Donnerstag, 11. Juli 2019

Es war indes tief Abend geworden, Goethe reichte mir seine liebe Hand, und ich ging.

Ich traf gegen 4 Uhr Hofrath Meyer bei Goethe an. Letzterer war sehr munter, ja aufgeregt; wie ein Gewitter bei heiterm Himmel suchte er sich seiner Kraftfülle durch geistige Blitze und Donnerschläge zu entledigen. Knebeln über Meteorologie consultiren, äußerte Goethe, heiße den Barometer über den Barometer befragen. Voltaire habe gesagt, die Erde sei eine alte Coquette, die sich jung zu machen strebe. Die Atmosphäre sei auch so eine Coquette, die eine zeitlang geregelten Gang affectire, aber bald sich dem ersten besten Wind preis gebe.

Daß man über Wellington's Omnipotenz als Premier-Minister jetzt schelte, sei absurd; man sollte froh sein, daß er endlich seinen rechten Platz eingenommen; wer Indien und Napoleon besiegt habe, möge wohl mit Recht über eine lumpige Insel herrschen. Wer die höchste Gewalt besitze, habe Recht; ehrfurchtsvoll müsse man sich vor ihm beugen. "Ich bin nicht so alt geworden, um mich um die Weltgeschichte zu bekümmern, die das Absurdeste ist, was es giebt; ob dieser oder jener stirbt, dieses oder jenes Volk untergeht ist mir einerlei; ich wäre ein Thor, mich darum zu bekümmern.

Wenn Alexander Humboldt und die andern Plutonisten mir's zu toll machen, werde ich sie schändlich blamiren; schon zimmere ich Xenien genug im Stillen gegen sie; die Nachwelt soll wissen, daß doch wenigstens ein gescheidter Mann in unserm Zeitalter gelebt hat, der jene Absurditäten durchschaute. Ich finde immer mehr, daß man es mit der Minorität, die stets die gescheidtere ist, halten muß."