Mit
meinem Protégé, Herrn Schmidt, habe ich freilich wenig Ehre aufgehoben, wie ich
sehe, aber ich will so lange das Beste hoffen, bis ich nicht mehr kann. Ich bin
einmal in dem verzweifelten Fall, daß mir daran liegen muß, ob andere Leute
etwas taugen, und ob etwas aus ihnen werden kann; daher werde ich diese
Hölderlin und Schmidt so spät als möglich aufgeben.
Freitag, 12. November 2021
Herr Schmidt, so wie er jetzt ist, ist freilich nur die entgegengesetzte Carricatur von der Frankfurter empirischen Welt, und so wie diese nicht Zeit hat, in sich hineinzugehen, so kann dieser und seines gleichen gar nicht aus sich selbst herausgehen. Hier möchte ich sagen, sehen wir Empfindung genug, aber keinen Gegenstand dazu; dort den nackten leeren Gegenstand ohne Empfindung. Und so sind überall nur die Materialien zum Menschen da, wie der Poet ihn braucht, aber sie sind zerstreut und haben sich nicht ergriffen.
Ich
möchte wissen, ob diese Schmidt, diese Richter, diese Hölderlins absolut und
unter allen Umständen so subjectivisch, so überspannt, so einseitig geblieben
wären, ob es an etwas primitivem liegt, oder ob nur der Mangel einer
ästhetischen Nahrung und Einwirkung von außen und die Opposition der
empirischen Welt in der sie leben gegen ihren idealischen Hang diese
unglückliche Wirkung hervorgebracht hat. Ich bin sehr geneigt das letztere zu
glauben, und wenn gleich ein mächtiges und glückliches Naturell über alles siegt,
so däucht mir doch, daß manches brave Talent auf diese Art verloren geht.
Es
ist gewiß eine sehr wahre Bemerkung, die Sie machen, daß ein gewisser Ernst und
eine Innigkeit, aber keine Freiheit, Ruhe und Klarheit bei denen, die aus einem
gewissen Stande zu der Poesie etc. kommen , angetroffen wird. Ernst und
Innigkeit sind die natürliche und notwendige Folge, wenn eine Neigung und
Beschäftigung Widerspruch findet, wenn man isolirt und auf sich selbst reducirt
ist, und der Kaufmannssohn, der Gedichte macht, muß schon einer größern
Innigkeit fähig sein, wenn er überall nur auf so was verfallen soll. Aber eben
so natürlich ist es, daß er sich mehr zu der moralischen als ästhetischen Seite
wendet, weil er mit leidenschaftlicher Heftigkeit fühlt, weil er in sich
hineingetrieben wird, und weil ihn die Gegenstände eher zurückstoßen als
festhalten, er also nie zu einer klaren und ruhigen Ansicht davon gelangen
kann.