Freitag, 13. Februar 2009
Könnte ich Dir doch den einen Nachmittag schildern, wo ich bis in den Abend hinein fünf volle Stunden bei ihm allein war. Er war vom Hofe gekommen, alle seine Hausgenossen waren spazieren gefahren, da schickte er zu mir mit den Worten: „ich solle ihm Gesellschaft leisten“. Als ich zu ihm ins Zimmer trat, fand ich ihn, schon wieder in seinem blauen, heimischen Ueberrock, seine Medaillen und Münzen durchmusternd; er gab mit freundlich die Hand und sah mir noch freundlicher ins Gesicht. Er sah so recht behaglich und gemütlich aus und war es auch in der Tat.
Dem herrlichen Goethe bin ich nun in meiner neuen Wohnung recht nahe, ich kann ihn täglich sehen und darf zu ihm kommen, wann ich will. Ich darf ihn um alles fragen, um jede Belehrung bitten, jeden Zweifel unverhohlen mitteilen. Gewöhnlich zweimal die Woche esse ich bei ihm, einmal abends, einmal mittags, aber auch sonst lässt er mich manchmal zu sich kommen, entweder zum Spazierengehn, oder wenn er Lust zu sprechen hat, oder dies oder jenes zeigen und erklären, oder auch, wenn meine Kräfte reichen, erklärt haben will.
Hätte Lorenz länger leben und eine fortschreitende stufenhafte Ausbildung des gegründeten Zustandes statthaben können, so würde die Geschichte von Florenz eins der schönsten Phänomene darstellen; allein wir sollen wohl im Lauf der irdischen Dinge die Erfüllung des schönen Möglichen nur selten erleben.
Einem tätigen, produktiven Geiste, einem wahrhaft vaterländisch gesinnten und einheimische Literatur befördernden Manne wird man es zugute halten, wenn ihn der Umsturz alles Vorhandenen schreckt, ohne daß die mindeste Ahnung zu ihm spräche, was denn Besseres, ja nur anderes daraus erfolgen solle. Man wird ihm beistimmen, wenn es ihn verdrießt, daß dergleichen Influenzen sich nach Deutschland erstrecken und verrückte, ja unwürdige Personen das Heft ergreifen.
So erinnere ich mich noch jetzt eines Tages, wo die Dame bei Goethe zu Besuch war, in einem Zimmer, das gerade unter dem meinigen lag, beide in überlautem und heftigem, fast leidenschaftlichem Gespräch begriffen gehört zu haben, wobei besonders sie so kreischend schrie und tobte, dass ich fürchtete, sie würde, nach oben die dünne Decke durchbrechend, gleich einer zornigen Fee, zum Dache hinaus in die Lüfte fahren. Goethe versicherte mir auch nachher, dass er sie durch seine Argumente so in die Enge getrieben, dass es beinah diesen Anschein gehabt hätte.
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