Ein ander Mal, es war im Sommer, 1809, wo ich Goethe Nachmittags besuchte, fand ich ihn bei milder Witterung wieder in seinem Garten sitzend. Kaaz, der Landschaftsmaler, den Goethe ausnehmend schätzte, war soeben da gewesen. Er saß vor einem kleinen Gartentische; vor ihm auf demselben stand ein langgehalstes Zuckerglas, worin sich eine kleine lebendige Schlange munter bewegte, die er mit einem Federkiele fütterte und täglich Betrachtungen über sie anstellte. Er behauptete, daß sie ihn bereits kenne und mit dem Kopfe näher zum Rande des Glases komme, sobald sie seiner ansichtig würde.
»Die herrlich verständigen Augen!« fuhr er fort. »Mit diesem Kopfe ist freilich manches unterwegs, aber, weil es das unbeholfene Ringeln des Körpers nun einmal nicht zuläßt, wenig genug angekommen. Hände und Füße ist die Natur diesem länglich ineinandergeschobenen Organismus schuldig geblieben, wiewohl dieser Kopf und diese Augen beides wohl verdient hätten; wie sie denn überhaupt manches schuldig bleibt, was sie für den Augenblick fallen läßt, aber späterhin doch wieder unter günstigen Umständen aufnimmt. Das Skelet von manchem Seethiere zeigt uns deutlich, daß sie schon damals, als sie dasselbe verfaßte, mit dem Gedanken einer höhern Gattung von Landthieren umging. Gar oft muß sie in einem hinderlichen Elemente sich mit einem Fischschwanze abfinden, wo sie gern ein paar Hinterfüße in den Kauf gegeben hätte, ja, wo man sogar die Ansätze dazu bereits im Skelet bemerkt hat.«