Auch
mir war durch die Gunst hoher Gönner eine regelmäßige Mitteilung dieser Blätter
beschieden, die ich mit großem Bedacht eifrig zu studieren nicht unterließ. Nun
darf ich mir wohl nachrühmen, daß ich von jeher die Vorzüge der Menschen und
ihrer Produktionen willig anerkannt, geschätzt und bewundert, auch mich daran
dankbar auferbaut habe. Deshalb mußte mir in der Grimmischen Korrespondenz gar
bald auffallen, daß in Erzählung, Anekdote, Charakterschilderung, Darstellung,
Urteil durchaus mehr Tadel als Lob zu bemerken sei, mehr scheltende als ehrende
Terminologie vorzukommen pflege. Wohlgelaunt begann ich eines Tages, zum
Vorteil meiner Betrachtung und eigenen Unterrichts, jene sämtlichen Ausdrücke
auszuziehen, auch in späterer Zeit zu sondern und alphabetisch zu ordnen, halb
im Scherz, halb im Ernst, und so blieben sie viele Jahre bei mir liegen.
Samstag, 25. April 2015
Die
große Ordnung, auf die er streng hielt, das Planvolle in seinen Arbeiten war
ein ferneres wichtiges Mittel, wodurch er sich vor Zeitverlust schützte. Jahre
oder Jahrzehnte hindurch sammelte er Material für zukünftige Schriften. Als
Knebel über Lukrez schrieb, beklagte es Goethe, daß der alte Freund keine
Kollektionen, keine Akten darüber habe; darum sei es ihm schwer, produktiv und
positiv zu sein. "Da habe ich ganz anders gesammelt, Stöße von Exzerpten
und Notizen über jeden Lieblingsgegenstand!"
Für
jede Arbeit entwarf er ferner eine sorgfältige Disposition, überdachte die
Hauptteile und Unterabteilungen, sammelte dann für die einzelnen Kapitel
Tatsachen und Gedanken; so konnte er bald an diesem, bald an jenem Teile des
Werkes schreiben, je nachdem er aufgelegt war, und so kamen ihm seine Vorarbeiten
oft nach Jahrzehnten noch zugute.
»Es
giebt nur zwei Wege« – hörte ich ihn oftmals behaupten – »ein bedeutendes Ziel
zu erreichen und Großes zu leisten: Gewalt und Folge. Jene wird leicht verhaßt,
reizt zu Gegenwirkung auf und ist überhaupt nur wenigen Begünstigten verliehen;
Folge aber, beharrliche, strenge, kann auch vom Kleinsten angewendet werden und
wird selten ihr Ziel verfehlen, da ihre stille Macht im Laufe der Zeit
unaufhaltsam wächst. Wo ich nun nicht mit Folge wirken, fortgesetzt Einfluß
üben kann, ist es gerathener gar nicht wirken zu wollen, indem man außerdem nur
den natürlichen Entwickelungsgang der Dinge, der in sich selbst Heilmittel mit
sich führt, stört, ohne für die bessere Richtung Gewähr leisten zu können.«
Dienstag, 7. April 2015
Man muß sich über alles setzen, um nicht zermalmt zu
werden, und von der Höhe seiner Größe herab sich wohl vorstellen, daß die Menge
nur aus Unvernünftigen und Dummköpfen zusammengesetzt ist; man würde ihre Zahl
noch vermehren, wenn man nicht die Mißbräuche, wie sie die Dummheit besitzt
unter sich groß werden zu lassen, zum eignen Nutzen anwendete, da dann andere
von ihnen profitieren würden, wenn wir es nicht selbst täten.
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