Und nun zuletzt noch das Wichtigste auszusprechen: wenn wir auch unserm äußern und innern Zustande nach das allenfalls abwarten könnten, was soll aus Ottilien werden, die unser Haus verlassen, in der Gesellschaft unserer Vorsorge entbehren und sich in der verruchten, kalten Welt jämmerlich herumdrücken müßte!
Mittwoch, 20. September 2023
Dienstag, 19. September 2023
»Wie
verblendet müssen sie sein«, rief er aus, als an einem Nachmittage das Gespräch
sehr lebhaft zu werden anfing, »wenn sie wähnen, daß eine ungeheure Nation, die
mit sich selbst in der größten Verwirrung kämpft und auch in ruhigen
Augenblicken nichts als sich selbst zu schätzen weiß, auf sie mit einiger
Teilnehmung herunterblicken werde! Man wird sie als Werkzeuge betrachten, sie
eine Zeitlang gebrauchen und endlich wegwerfen oder wenigstens vernachlässigen.
Wie sehr irren sie sich, wenn sie glauben, daß sie jemals in die Zahl der
Franzosen aufgenommen werden könnten!
Jedem,
der mächtig und groß ist, erscheint nichts lächerlicher als ein Kleiner und
Schwacher, der in der Dunkelheit des Wahns, in der Unkenntnis seiner selbst,
seiner Kräfte und seines Verhältnisses sich jenem gleichzustellen dünkt. Und
glaubt ihr denn, daß die große Nation nach dem Glücke, das sie bisher begünstigt,
weniger stolz und übermütig sein werde als irgendein anderer königlicher
Sieger?
Wie
mancher, der jetzt als Munizipalbeamter mit der Schärpe herumläuft, wird die
Maskerade verwünschen, wenn er, nachdem er seine Landsleute in eine neue,
widerliche Form zu zwingen geholfen hat, zuletzt in dieser neuen Form von
denen, auf die er sein ganzes Vertrauen setzte, niedrig behandelt wird. Ja es
ist mir höchst wahrscheinlich, daß man bei der Übergabe der Stadt, die wohl
nicht lange verzögert werden kann, solche Leute den Unsrigen überliefert oder
überläßt. Mögen sie doch alsdann ihren Lohn dahinnehmen, mögen sie alsdann die
Züchtigung empfinden, die sie verdienen, ich mag sie so unparteiisch richten,
als ich kann.«
»Unparteiisch!«
rief Karl mit Heftigkeit aus; »wenn ich doch dies Wort nicht wieder sollte
aussprechen hören! Wie kann man diese Menschen so geradezu verdammen? Freilich
haben sie nicht ihre Jugend und ihr Leben zugebracht, in der hergebrachten Form
sich und andern begünstigten Menschen zu nützen! Freilich haben sie nicht die
wenigen wohnbaren Zimmer des alten Gebäudes besessen und sich darinne gepflegt;
vielmehr haben sie die Unbequemlichkeit der vernachlässigten Teile eures
Staatspalastes mehr empfunden, weil sie selbst ihre Tage kümmerlich und gedrückt
darin zubringen mußten; sie haben nicht, durch eine mechanisch erleichterte
Geschäftigkeit bestochen, dasjenige für gut angesehen, was sie einmal zu tun
gewohnt waren; freilich haben sie nur im stillen der Einseitigkeit, der
Unordnung, der Lässigkeit, der Ungeschicklichkeit zusehen können, womit eure
Staatsleute sich noch Ehrfurcht zu erwerben glauben; freilich haben sie nur
heimlich wünschen können, daß Mühe und Genuß gleicher ausgeteilt sein möchten!
Und wer wird leugnen, daß unter ihnen nicht wenigstens einige wohldenkende und
tüchtige Männer sich befinden, die, wenn sie auch in diesem Augenblicke das
Beste zu bewirken nicht imstande sind, doch durch ihre Vermittlung das Übel zu
lindern und ein künftiges Gutes vorzubereiten das Glück haben; und da man solche
darunter zählt, wer wird sie nicht bedauern, wenn der Augenblick naht, der sie
ihrer Hoffnungen vielleicht auf immer berauben soll!«
Montag, 18. September 2023
Sonntag, 10. September 2023
Freitag, 8. September 2023
In
Marienbad wurde auf Wunsch einer polnischen Gräfin Goethe ihr vorgestellt. Die
war entzückt, und schwärmte von seinen Tragödien. Die Tragödie „Athalie“
bezeichnete sie als grossartig. Goethe: „Auch ich schwärme für Tragödien. Aber
die ‚Athalie’ ist von Jean Racine.“
Die
Gräfin bemerkte darauf, sie habe sich geirrt, sie meinte sein Drama „Don Juan“.
Das war aber auch nicht von ihm. Goethe hatte genug von den Verwechslungen und
sagte, es sei Zeit für sie, in den Ballsaal zu gehen. Dann entfernte sich
Goethe wortlos.
Später
erzählet die Gräfin: „Goethe, grossartiger Dichter, aber unhöflich!“
Sonntag, 3. September 2023
Es
trafen sich immer viele Leute im Haus von Goethe. Bei den Gesprächen standen
oft Gegenstände der Kunst und Wissenschaft im Vordergrund. Goethe war sehr
ungehalten, wenn Klatscherei verbreitet wurde. Bei einer solchen Gelegenheit
konnte er sehr derb werden und rief mit nachdrücklicher Stimme: „Euren Schmutz
kehrt bei euch zusammen, aber bringt ihn nicht mir ins Haus.“