Donnerstag, 19. Juli 2012

Goethe äusserte, er habe nie auf Despoten schimpfen hören, als die selbst Despoten gewesen wären.
Er sagte weiter: „Die Weiber müssten nur lieben oder hassen; da wären sie ganz scharmant. Die Männer aber müssten weder lieben noch hassen. So käme alles wieder ins Gleichgewicht.“
„Die Irrtümer des Menschen machen ihn eigentlich liebenswürdig.“
Zincgref, Apophthegmen: Gott definiert er also, dass er sei ein unaussprechlich Seufzen, im Grund der Seelen gelegen.
O wie oft hab’ ich an dieses Blatt gedacht, und wie er damit mir die Stirne und das Gesicht streichelte, und wie er meine Haare durch die Finger zog und sagte: „Ich bin nicht klug; man kann mich leicht betrügen, du hast keine Ehre davon, wenn du mir etwas weismachst mit deiner Liebe.“ - Da fiel ich ihm um den Hals.

Die Formel der Steigerung lässt sich auch im Ästhetischen und Moralischen anwenden. Die Liebe, wie sie modern erscheint, ist ein Gesteigertes. Es ist nicht mehr das erste einfache Naturbedürfnis und Naturäusserung, sondern ein in sich kohobiertes, gleichsam verdichtetes und gesteigertes Wesen. Es ist einfältig, diese Art zu verwerfen, weil sie auch noch einfach existiert und existieren kann.
Wenn man in Küche und Keller ein Gesteigertes sucht und darauf ausgeht, warum soll man nicht auch diesen Genuss für die Darstellung oder für das unmittelbare Empfinden steigern dürfen und können?
Jeder Koch macht auf diese Weise seine Brühen und Saucen appetitlicher, dass er sie in sich kohobiert.
Wenn ein Weib einmal vom rechten Wege ab ist, dann geht es auch blind und rücksichtslos auf dem bösen fort; und der Mann ist nichts dagegen, wenn er auf bösen Wegen wandelt. Denn er hat immer noch eine Art von Gewissen. Bei ihr aber wirkt dann die blosse Natur.