Mittwoch, 4. Juli 2007

Als er darauf ein herrliches Blatt von Israel von Mecheln (1504), den Tanz der Herodias vorstellend, uns zeigte, setzte er hinzu: »Der Mensch mache sich nur irgend eine würdige Gewohnheit zu eigen, an der er sich die Lust in heitern Tagen erhöhen und in trüben Tagen aufrichten kann. Er gewöhne sich z.B. täglich in der Bibel oder im Homer zu lesen, oder Medaillen oder schöne Bilder zu schauen, oder gute Musik zu hören. Aber es muß etwas Treffliches, Würdiges sein, woran er sich so gewöhnt, damit ihm stets und in jeder Lage der Respect dafür bleibe.«
Im Fortlauf des Gesprächs erzählte er von einer seltsamen Unterredung mit Lord Bristol, der ihm den durch seinen Werther angerichteten Schaden vorwarf. »Wie viel tausend Schlachtopfer fallen nicht dem englischen Handelssystem zu Gefallen,« entgegnete ich noch derber; »warum soll ich nicht auch einmal das Recht haben, meinem System einige Opfer zu weihen?«
»Euch darf ich's wohl gestehen,« sagte er, – »seit ich über den Ponte molle heimwärts fuhr, habe ich keinen rein glücklichen Tag mehr gehabt.« Und dabei waltete tiefe Rührung über seinen Zügen! »Ich lebte,« fuhr er fort, »zehn Monate lang zu Rom ein zweites akademisches Freiheitsleben; die vornehmere Gesellschaft ganz vermeidend, weil ich diese ja zu Hause schon habe.«
Gewöhnen Sie sich, über jede Erscheinung eine Betrachtung oder mehrere zu machen, und wo ihnen solche nicht im Augenblick kommen wollen, da schreiben Sie wenigstens in Ihr Tagebuch: Hier sind Betrachtungen anzustellen.