»Wollen
wir uns einmal auf Vermuthungen einlassen,« setzte Goethe hierauf seine
Betrachtungen weiter fort, »so sehe ich wirklich nicht ab, was die Monade,
welcher wir Wieland's Erscheinung auf unserm Planeten verdanken, abhalten
sollte, in ihrem neuen Zustande die höchsten Verbindungen dieses Weltalls
einzugehen. Durch ihren Fleiß, durch ihren Eifer, durch ihren Geist, womit sie
so viele weltgeschichtliche Zustände in sich aufnahm, ist sie zu allem
berechtigt. Ich würde mich so wenig wundern, daß ich es sogar meinen Ansichten
völlig gemäß finden müßte, wenn ich einst diesem Wieland als einer Weltmonade,
als einem Stern erster Größe, nach Jahrtausenden wieder begegnete und sähe und
Zeuge davon wäre, wie er mit seinem lieblichen Lichte alles, was ihm irgend
nahe käme, erquickte und aufheiterte. Wahrlich, das nebelartige Wesen irgend
eines Kometen in Licht und Klarheit zu verfassen, das wäre wohl für die Monas
unsers Wieland's eine erfreuliche Aufgabe zu nennen, wie denn überhaupt, sobald
man die Ewigkeit dieses Weltzustandes denkt, sich für Monaden durchaus keine
andre Bestimmung annehmen läßt, als daß sie ewig auch ihrerseits an den Freuden
der Götter als selig mitschaffende Kräfte Theil nehmen. Das Werden der
Schöpfung ist ihnen anvertraut. Gerufen oder ungerufen, sie kommen von selbst
auf allen Wegen, von allen Bergen, aus allen Meeren, von allen Sternen; wer mag
sie aufhalten? Ich bin gewiß, wie Sie mich hier sehen, schon tausendmal
dagewesen und hoffe wohl noch tausendmal wiederzukommen.« – »Um Verzeihung,«
fiel ich ihm hier ins Wort: »ich weiß nicht, ob ich eine Wiederkunft ohne
Bewußtsein eine Wiederkunft nennen möchte! Denn wieder kommt nur derjenige,
welcher weiß, daß er zuvor dagewesen ist. Auch Ihnen sind bei Betrachtungen der
Natur glänzende Erinnerungen und Lichtpunkte aus Weltzuständen aufgegangen, bei
welchen Ihre Monas vielleicht selbstthätig zugegen war; aber alles dieses steht
doch nur auf einem Vielleicht; ich wollte doch lieber, daß wir über so wichtige
Dinge eine größere Gewißheit zu erlangen imstande wären, als die wir uns durch
Ahnungen und jene Blitze des Genius verschaffen, welche zuweilen den dunkeln
Abgrund der Schöpfung erleuchten. Sollten wir unserm Ziele nicht näher gelangen,
wenn wir eine liebende Hauptmonas im Mittelpunkte der Schöpfung voraussetzten,
die sich aller untergeordneten Monaden dieses ganzen Weltalls auf dieselbe Art
und Weise bediente, wie sich unsre Seele der ihr zum Dienste untergebenen
geringern Monaden bedient?«
Donnerstag, 21. Januar 2021
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