Freitag, 8. Juni 2012


GRAF. Erkläre dich näher.

RITTER. Du weißt besser als ich selbst, was ich zu sagen habe. In jedes gute Herz ist das edle Gefühl von der Natur gelegt, daß es für sich allein nicht glücklich sein kann, daß es sein Glück in dem Wohl der andern suchen muß. Dieses schöne Gefühl weißt du in den Schülern des ersten Grades zu erregen, zu stärken, zu beleben! – Und wie nötig ist es, uns zum Guten Mut zu machen! Unser Herz, das von Kindheit an nur in der Geselligkeit sein Glück findet, das sich so gern hingibt und nur dann am höchsten und reinsten genießt, wenn es sich für einen geliebten Gegenstand aufopfern kann – ach! dieses Herz wird leider durch den Sturm der Welt aus seinen liebsten Träumen gerissen! Was wir geben können, will niemand nehmen; wo wir zu wirken streben, will niemand helfen; wir suchen und versuchen und finden uns bald in der Einsamkeit.

GRAF nach einer Pause. Weiter, mein Sohn.
RITTER. Und was noch schlimmer ist, mutlos und klein. Wer beschreibt die Schmerzen eines verkannten, von allen Seiten zurückgestoßenen menschenfreundlichen Herzens? Wer drückt die langen, langsamen Qualen eines Gemüts aus, das, zu wohltätiger Teilnehmung geboren, ungern seine Wünsche und Hoffnungen aufgibt und sich doch zuletzt derselben auf ewig entäußern muß? Glücklich, wenn es ihm noch möglich wird, eine Gattin, einen Freund zu finden, denen er das einzeln schenken kann, was dem ganzen Menschengeschlechte zugedacht war; wenn er Kindern, wenn er – Tieren nützlich und wohltätig sein kann!