Was
aber den fühlenden Jüngling am meisten ängstigt, ist die unaufhaltsame
Wiederkehr unserer Fehler: denn wie spät lernen wir einsehen, daß wir, indem
wir unsere Tugenden ausbilden, unsere Fehler zugleich mit anbauen. Jene ruhen
auf diesen wie auf ihrer Wurzel, und diese verzweigen sich insgeheim ebenso
stark und so mannigfaltig als jene im offenbaren Lichte. Weil wir nun unsere
Tugenden meist mit Willen und Bewußtsein ausüben, von unseren Fehlern aber
unbewußt überrascht werden, so machen uns jene selten einige Freude, diese
hingegen beständig Not und Qual. Hier liegt der schwerste Punkt der
Selbsterkenntnis, der sie beinah unmöglich macht. Denke man sich nun hiezu ein
siedend jugendliches Blut, eine durch einzelne Gegenstände leicht zu
paralysierende Einbildungskraft, hiezu die schwankenden Bewegungen des Tags,
und man wird ein ungeduldiges Streben, sich aus einer solchen Klemme zu
befreien nicht unnatürlich finden.
Samstag, 26. Juni 2021
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