Goethe sprach darauf über seine Gegner, und dass dieses Geschlecht nie aussterbe. „Ihre Zahl ist Legion,“ sagte er, „doch ist es nicht unmöglich, sie einigermassen zu klassifizieren.“
„Zuerst nenne ich meine Gegner aus Dummheit; es sind solche, die mich nicht verstanden, und die mich tadelten, ohne mich zu kennen. Diese ansehnliche Masse hat mir in meinem Leben viel Langeweile gemacht; doch es soll ihnen verziehen sein, denn sie wussten nicht, was sie taten.“
„Eine zweite grosse Menge bilden sodann meine Neider. Diese Leute gönnen mir das Glück und die ehrenvolle Stellung nicht, die ich durch mein Talent mir erworben. Sie zerren an meinem Ruhm und hätten mich gerne vernichtet. Wäre ich unglücklich und elend, so würden sie aufhören.“
„Ferner kommt eine grosse Anzahl derer, die aus Mangel an eigenem Sukzess meine Gegner geworden. Es sind begabte Talente darunter, allein sie können mir nicht verzeihen, dass ich sie verdunkele.“
„Viertens nenne ich meine Gegner aus Gründen. Denn da ich ein Mensch bin, und als solcher menschliche Fehler und Schwächen habe, so können auch meine Schriften davon nicht frei sein. Da es mir aber mit meiner Bildung ernst war und ich an meiner Veredelung unablässig arbeitete, so war ich im beständigen Fortstreben begriffen, und es ereignete sich oft, dass sie mich wegen eines Fehlers tadelten, den ich längst abgelegt hatte. Diese Guten haben mich am wenigsten verletzt; sie schossen nach mir, wenn ich schon meilenweit von ihnen entfernt war. Überhaupt war ein abgemachtes Werk mir ziemlich gleichgültig; ich befasste mich nicht weiter damit und dachte sogleich an etwas Neues.
„Eine fernere grosse Masse zeigt sich als meine Gegner aus abweichender Denkungsweise und verschiedenen Ansichten. Man sagt von den Blättern eines Baumes, dass deren kaum zwei vollkommen gleich befunden werden, und so möchten sich auch unter tausend Menschen kaum zwei finden, die in ihrer Gesinnungs- und Denkungsweise vollkommen harmonieren. Setze ich dieses voraus, so sollte ich mich billig weniger darüber wundern, dass die Zahl meiner Widersacher so gross ist, als vielmehr darüber, dass ich noch so viele Freunde und Anhänger habe. Meine ganze Zeit wich von mir ab, denn sie war ganz in subjektiver Richtung begriffen, während ich in meinem objektiven Bestreben im Nachteile und völlig allein stand.“
Mittwoch, 4. November 2009
Madame Roland, auf dem Blutgerüste, verlangte Schreibzeug, um die ganz besondern Gedanken aufzuschreiben, die ihr auf dem letzten Wege vorgeschwebt. Schade, dass man ihr's versagte; denn am Ende des Lebens gehen dem gefassten Geiste Gedanken auf, bisher undenkbare; sie sind wie selige Dämonen, die sich auf den Gipfeln der Vergangenheit glänzend niederlassen.
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