach Standsgebühr und Würden iedem das eingesiegelte zugedachte Packetgen aus,
sie lebt nur unter den Menschen hin, und daraus entsteht eben die schöne
Melodie die sie spielt daß sie nicht ieden Ton sondern nur die auserwählten
berührt.
Sie
tracktirts mit einer Leichtigkeit und einer anscheinenden Sorglosigkeit daß man
sie für ein Kind halten sollte das nur auf dem Klaviere, ohne auf die Noten zu
sehen, herumruschelt, und doch weis sie immer was und wem sie spielt. Was in
ieder Kunst das Genie ist, hat sie in der Kunst des Lebens. Tausend andre
kommen mir vor wie Leute die das durch Fleis ersezzen wollen was ihnen die
Natur versagt hat, noch andre wie Liebhaber die ihr Conzertgen auswendig
gelernt haben und es ängstlich produziren, noch andre – nun es wird uns Stoff
zur Unterredung genug geben. Sie kennt den größten Teil vom vornehmen, reichen,
schönen, verständigen Europa, theils durch sich theils durch andre, das Leben,
Treiben, Verhältniß so vieler Menschen ist ihr gegenwärtig im höchsten Sinne
des Worts, es kleidet sie alles was sie sich von iedem zueignet und was sie
iedem giebt thut ihm wohl.
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