Donnerstag, 1. Dezember 2016


Die vierte Classe ist (wie ich befürchte) viel weniger zahlreich als die vorige; und nun werden wir gleich errathen, daß sie die beste ist. Sie ist in der That die wahre Zierde der Erde, und wenn noch etwas auf derselben ist, das englische Blicke herabholen kann, so ist es das Leben dieser liebenswürdigen Menschen, welchen die Natur eine glückliche Anlage zu einer harmonischen Gemüthsart, eine feine Empfindung des Schönen und edle Neigungen zum Guten verliehen hat. Ohne einige Fähigkeiten in einem außerordentlichen Grad zu haben, sind sie scharfsichtig genug, das Wahre von dem Schein zu unterscheiden und durch die Verblendungen der Einbildungskraft, der Leidenschaft und Gewohnheit hindurchzudringen. Die Tugend scheint ein vorzügliches Recht an ihre Herzen zu haben. Sie verachten die Niederträchtigkeit der Seele, die nur sich selbst liebt. Ihre Freude ist Gutes thun. Die Neigung zum Vergnügen mag wohl hauptsächlich ihre Jugend beleben, sie wird aber von einer gleich starken Liebe zur Ehre bewacht, und beide leiten sie nach und nach zu den reinern Quellen der Tugend. Sie können irren, sie  können durch eine unvorsichtige Neigung geblendet oder auf Seitenwege gelockt werden. Aber ihr Herz ist keiner Bosheit, keiner Tücke, keines Neides, keiner Niederträchtigkeit fähig; ihr offner Verstand, die Güte ihres Gemüths, ihre Redlichkeit gegen sich selbst lassen sie nie weit verirren, bringen sie bald wieder zurück und befördern sie immer weiter. Diese allein sind zur Freundschaft und wahren Zärtlichkeit recht aufgelegt. Für sie ist die Natur schön, für sie sind so viel feine und beglückende Freuden in den Verbindungen der Gesellschaft. Sie genießen der Welt mit Vernunft, aber sie sind nicht an sie gefesselt. – Wenn es wahr ist, daß lebende Beispiele und redende Gemälde der Tugend mehr nutzen als moralische oder metaphysische Dissertationen, so trägt gewiß diese kleine Anzahl von thätigen Weisen, beiderlei Geschlechts, mehr zum wahren Vortheil der Menschen bei, als die ganze unabsehbare Welt der speculativen Gelehrten.

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