Mittwoch, 16. Mai 2007

Die Verhältnisse mit Frauen allein können doch das Leben nicht ausfüllen und führen zu gar vielen Verwicklungen, Qualen und Leiden, die uns aufreiben, oder zur vollkommenen Leere.
Es ist Goethen sehr schade, so ungeheuer allein zu sein, denn so viel Menschen er auch vorübergehend sieht, ist er mit keinem vertraut und hat mir versichert, dass, wenn er Meyer und mich ausnähme, im ganzen weiten Deutschland niemand sei, mit dem er eigentlich frei reden möge und könne. Er versauert wohl vielleicht nicht so, aber er verknöchert und verhärtet wirklich und wird auch entsetzlich intolerant und im Gespräch manieriert. Er hatte, wie du weisst, immer gewisse Lieblingsausdrücke, die halbsagend waren und ihm eigentlich als Aushilfe galten, wenn er zu träge war, seine Ideen recht bestimmt auszudrücken. Aber noch nie habe ich den Gebrauch davon so häufig als diesmal bemerkt. Er begleitet sie auch jetzt mehr mit Mienen und muss einem, der nicht daran gewöhnt ist, sehr wunderbar vorkommen. ... Das ist eins der schrecklichsten Dinge in der Ehe, dass Mann und Frau sich durch Gewohnheit und die Befriedigung kleiner physischer Bedürfnisse so herabstimmen, dass sie das Mittelmässige und sogar das Gemeine gut und selbst unentbehrlich finden.
Etwas Trauriges ist seine Art, sich nach und nach einzuspinnen. Er will nicht nach Wien, nicht einmal nach Prag, und von Italien hat er auf ewig Abschied genommen. Also Weimar und Jena und Karlsbad! Immer und alljährlich! Wenn der Mensch am Ende so werden muss, wenn es unabänderlich ist, dass die regesten Säfte endlich so stocken, so muss man sich wenigstens da einspinnen, wo man sicher ist, dass jede Art der Grösse im gleichen Kreise mit uns ruht ...