Noch im vorigen Jahrhundert durfte man dem Kaiser von Persien bei Gastmahlen unverschämt widersprechen, zuletzt wurde denn freilich der überkühne Tischgenosse bei den Füßen weg und am Fürsten nah vorbei geschleppt, ob dieser ihn vielleicht begnadige? Geschah es nicht, hinaus mit ihm und zusammengehauen.
Montag, 26. Dezember 2022
Mittwoch, 21. Dezember 2022
Wie grenzenlos hartnäckig und widersetzlich Günstlinge sich gegen den Kaiser betrugen, wird uns von glaubwürdigen Geschichtsschreibern anekdotenweise überliefert. Der Monarch ist wie das Schicksal unerbittlich, aber man trotzt ihm. Heftige Naturen verfallen darüber in eine Art Wahnsinn, wovon die wunderlichsten Beispiele vorgelegt werden könnten.
Donnerstag, 15. Dezember 2022
Sonntag, 11. Dezember 2022
Donnerstag, 8. Dezember 2022
… hier sehen wir den ersten Diplomaten des Jahrhunderts, in der grössten Ruhe, sitzend und alle Zufälligkeiten des Augenblicks gelassen erwartend. Umgeben von einem höchst anständigen, aber nicht prunkhaften Zimmer finden wir ihn im schicklichen einfachen Hofkleide, den Degen an der Seite, den Federhut nicht weit hinterwärts auf dem Canapé liegend, eben als erwarte der Geschäftsmann die Meldung des Wagens, um zur Conferenz zu fahren; den linken Arm auf die Tischlehne gelehnt, in der Nähe von Papier, Schreibzeug und Feder, die Rechte im Schoos, den rechten Fuss über den linken geschlagen, erscheint er vollkommen impassibel. Wir erwehrten uns nicht des Andenkens an die Epikurischen Gottheiten, welche da wohnen „wo es nicht regnet noch schneiet noch irgend ein Sturm weht“; so ruhig sitzt hier der Mann, unangefochten von allen Stürmen, die um ihn her sausen. Begreifen lässt sich, dass er so aussieht, aber nicht wie er es aushält. Sein Blick ist das Unerforschlichste; er sieht vor sich hin, ob er aber den Beschauer ansieht, ist zweifelhaft …. Genug, wir mögen hier physiognomisieren und deuten wie wir wollen, so finden wir unsere Einsicht zu kurz, unsre Erfahrung zu arm, unsre Vorstellung zu beschränkt, als dass wir uns von einem solchen Wesen einen hinlänglichen Begriff machen könnten.
Samstag, 26. November 2022
Samstag, 19. November 2022
Sooft er die Gräfin anblickte, schien es
ihm, als wenn ein elektrischer Funke sich vor seinen Augen zeigte; er wußte
zuletzt nicht mehr, wo er Atem zu seiner Rezitation hernehmen solle. Die schöne
Dame hatte ihm immer gefallen; aber jetzt schien es ihm, als ob er nie etwas
Vollkommneres gesehen hätte, und von den tausenderlei Gedanken, die sich in
seiner Seele kreuzten, mochte ungefähr folgendes der Inhalt sein:
Wie töricht lehnen sich doch so viele Dichter und sogenannte gefühlvolle Menschen gegen Putz und Pracht auf und verlangen nur in einfachen, der Natur angemessenen Kleidern die Frauen alles Standes zu sehen. Sie schelten den Putz, ohne zu bedenken, daß es der arme Putz nicht ist, der uns mißfällt, wenn wir eine häßliche oder minder schöne Person reich und sonderbar gekleidet erblicken; aber ich wollte alle Kenner der Welt hier versammeln und sie fragen, ob sie wünschten, etwas von diesen Falten, von diesen Bändern und Spitzen, von diesen Puffen, Locken und leuchtenden Steinen wegzunehmen. Würden sie nicht fürchten, den angenehmen Eindruck zu stören, der ihnen hier so willig und natürlich entgegenkommt? Ja, »natürlich« darf ich wohl sagen! Wenn Minerva ganz gerüstet aus dem Haupte des Jupiter entsprang, so scheinet diese Göttin in ihrem vollen Putze aus irgendeiner Blume mit leichtem Fuße hervorgetreten zu sein.
Donnerstag, 10. November 2022
So sehr ich, wie billig, von der Partei
der Christen war, stand ich doch der heidnischen Heldin mit ganzem Herzen bei,
als sie unternahm, den großen Turm der Belagerer anzuzünden. Und wie nun
Tankred dem vermeinten Krieger in der Nacht begegnet, unter der düstern Hülle
der Streit beginnt und sie gewaltig kämpfen. – Ich konnte nie die Worte
aussprechen:
‚Allein das Lebensmaß Chlorindens ist nun voll,
Und ihre Stunde
kommt, in der sie sterben soll!’
dass mir nicht die Tränen in die Augen kamen, die reichlich flossen, wie der unglückliche Liebhaber ihr das Schwert in die Brust stößt, der Sinkenden den Helm löst, sie erkennt und zur Taufe bebend das Wasser holt.
Samstag, 29. Oktober 2022
Montan geleitete
seinen Freund nunmehr in dem Bergrevier methodisch umher, überall begrüßt von
einem derben »Glück auf!«, welches sie heiter zurückgaben. »Ich möchte wohl«,
sagte Montan, »ihnen manchmal zurufen: ›Sinn auf!‹, denn Sinn ist mehr als
Glück; doch die Menge hat immer Sinn genug, wenn die Obern damit begabt sind.
Weil ich nun hier, wo nicht zu befehlen, doch zu raten habe, bemüht' ich mich,
die Eigenschaft des Gebirgs kennen zu lernen. Man strebt leidenschaftlich nach
den Metallen, die es enthält. Nun habe ich mir auch das Vorkommen derselben
aufzuklären gesucht, und es ist mir gelungen. Das Glück tut's nicht allein,
sondern der Sinn, der das Glück herbeiruft, um es zu regeln. Wie diese Gebirge
hier entstanden sind, weiß ich nicht, will's auch nicht wissen; aber ich
trachte täglich, ihnen ihre Eigentümlichkeit abzugewinnen. Auf Blei und Silber
ist man erpicht, das sie in ihrem Busen tragen; ich weiß es zu entdecken: das
Wie? behalt' ich für mich und gebe Veranlassung, das Gewünschte zu finden. Auf
mein Wort unternimmt man's versuchsweise, es gelingt, und man sagt, ich habe
Glück. Was ich verstehe, versteh' ich mir, was mir gelingt, gelingt mir für
andere, und niemand denkt, daß es ihm auf diesem Wege gleichfalls gelingen
könne. Sie haben mich in Verdacht, daß ich eine Wünschelrute besitze, sie
merken aber nicht, daß sie mir widersprechen, wenn ich etwas Vernünftiges
vorbringe, und daß sie dadurch sich den Weg abschneiden zu dem Baum des
Erkenntnisses, wo diese prophetischen Reiser zu brechen sind.«
Ermutigt an diesen
Gesprächen, überzeugt, daß auch ihm durch sein bisheriges Tun und Denken
geglückt, in einem weit entlegenen Fache, dem Hauptsinne nach, seines Freundes
Forderungen sich gleichzustellen, gab er nunmehr Rechenschaft von der Anwendung
seiner Zeit, seitdem er die Vergünstigung erlangt, die auferlegte Wanderschaft
nicht nach Tagen und Stunden, sondern dem wahren Zweck einer vollständigen
Ausbildung gemäß einzuteilen und zu benutzen.
Hier nun war
zufälligerweise vieles Redens keine Not, denn ein bedeutendes Ereignis gab
unserm Freunde Gelegenheit, sein erworbenes Talent geschickt und glücklich
anzuwenden und sich der menschlichen Gesellschaft als wahrhaft nützlich zu
erweisen.
Sonntag, 23. Oktober 2022
Ich habe öfters bemerkt, dass der Mensch das,
was an ihm das Grösste und Trefflichste ist, selten kennt, noch auch diesen
Vorzügen einen Wert beilegt. Was er hat, sieht er an wie ein reichgeborner
seinen Reichtum, als etwas, das zu ihm gehört, als etwas, das sich von selbst
versteht, als eine Sache, von der er ausgeht. Aber das, wohin seine Wünsche
sich sehnen, was ihm abgeht, was er, sein Dasein zu erweitern und zu ergänzen,
nötig glaubt, das ist es, was ihn aufs stärkste interessiert, worüber er alles
andere vergisst, worum er alles andere hingäbe; eine Empfindung, die der dritte
Zuschauer nicht begreifen kann. Wenn diese Empfindung hoch- und viel begabte
Seelen ergreift, dann verlassen sie den innern weiten Kreis ihres Daseyns und
schwärmen an denen Gränzen herum, die ihnen so gut wie andern gesezt sind.
Sprechen sie alsdann davon, schreiben sie davon, so giebt es meistentheils
etwas Albernes, etwas, das uns über die engen Gränzen der Menschheit nachdenken
und trauren lässt, eben in dem Augenblike, da sie glauben, das Innigste,
Höchste, Treflichste, Lezte ihres ganzen Daseyns für sich gefühlet und andern
oftenbart zu haben.
Mir
ist Pilatus wieder die wichtigste Beylage zu dieser Erfahrung. Alle Kräfte
Fähigkeiten, Empfindung, Abstraktion, alle Wissenschaft, Scharfsinn, alles
Anschauen, alles tiefe Gefühl der Menschheit und ihrer Verhältnisse und mehr
Vorzüge, die Lavater in einem so hohen Grade besizt, lässt er zurük, wirft er
weg, um dem Unerreichbaren athemlos nachzuhezen. Ich mögte ihn einem Manne
vergleichen, der Güter, Geld, Besizthümer, Weib, Kinder, Freunde, alles nicht
achtete und vernachlässigte um einen unwiderstehlichen Trieb nach mechanischen
Künsten zu befriedigen und eine Maschine zum fliegen zu erfinden.
Samstag, 22. Oktober 2022
Donnerstag, 20. Oktober 2022
Tags umsonst die
Knechte lärmten,
Hack’ und Schaufel, Schlag um Schlag,
Wo die Flämmchen nächtig schwärmten
Stand ein Damm den andern Tag.
Menschenopfer mußten bluten,
Nachts erscholl des Jammers Qual,
Meerab flossen Feuergluthen,
Morgens war es ein Canal.
Gottlos ist er, ihn gelüstet
Unsre Hütte, unser Hain;
Wie er sich als Nachbar brüstet
Soll man unterthänig seyn.
Dienstag, 11. Oktober 2022
Montag, 26. September 2022
Dienstag, 20. September 2022
Samstag, 17. September 2022
«Die
Beschäftigung mit Unsterblichkeitsideen», fuhr Goethe fort, «ist für vornehme
Stände und besonders für Frauenzimmer, die nichts zu tun haben. Ein tüchtiger Mensch
aber, der schon hier etwas Ordentliches zu sein gedenkt und der daher täglich
zu streben, zu kämpfen und zu wirken hat, läßt die künftige Welt auf sich
beruhen und ist tätig und nützlich in dieser. Ferner sind
Unsterblichkeitsgedanken für solche, die in Hinsicht auf Glück hier nicht zum
besten weggekommen sind, und ich wollte wetten, wenn der gute Tiedge ein
besseres Geschick hätte, so hätte er auch bessere Gedanken.»
Mittwoch, 14. September 2022
»Ich habe den großen Vorteil,« fuhr er fort, »daß ich zu einer Zeit geboren wurde, wo die größten Weltbegebenheiten an die Tagesordnung kamen und sich durch mein langes Leben fortsetzten, so daß ich vom Siebenjährigen Krieg, sodann von der Trennung Amerikas von England, ferner von der Französischen Revolution, und endlich von der ganzen Napoleonischen Zeit bis zum Untergange des Helden und den folgenden Ereignissen lebendiger Zeuge war. Hiedurch bin ich zu ganz anderen Resultaten und Einsichten gekommen, als allen denen möglich sein wird, die jetzt geboren werden und die sich jene großen Begebenheiten durch Bücher aneignen müssen, die sie nicht verstehen.«
Montag, 12. September 2022
"Und dann ist die Zeit ein wunderlich Ding. Sie ist ein Tyrann, der seine Launen hat und der zu dem, was einer sagt und tut, in jedem Jahrhundert ein ander Gesicht macht. Was den alten Griechen zu sagen erlaubt war, will uns zu sagen nicht mehr anstehen, und was Shakespeares kräftigen Mitmenschen durchaus anmutete, kann der Engländer von 1820 nicht mehr ertragen, so daß in der neuesten Zeit ein Family-Shakespeare ein gefühltes Bedürfnis wird."
Sonntag, 4. September 2022
Samstag, 3. September 2022
Freitag, 2. September 2022
Einen
guten Gedanken, den wir gelesen, etwas Auffallendes, das wir gehört, tragen wir
wohl in unser Tagebuch. Nähmen wir uns aber zugleich die Mühe, aus den Briefen
unserer Freunde eigentümliche Bemerkungen, originelle Ansichten, flüchtige
geistreiche Worte auszuzeichnen, so würden wir sehr reich werden. Briefe hebt
man auf, um sie nie wieder zu lesen; man zerstört sie zuletzt einmal aus
Diskretion, und so verschwindet der schönste, unmittelbarste Lebenshauch
unwiederbringlich für uns und andre. Ich nehme mir vor, dieses Versäumnis
wieder gut zu machen.
Dienstag, 30. August 2022
Donnerstag, 25. August 2022
Bertuch war, als die Genieperiode
grassirte, immer das Stichblatt des Spottes bey den Genies und dem Herzog, u.
hieß (...) der Spießbürger. An eben dem Abend, wo er seine Frau zuerst nach
Weimar in sein Logis gebracht hatte, erhielt er noch vom Herzog u. Göthe einen
Besuch. Der Herzog debütirte damit, daß er gehört habe, er habe sich verteufelt
spießbürgerisch eingerichtet, einen prächtigen Nachtstuhl machen lassen, und
triebe großen Luxus. Er müsse doch also sehen, was daran sey. Sogleich fielen
ihm ein paar neue schöne Spiegel ins Auge, die er mit seinem Hieber zertrümmern
wollte, sich aber doch, als Bertuch vorstellte, daß er sie auf des Herzogs
Unkosten noch einmal so kostbar anschaffen würde, zureden ließ, u. mit der
Aeuserung abstand, daß man die Spiegel um der Frau willen lassen müsse, damit
sich diese bespiegeln könne. Darauf hielt der Herzog Revision auf Bertuchs
Schreibepult, fand einen Roman von Göchhausen, mit dem er so gleich eine
Exekution vornahm, Blätter herausriß, u. herausbrannte, Taback hineinstreute,
u. so die Bescheerung der Fräulein v. Göchhausen versiegelt unter Bertuchs
Namen zuschickte. Endlich hieb u. stach er in die neuen Tapeten, weil dieß
verflucht spießbürgerisch sei, daß man die nackten Wände überkleistern wollte.
Die junge Ehefrau schlich sich, wie vom Donner gerührt, über diese Behandlung
davon. Bertuch verbiß seinen Aerger, ward aber einige Tage darauf
sterbenskrank. Als der Arzt von Todesgefahr sprach, kam der Herzog noch um
Mitternacht um gleichsam Abbitte zu thun, u. Göthe ging mit Thränen aus der
Kammer, u. drückte der tiefgekränkten Frau die hand mit den Worten: sie habe
einen harten Anfang.
Samstag, 20. August 2022
Lass
die beiden sich finden, beim ersten Nahen werden sie dunkel und mächtig ahnen,
was jedes für einen Inbegriff von Glückseligkeit in dem andern ergreift, werden
nimmer voneinander lassen. Und dann lall er ahnend und hoffend und genießend:
Mittwoch, 17. August 2022
Abends sitzt er in einer wohlgeheizten Stube, eine weisse Fuhrmannsmütze
auf dem Kopf, ein Moltumjäckchen und lange Flauschpantalons an, in nieder
getretenen Pantoffeln und herabhängenden Strümpfen im Lehnstuhl, während sein
kleiner Junge auf seinen Knieen schaukelt. In einem Winkel sitzt
stillschweigend und meditierend der Maler Meyer, auf der anderen
Seite die Donna Vulpia mit dem Strickstrumpf. Dies ist die
Familiengruppe.
Merck
war mit Goethen schon früh Kumpan und Lebebruder gewesen, ohngeachtet er etwa 6
Jahre älter war. Er hatte einst seine Frau in flagranti mit einem Liebhaber
ergriffen, und zweifelte daher an der Echtheit seiner Kinder. Weil er sich nun
selbst aktäonisiert wußte, bezweifelte er auch die Treue der übrigen Weiber, und
streuete überall, wo er Eheglück fand, Samen der Zwietracht aus. Überhaupt fand
er eine teuflische Lust darinnen, Leute, die sich glücklich fühlten, auf die
linke Seite aufmerksam zu machen, und ihr Glück zu stören. Ihn hat daher auch
Goethe zum Original des Mephistopheles in seinem Faust (dies ist Goethe selbst)
genommen, und mehrere Szenen sind Anspielungen auf wirkliche Begebenheiten, die
er mit Merck erlebt hatte, z.B. die Szene in Auerbachs Hof und das Liedchen vom
Stroh. Schade nur, dass dieser Faust, so wie wir ihn jetzt in seinen Werken
haben, ein aus frühern und spätern Arbeiten zusammengeflicktes Lappenwerk ist
(so wie auch der Wilhelm Meister), und dass die interessantesten Wollustszenen
(z.B. im Gefängnisse, wo Faust so wütend wird, dass er selbst den
Mephistopheles erschreckt) unterdrückt worden sind.
Mittwoch, 10. August 2022
Bonstetten ist ein Mann, der von Voltaire und Rousseau herauf bis zu der Frau v. Staël und Lord Byron mit aller Literatur des Jahrhunderts gelebt hat. Er besitzt eine grenzenlose Erfahrung und eine besondere Gabe, die Eigenheiten verschiedener Personen durch die feinsten und schärfsten Andeutungen einem anderen zu überliefern und anschaulich zu machen.
Dienstag, 9. August 2022
Montag, 8. August 2022
Sonntag, 31. Juli 2022
Freitag, 29. Juli 2022
Er trat ins Zimmer, und seine Augen begegneten sogleich den Augen der Gräfin, die auf ihn gerichtet waren. Philine zog ihn zu der Dame, indes der Graf sich mit den übrigen beschäftigte. Wilhelm neigte sich und gab auf verschiedene Fragen, welche die reizende Dame an ihn tat, nicht ohne Verwirrung Antwort. Ihre Schönheit, Jugend, Anmut, Zierlichkeit und feines Betragen machten den angenehmsten Eindruck auf ihn, um so mehr, da ihre Reden und Gebärden mit einer gewissen Schamhaftigkeit, ja man dürfte sagen Verlegenheit begleitet waren.
Freitag, 22. Juli 2022
Die Zerstreuungen der Jugend, da meine
Gespannschaft sich zu vermehren anfing, taten dem einsamen, stillen Vergnügen
Eintrag. Ich war wechselsweise bald Jäger, bald Soldat, bald Reiter, wie es
unsre Spiele mit sich brachten; doch hatte ich immer darin einen kleinen Vorzug
vor den andern, dass ich imstande war, ihnen die nötigen Gerätschaften
schicklich auszubilden. So waren die Schwerter meistens aus meiner Fabrik; ich
verzierte und vergoldete die Schlitten, und ein geheimer Instinkt ließ mich
nicht ruhen, bis ich unsre Miliz ins Antike umgeschaffen hatte. Helme wurden
verfertiget, mit papiernen Büschen geschmückt, Schilde, sogar Harnische wurden
gemacht, Arbeiten, bei denen die Bedienten im Hause, die etwa Schneider waren,
und die Nähterinnen manche Nadel zerbrachen.
Samstag, 16. Juli 2022
Einen Teil meiner jungen Gesellen sah ich
nun wohl gerüstet; die übrigen wurden auch nach und nach, doch geringer,
ausstaffiert, und es kam ein stattliches Korps zusammen. Wir marschierten in
Höfen und Gärten, schlugen uns brav auf die Schilde und auf die Köpfe; es gab
manche Misshelligkeit, die aber bald beigelegt war.
Dieses Spiel, das die andern sehr
unterhielt, war kaum etliche Mal getrieben worden, als es mich schon nicht mehr
befriedigte. Der Anblick so vieler gerüsteten Gestalten musste in mir notwendig
die Ritterideen aufreizen, die seit einiger Zeit, da ich in das Lesen alter
Romane gefallen war, meinen Kopf anfüllten.
Samstag, 2. Juli 2022
Das befreite Jerusalem, davon mir Koppens
Übersetzung in die Hände fiel, gab meinen herumschweifenden Gedanken endlich
eine bestimmte Richtung. Ganz konnte ich zwar das Gedicht nicht lesen; es waren
aber Stellen, die ich auswendig wusste, deren Bilder mich umschwebten.
Besonders fesselte mich Chlorinde mit ihrem ganzen Tun und Lassen. Die
Mannweiblichkeit, die ruhige Fülle ihres Daseins taten mehr Wirkung auf den
Geist, der sich zu entwickeln anfing, als die gemachten Reize Armidens, ob ich
gleich ihren Garten nicht verachtete.
Aber hundert und hundert Mal, wenn ich abends auf dem Altan, der zwischen den Giebeln des Hauses angebracht ist, spazierte, über die Gegend hinsah und von der hinab gewichenen Sonne ein zitternder Schein am Horizont heraufdämmerte, die Sterne hervortraten, aus allen Winkeln und Tiefen die Nacht hervordrang und der klingende Ton der Grillen durch die feierliche Stille schrillte, sagte ich mir die Geschichte des traurigen Zweikampfs zwischen Tankred und Chlorinden vor.
Dienstag, 21. Juni 2022
Mittwoch, 8. Juni 2022
Dienstag, 31. Mai 2022
Sehr
merkwürdig ist mir aufgefallen wie es eigentlich mit dem Publico einer großen
Stadt beschaffen ist. Es lebt in einem beständigen Taumel von Erwerben und
Verzehren, und das was wir Stimmung nennen, läßt sich weder hervorbringen noch
mittheilen. Alle Vergnügungen , selbst das Theater, sollen nur zerstreuen und
die große Neigung des lesenden Publicums zu Journalen und Romanen entsteht eben
daher, weil jene immer und diese meist Zerstreuung in die Zerstreuung bringen.
Ich glaube sogar eine Art von Scheu gegen poetische Productionen, oder wenigstens in so fern sie poetisch sind, bemerkt zu haben, die mir aus eben diesen Ursachen ganz natürlich vorkommt. Die Poesie verlangt, ja sie gebietet Sammlung, sie isolirt den Menschen wider seinen Willen, sie drängt sich wiederholt auf und ist in der breiten Welt (um nicht zu sagen in der großen) so unbequem wie eine treue Liebhaberin.
Montag, 30. Mai 2022
Ich gewöhne mich nun alles wie mir die Gegenstände vorkommen und was ich über sie denke aufzuschreiben, ohne die genauste Beobachtung und das reifste Urtheil von mir zu fordern, oder auch an einen künftigen Gebrauch zu denken. Wenn man den Weg einmal ganz zurückgelegt hat, so kann man mit besserer Uebersicht das vorräthige immer wieder als Stoff gebrauchen.
Samstag, 28. Mai 2022
Schmidt
von Friedberg ist bei mir gewesen; es war keine unangenehme aber auch keine
wohlthätige Erscheinung, Im ganzen ein hübscher junger Mensch, ein kleiner Kopf
auf mäßigen Schultern, treffliche Schenkel und Füße, knapp, reinlich, anständig
nach hiesiger Art gekleidet. Die Gesichtszüge klein und eng beisammen, kleine,
schwarze Augen, schwarze Haare nahe am Kopf sanscülottisch abgeschnitten. Aber
um die Stirne schmiedete ihm ein ehernes Band der Vater der Götter. Mit dem
Munde machte er wunderliche Verzerrungen als wenn er dem, was er sagte noch
einen gewissen eigenthümlichen Ausdruck geben wollte. Er ist der Sohn eines
wohlhabenden Kaufmanns, der ihn zum Prediger bestimmte, dadurch ist der Mensch
ganz aus seinem Wege gerückt worden. Ich glaube daß er, zu einem beschränkten
Handel und Lebenswandel angeführt, recht gut gewesen wäre, da er Energie und
eine gewisse Innigkeit zu haben scheint; unter einer Nationalgarde sähe ich ihn
am allerliebsten. Die Folge mag es zeigen, aber ich fürchte es ist nicht viel
Freude an ihm zu erleben. Voraus also gesetzt daß es kein gedrückter Mensch
ist, sondern einer der, nach seiner Aussage, seiner Gestalt, seiner Kleidung in
mäßigem Wohlbehagen lebt, so ist es ein böses Zeichen daß sich keine Spur von
Streben, Liberalität, Liebe, Zutrauen an ihm offenbart. Er stellte sich mir in
dem philisterhaften Egoismus eines Exstudenten dar. Dabei aber auch keine Spur
von Rohheit, nichts schiefes in seinem Betragen außer der Mundverzerrung.
Ich
nahm zur Base meiner Behandlung daß Sie ihn an mich schicken, und setzte also
in diesem Sinne vieles voraus, aber es hat doch auch gar nichts allgemeines
noch besonderes angeklungen, auch nichts über Reinhold und Fichte, die er doch
beide gehört hat. Ueberhaupt konnte ich nichts bedeutendes von ihm herauslocken
als daß er, seit einem Jahre, gewisse besondere Ansichten der Welt gewonnen
habe, wodurch er sich zur Poesie geneigt fühle (das denn ganz gut sein möchte),
daß er aber auch überzeugt sei, nur in einer gewissen Verbindung der
Philosophie und Poesie bestehe die wahre Bildung. Wogegen ich nichts zu sagen
habe, wenn ich es nur nicht von einem jungen Menschen hören müßte. Uebrigens
ging er weg wie er gekommen war, ehe doch auch nur irgend ein Gespräch sich
eingeleitet hatte, und war mir für diesen kurzen Moment bedeutend genug. Der
zurückgezognen Art nach erinnerte er mich an Hölderlin, ob er gleich größer und
besser gebildet ist; sobald ich diesen gesehen habe, werde ich mit einer nähern
Parallele aufwarten. Da auf meinem Lebensgange besonders in früheren Zeiten mir
mehrere Naturen dieser Art begegnet sind und ich erfahren habe wo es eigentlich
mit ihnen hinausgeht, so will ich noch ein allgemeines Wort hinzufügen:
Menschen, die aus dem Kaufmannsstamm zur Literatur und besonders zur Poesie
übergehen, haben und behalten eine eigne Tournüre. Es läßt sich an einigen ein
gewisser Ernst und Innigkeit bemerken, ein gewisses Haften und Festhalten, bei
andern ein lebhaftes thätiges Bemühen; allein sie scheinen mir keiner Erhebung
fähig, so wenig als des Begriffs, worauf es eigentlich ankommt. Vielleicht thue
ich dieser Kaste unrecht und es sind viele aus andern Stämmen, denen es nicht
besser geht. Denken Sie einmal Ihre Erfahrung durch, es finden sich
wahrscheinlich auch Ausnahmen.
Mittwoch, 25. Mai 2022
Aber gerade, daß er so lange in diesen höhern Regionen zu verweilen das Glück hatte, daß er alles, was er dachte, fühlte, in sich bildete, träumte, wähnte, lange Zeit für die vollkommenste Wirklichkeit halten durfte, eben dieses verbitterte ihm die Frucht, die er von dem Baum des Erkenntnisses zu pflücken endlich genötigt ward.
Wer kann dem Konflikt mit der Außenwelt entgehen: Auch unser Freund wird in diesen Streit hineingezogen; ungern läßt er sich durch Erfahrung und Leben widersprechen, und da ihm nach langem Sträuben nicht gelingen will, jene herrlichen Gestalten mit denen der gemeinen Welt, jenes hohe Wollen mit den Bedürfnissen des Tags zu vereinigen, entschließt er sich, das Wirkliche für das Notwendige gelten zu lassen, und erklärt das ihm bisher Wahrgeschienene für Phantasterei.
Aber sogleich überfällt ihn die Sorge, er möge zu weit gehen, er möge selbst phantastisch handeln; und nun beginnt er zugleich einen Kampf gegen die gemeine Wirklichkeit. Er lehnt sich auf gegen alles, was wir unter dem Wort Philisterei zu begreifen gewohnt sind, gegen stockende Pedanterei, kleinstädtisches Wesen, kümmerliche äußere Sitte, beschränkte Kritik, falsche Sprödigkeit, platte Behaglichkeit, anmaßliche Würde, und wie diese Ungeister, deren Name Legion ist, nur alle zu bezeichnen sein mögen.
Donnerstag, 12. Mai 2022
Dienstag, 10. Mai 2022
Schon früher hatte unser Freund wegen größerer und kleinerer Schriften gar manche Anfechtung leiden müssen; um so weniger konnte es ihm, als Herausgeber einer Zeitschrift, an literarischen Fehden ermangeln. Aber auch hier beweist er sich als immer derselbe. Ein solcher Federkrieg darf ihm niemals lange dauern, und wie sichs einigermaßen in die Länge ziehen will, so läßt er dem Gegner das letzte Wort und geht seines gewohnten Pfades.
Wird es unsern verehrten Meistern gefallen, mit diesem Aufsatz in ihre Lade alles dasjenige niederzulegen, was öffentlich über unsern Freund erscheinen wird, noch mehr aber dasjenige, was unsere Brüder, auf die er am meisten und am eigensten gewirkt, welche eines ununterbrochenen nähern Umgangs mit ihm genossen, vertraulich äußern und mitteilen möchten, so würde hiedurch ein Schatz von Tatsachen, Nachrichten und Urteilen gesammelt, welcher wohl einzig in seiner Art sein dürfte und woraus denn unsere Nachkommen schöpfen könnten, um mit standhafter Neigung ein so würdiges Andenken immerfort zu beschützen, zu erhalten und zu verklären.
Leuchsenrings Schatullen enthielten in diesem Sinn manche Schätze. Die Briefe einer Julie Bondeli wurden sehr hoch geachtet; sie war als Frauenzimmer von Sinn und Verdienst und als Rousseaus Freundin, berühmt. Wer mit diesem außerordentlichen Mann nur irgend in Verhältnis gestanden hatte, genoss teil an der Glorie, die von ihm ausging, und in seinem Namen war eine stille Gemeinde weit und breit ausgesät.
Samstag, 30. April 2022
Heute
mit Goethe zu Tisch erzählte er mir zunächst, daß er den ›Ivanhoe‹ lese.
»Walter Scott ist ein großes Talent,« sagte er, »das nicht seinesgleichen hat,
und man darf sich billig nicht verwundern, daß er auf die ganze Lesewelt so
außerordentliche Wirkungen hervorbringt. Er gibt mir viel zu denken, und ich
entdecke in ihm eine ganze neue Kunst, die ihre eigenen Gesetze hat.«
Mittwoch, 20. April 2022
Ihro Majestät der König von Württemberg beehren mich in Begleitung unserer jungen Herrschaften mit Ihro Gegenwart.
Sonntag, 10. April 2022
In Deutschland versank die Sache immer mehr ins Jammervolle. Die Physiko-Mathematiker hatten unter sich ausgemacht, dass meine Farbenlehre ein grosser Irrtum sei, und es waren wirklich deshalb ganz präsentable Phrasen kurrent geworden. Bedeutende Personen, welche sich bei Männern von Fach danach erkundigten, ward mit Zuversicht ausdrücklich erwidert: es sei nicht das erste Mal, dass jemand, bei sonst guten Einsichten und vorzüglichen Eigenschaften, durch eine fixe Idee zum partiellen Wahnsinn könne verführt werden.
Donnerstag, 24. März 2022
Die
größten Qualen, so wie die meisten, welchen der Mensch ausgesetzt sein kann, entspringen
aus den einem Jeden inwohnenden Mißverhältnissen zwischen Sollen und Wollen,
sodann aber zwischen Sollen und Vollbringen, Wollen und Vollbringen, und diese
sind es, die ihn auf seinem Lebensgange so oft in Verlegenheit setzen. Die
geringste Verlegenheit, die aus einem leichten Irrtum, der unerwartet und
schadlos gelöst werden kann, entspringt, gibt die Anlage zu lächerlichen
Situationen. Die höchste Verlegenheit hingegen, unauflöslich oder unaufgelöst,
bringt uns die tragischen Momente dar.
Das
Sollen wird dem Menschen auferlegt, das Muß ist eine harte Nuß; das Wollen legt
der Mensch sich selbst auf, des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Ein
beharrendes Sollen ist lästig, Unvermögen des Vollbringens fürchterlich, ein
beharrliches Wollen erfreulich, und bei einem festen Willen kann man sich sogar
über das Unvermögen des Vollbringens getröstet sehen.
Aber alles Sollen ist despotisch. Es gehöre der Vernunft an: wie das Sitten- und Stadtgesetz; oder der Natur: wie die Gesetze des Werdens, Wachsens und Vergehens, des Lebens und Todes. Vor allem diesem schaudern wir, ohne zu bedenken, daß das Wohl des Ganzen dadurch bezielt sei. Das Wollen hingegen ist frei, scheint frei und begünstigt den Einzelnen. Daher ist das Wollen schmeichlerisch, und mußte sich der Menschen bemächtigen, sobald sie es kennen lernten. Es ist der Gott der neuen Zeit; ihm hingegeben, fürchten wir uns vor dem Entgegengesetzten, und hier liegt der Grund, warum unsre Kunst, so wie unsre Sinnesart, von der antiken ewig getrennt bleibt. Durch das Sollen wird die Tragödie groß und stark, durch das Wollen schwach und klein. Auf dem letzten Wege ist das sogenannte Drama entstanden, in dem man das ungeheure Sollen durch ein Wollen auflöste; aber eben weil dieses unsrer Schwachheit zu Hülfe kommt, so fühlen wir uns gerührt, wenn wir nach peinlicher Erwartung zuletzt noch kümmerlich getröstet werden.
Sonntag, 27. Februar 2022
Überhaupt muß ich nun versuchen, Tag für
Tag, Stunde für Stunde zu seyn, was noch zu leisten ist, um das Gegründete rein
aufzurichten und praktisch zu befestigen. Es gibt sehr vorzügliche junge Leute,
aber die Hansnarren wollen alle von vornen anfangen und unabhängig,
selbstständig, original, eigenmächtig, uneingreifend, gerade vor sich hin, und
wie man die Thorheiten alle nennen möchte, wirken und dem Unerreichbaren genug
thun. Ich sehe diesem Gange seit 1789 zu und weiß, was hätte geschehen können,
wenn irgend einer rein eingegriffen und nicht jeder ein Peculium für sich
vorbehalten hätte. Mir ziemt jetzt 1829 über das Vorliegende klar zu werden, es
vielleicht auszusprechen; und wenn mir das auch gelingt, wird's doch nichts
helfen, denn das Wahre ist einfach und gibt wenig zu thun, das Falsche gibt
Gelegenheit, Zeit und Kräfte zu zersplittern.
Mittwoch, 23. Februar 2022
An Zelter. - Doch will ich hier, obgleich
zu Ende eilend, nicht schließen ohne zu bemerken, daß mein Aufenthalt auch
dadurch angenehm ist daß ich zwar vor jedem An- und Überlauf sicher bin, die
jenaischen Freunde aber bey sehr gutem Weg nur ein Stündchen hierher haben, da
sie sich denn mit einer leichten Erfrischung begnügend nach angenehmer
Unterhaltung wieder zurückbegeben. Auch von Weimar aus sind sie schon früh
ausgefahren, haben den Mittag froh bey mir zugebracht und Abends wieder
zurückgekehrt; man braucht immer vier Stunden zur Fahrt.
Das klingt ja ganz bequem und behaglich! wirst du sagen, und das wär es auch, erschiene nicht sogleich im Hintergrunde der düstere Katafalk, der alle jene Betrachtungen aufregt die der Mensch in heiterer Stunde mit Recht beseitigt. Das Menschen- und Weltwesen dreht sich um einen herum daß man schwindlig werden möchte.
Freitag, 11. Februar 2022
Donnerstag, 3. Februar 2022
Montag, 31. Januar 2022
Mittwoch, 26. Januar 2022
Montag, 24. Januar 2022
In jedem Kleide werd' ich wohl die Pein
Des engen
Erdelebens fühlen.
Ich bin zu alt, um
nur zu spielen,
Zu jung, um ohne
Wunsch zu sein.
Was kann die Welt
mir wohl gewähren?
Entbehren sollst
du! sollst entbehren!
Das ist der ewige
Gesang,
Der jedem an die
Ohren klingt,
Den, unser ganzes
Leben lang,
Uns heiser jede
Stunde singt.
Nur mit Entsetzen
wach' ich morgens auf,
Ich möchte bittre
Tränen weinen,
Den Tag zu sehn,
der mir in seinem Lauf
Nicht Einen Wunsch
erfüllen wird, nicht Einen,
Der selbst die
Ahnung jeder Lust
Mit eigensinnigem
Krittel mindert,
Die Schöpfung
meiner regen Brust
Mit tausend
Lebensfratzen hindert.
Auch muß ich, wenn
die Nacht sich niedersenkt,
Mich ängstlich auf
das Lager strecken;
Auch da wird keine
Rast geschenkt,
Mich werden wilde
Träume schrecken.
Der Gott, der mir
im Busen wohnt,
Kann tief mein
Innerstes erregen;
Der über allen
meinen Kräften thront,
Er kann nach außen
nichts bewegen;
Und so ist mir das
Dasein eine Last,
Der Tod erwünscht,
das Leben mir verhaßt.
Wie wäre es denn, wenn wir dem Teufel einräumten, dass er den Begriff des Guten nicht dem göttlichen Wertsystem entnimmt, sondern seiner eigenen Wertskala, die der göttlichen radikal entgegengesetzt ist? Dann freilich würde offenbar, was Mephisto meint, wenn er sich einen Teil der Kraft nennt, die stets das „Gute“ schafft. Das Gute wäre dann ein Gutes vom Teufel her gesehen, und von ihm, so hofft er, auch bewirkbar. (Oskar Seidlin)