Dieser
Tage habe ich in großer adliger Gesellschaft einen höchst langweilig
Spaziergang machen müssen. Das ist ein notwendiges Übel, in das mich mein
Verhältnis mit Charlotten [von Kalb] gestürzt hat — und wieviel flache
Kreaturen kommen einem da vor! Die Beste unter allen war Frau von Stein, eine
wahrhaftig eigene, interessante Person, und von der ich begreife, daß Goethe
sich so ganz an sie attachiert hat. Schön kann sie nie gewesen sein, aber ihr
Gesicht hat einen sanften Ernst und eine ganz eigene Offenheit. Ein gesunder
Verstand, Gefühl und Wahrheit liegen in ihrem Wesen. Diese Frau besitzt
vielleicht über tausend Briefe von Goethe, und aus Italien hat er ihr noch jede
Woche geschrieben. Man sagt, daß ihr Umgang ganz rein und untadelhaft sein
soll.
Montag, 19. Juli 2021
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