Samstag, 4. Oktober 2008

Nachmittags kam Goethe, um mit mir zu Sarah und Marianna zu gehen; bis ich fertig war, liess er Lotte lesen. Er hat so viel Kindlichkeit und Einfalt in seinem Wesen wie alle erhabenen Geister.
Goethe sah recht ennuyiert aus, der Herzogin wurde es ganz weh dabei; da ich aber gar keinen Respekt vor den schönen Geistern mehr habe, so sprach ich die Kreuz und die Quer, und es ging die Stunde ziemlich frisch vorüber.
Goethe ist ein Vulkan, aussen überschneit, innen vol geschmolzner Materie. Charlotte von Kalb sagte, er bewundert nichts mehr, nicht einmal sich – jedes Wort sei Eis, zumal gegen Fremde, die er selten vorlasse. 
Es ist etwas Unstetes und Misstrauisches in seinem ganzen Wesen, wobei sich niemand in seiner Gegenwart wohl befinden kann.
Wir sitzen von Abend um fünf Uhr bis nachts zwölf, auch ein Uhr beisammen und schwatzen.
Goethe sah ich noch nicht; er ist aber wieder hier. Meyer sagte mir, er habe schon längst mich besuchen, mich zu sich einladen wollen; aber sein Missstand mit der ganzen Sozietät hier macht, dass er auch für mich verloren ist. Das könnte, das sollte anders sein.