Sonntag, 13. Juli 2014

Die Schrift von Moritz entwickelte mit Entschiedenheit und Stringenz das Programm der Autonomie der Kunst. Die Pointe des Gedankens liegt dabei in der Anwendung des Spinozismus auf die Kunst. Das Ganze ist Gott, hatte Spinoza erklärt. ... Nach dem Vorbild des spinozistischen Begriffs vom Weltganzen bildet Moritz nun den Begriff der Kunst als einer in sich geschlossenen Ganzheit im Kleinen ... Dem Künstler kann ein Werk nur gelingen, wenn der Schwerpunkt ganz in dem zu schaffenden Werk liegt, ohne äussere Rücksichtnahme.  ...
Die Gedanken zur Autonomie der Kunst gewannen nach der Rückkehr aus Italien eine grosse Bedeutung für Goethe. ... Vor der Reise nach Italien galt die Lebenskunst der Doppelexistenz als Künstler und Amtsmensch. Goethe hatte erkannt, wie wichtig es ist, die Sphären getrennt zu halten, indem man zwar aus dem Leben poetische Funken schlägt, aber umgekehrt der Poesie nicht erlaubt, das Leben zu beherrschen. ... 

Das Neue ist: Der Autonomiegedanke begründet vom Inneren der Kunst her, weshalb die Kunst und mit ihr das Künstlertum als eigene Sphäre, als eigene in sich geschlossene Welt, als nutzloses Ganzes für sich bestehen soll und darf. ... Bisher war es ein kränkender Vorwurf gewesen, dass die Kunst doch eigentlich ein nutzloses Geschäft sei. Die Autonomiegedanken lassen diese Kränkung verschwinden. Kunst ist ein in sich selbst sinnhaft geschlossnener Kreis, der eben darum keinem anderen Zweck dient.  ... Wo Kränkung war, soll Stolz werden: Die Kunst ist keinem dienstbar! Knebel konstatiert verwundert: Die Kunst hat ihn ganz eingenommen; er sieht solche als Ziel aller menschlichen Erhöhung.