Schmidt
von Friedberg ist bei mir gewesen; es war keine unangenehme aber auch keine
wohlthätige Erscheinung, Im ganzen ein hübscher junger Mensch, ein kleiner Kopf
auf mäßigen Schultern, treffliche Schenkel und Füße, knapp, reinlich, anständig
nach hiesiger Art gekleidet. Die Gesichtszüge klein und eng beisammen, kleine,
schwarze Augen, schwarze Haare nahe am Kopf sanscülottisch abgeschnitten. Aber
um die Stirne schmiedete ihm ein ehernes Band der Vater der Götter. Mit dem
Munde machte er wunderliche Verzerrungen als wenn er dem, was er sagte noch
einen gewissen eigenthümlichen Ausdruck geben wollte. Er ist der Sohn eines
wohlhabenden Kaufmanns, der ihn zum Prediger bestimmte, dadurch ist der Mensch
ganz aus seinem Wege gerückt worden. Ich glaube daß er, zu einem beschränkten
Handel und Lebenswandel angeführt, recht gut gewesen wäre, da er Energie und
eine gewisse Innigkeit zu haben scheint; unter einer Nationalgarde sähe ich ihn
am allerliebsten. Die Folge mag es zeigen, aber ich fürchte es ist nicht viel
Freude an ihm zu erleben. Voraus also gesetzt daß es kein gedrückter Mensch
ist, sondern einer der, nach seiner Aussage, seiner Gestalt, seiner Kleidung in
mäßigem Wohlbehagen lebt, so ist es ein böses Zeichen daß sich keine Spur von
Streben, Liberalität, Liebe, Zutrauen an ihm offenbart. Er stellte sich mir in
dem philisterhaften Egoismus eines Exstudenten dar. Dabei aber auch keine Spur
von Rohheit, nichts schiefes in seinem Betragen außer der Mundverzerrung.
Samstag, 28. Mai 2022
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen