Donnerstag, 31. Dezember 2015

... und die Szene Fausts mit Gretchen im Kerker erschütterte mich so sehr, dass ich trotz alles Schämens und mächtigen Bemühens (ich war nämlich in der Loge des Herrn Vogel) nicht imstande war, nicht nur die Tränen, sondern, was noch schlimmer war, ein lautes Schluchzen zurückzuhalten, was sich mir zum Ärger gewaltsam aus der Brust vordrängte. Frau Rosa hatte nichts Angelegentlicheres, als es bei der Soiree Goethe sogleich zu erzählen, was mir ein solches dankbares Anblicken und Lächeln und zuletzt ein Gespräch ... verschaffte ...   

Dienstag, 29. Dezember 2015

Alle Damen in glänzender Toilette, die Herren mit weissen Halsbinden, auf den Tischen grosse Buketts, überall festliche Kleidung und Drapierung. Goethe war als Sonne und Idol des Festes der Zentralpunkt, gegen den alles gravierte. Die Menge folgte ihm, bei seiner Annäherung verstummte das Gespräch und lauschte man nur auf seine Worte. Er beteilte damit, langsam den Salon umschreitend, wohlwollend alle.
„Ich weiss es aus eigener Erfahrung“, fügte er hinzu, „was es heisst, gegen den Strom zu schwimmen.“ „Auch wir wissen es“, antwortete Adam, „nach den Erfahrungen Ew. Exzellenz, wie grosse Genien beim Übergange durch sie die Strömung nach sich umlenken.“
Sein Leben in Weimar ist durchaus nicht, wie es sein sollte. Er bringt es fast immer auf dem kleinen hübschen Landhause im Park zu.

Montag, 7. Dezember 2015

Saint-Simon. – Welterlösung durch Wissenschaft, Technik und industrielle Revolution. Allgemeine Arbeitspflicht, Kritik des Müssiggangs und Ausschluss der vermeintlich Unproduktiven und Arbeitsscheuen aus der neuen Gesellschaft. Goethe stehen die Haare zu Berge, aber er studiert es.

Und euch betauen, ach!
Aus diesen Augen
Der ewig belebenden Liebe
Vollschwellende Tränen.
Der Mensch muss dem Zufall eine Form zu geben suchen.
Wirst du nicht immer zu dir sagen: ‘Natalie ist nicht da!’ und doch wird leider Natalie dir immer gegenwärtig sein. Schliessest du die Augen, so wird sie sich dir darstellen; öffnest du sie, so wird sie vor allen Gegenständen hinschweben wie die Erscheinung, die ein blendendes Bild im Auge zurücklässt.     

Dienstag, 1. Dezember 2015


Süße Sorgen.

Weichet, Sorgen, von mir! – Doch ach! den sterblichen Menschen
Lässet die Sorge nicht los, eh' ihn das Leben verläßt.
Soll es einmal dann sein, so kommt ihr, Sorgen der Liebe,
Treibt die Geschwister hinaus, nehmt und behauptet mein Herz!

Freitag, 20. November 2015

Wir haben ja schon verherrlicht, wir müssen es nicht mehr weiter tun.
„Fiktionen“ sind unsere stärkste Waffe gegen die elende Realität unserer Situation.

Dienstag, 10. November 2015

Merkwürdige Resultate eines stillen einsamen Denkens möcht ich wohl oft aufzeichnen, dann laß ich's wieder gut seyn. Mag doch am Ende jeder darauf kommen, wenn er in Verhältnisse tritt, wo er das Vernünftige nicht entbehren kann. 

Verzeih! aber wenn du gegenwärtig wärst, müßtest du noch mehr erdulden. Mit 82 Jahren nimmt man es wirklich ernster in sich und für sich selbst, indem man die liebe leidige Welt in ihrem vieltausendjährigen Narrenleben in Gottesnamen fortwandeln läßt. Es ist schrecklich, wie sich das ein- über das andere Mal wieder in seinen Irrthümern brüstet.

Sonntag, 1. November 2015

Mit Tages-, Wochen- und Monatsblättern bin ich außer aller Verbindung, und diese haben die böse Art, daß sie sehr oft die höchsten Worte, mit denen nur das Beste bezeichnet werden sollte, als Phrasen anwenden, um das Mittelmäßige oder wohl gar Geringe zu maskiren. In solcher Gesellschaft thut ein bestimmtes vernünftiges Wort nicht seine rechte Wirkung.
Lange bei Tisch.

Donnerstag, 29. Oktober 2015

Überdies waren die Äußerungen meiner Freunde keineswegs von schonender Art, und es wiederholte sich dem vieljährigen Autor die Erfahrung, daß man gerade von verschenkten Exemplaren Unlust und Verdruß zu erleben hat. Kommt jemandem ein Buch durch Zufall oder Empfehlung in die Hand, er liest es, kauft es auch wohl, überreicht ihm aber ein Freund, mit behaglicher Zuversicht, sein Werk, so scheint es, als sei es darauf abgesehen, ein Geistes-Übergewicht aufzudringen. Da tritt nun das radikale Böse in seiner häßlichsten Gestalt hervor, als Neid und Widerwille gegen frohe, eine Herzensangelegenheit vertrauende Personen. Mehrere Schriftsteller, die ich befragte, waren mit diesem Phänomen der unsittlichen Welt auch nicht unbekannt. 
Hätte sie Gedanken wie ich denke,
Hätte sie Gefühl wie ich empfinde,
Würde sie den Morgen nicht erwarten,
Würde schon in dieser Stunde kommen.
... ich bin wenigen Menschen mit einer derartigen geistigen Beweglichkeit begegnet.

Montag, 12. Oktober 2015

Verzeihen Sie wenn ich ein Bischen stumpf bin. Manchmal komm ich mir vor wie eine magische Auster über die seltsame Wellen weggehen. 
Schon hatte ich ein Promemoria verfaßt, Einleitung und Beystimmung war zugesagt, als mich glücklicher oder unglücklicher Weise ein Dämon beym Ärmel zupfte und mich bedenken ließ, daß es die Zeit nicht sey, sich in öffentliche Angelegenheiten zu mischen und daß man nur wohl lebe, indem man verborgen lebt. 

Freitag, 2. Oktober 2015

Aber jede Betrachtung bestärkt mich in jenem Entschluß: bloß auf Werke, sie seyen von welcher Art sie wollen, und deren Hervorbringung meinen Geist zu richten, und aller theoretischen Mittheilung zu entsagen. Die neusten Erfahrungen haben mich auf’s neue überzeugt: daß die Menschen statt jeder Art von ächter theoretischer Einsicht, nur Redensarten haben wollen, wodurch das Wesen was sie treiben zu etwas werden kann. Einige Fremde die unsere Sammlung besuchten, die Gegenwart unserer alten Freundin, und über alles das sich neu constituirende Liebhabertheater haben mir davon schreckliche Beispiele gegeben, und die Mauer, die ich schon um meine Existenz gezogen haben, soll nun noch ein Paar Schuhe höher aufgeführt werden.

Der Einsiedler in seiner Klause. – Goethe hüllt das Faustdrama am Ende seines Lebens in ein Geheimnis. Das Manuskript wird versiegelt, nur wenige Freunde erhalten verschlüsselte Nachrichten.

Soll ich fliehen? Soll ich’s fassen?
Nun gezweifelt ist genug.
Willst Du mich nicht glücklich lassen,
Sorge, nun so mach mich klug.

Sonntag, 27. September 2015

„Es geht mir schlecht“, sagte Goethe, „denn ich bin weder verliebt, noch ist jemand in mich verliebt.“
„Seht, lieben Kinder, was wäre ich denn, wenn ich nicht immer mit klugen Leuten umgegangen wäre und von ihnen gelernt hätte? Nicht aus Büchern, sondern durch lebendigen Ideentausch, durch heitre Geselligkeit müsst ihr lernen!“

Donnerstag, 17. September 2015


Und hätt er sich auch nicht dem Teufel übergeben,
Er müsste doch zugrunde gehen!

Ein Stündchen bei Goethe in allerlei Gesprächen.
„Ich hatte wirklich einmal den Wahn, als sei es möglich, ein deutsches Theater zu bilden. Ja ich hatte den Wahn, als könne ich selber dazu beitragen und als könne ich zu einem solchen Bau einige Grundsteine legen. Ich schrieb meine Iphigenie und meinen Tasso und dachte in kindischer Hoffnung, so würde es gehen. – Allein es regte sich nicht und rührte sich nicht und blieb alles wie zuvor. Hätte ich Wirkung gemacht und Beifall gefunden, so würde ich Euch ein ganzes Dutzend Stücke wie die Iphigenie und den Tasso geschrieben haben. An Stoff war kein Mangel. Allein, wie gesagt, es fehlten die Schauspieler, um dergleichen mit Geist und Leben darzustellen, und es fehlte das Publikum, dergleichen mit Empfindung zu hören und aufzunehmen.“ 

Trocknet nicht, trocknet nicht,
Tränen der ewigen Liebe!
Ach! nur dem halbgetrockneten Auge
Wie öde, wie tot die Welt ihm erscheint!
Trocknet nicht, trocknet nicht,
Tränen unglücklicher Liebe!

Samstag, 12. September 2015

„Sie wissen, ich bekümmere mich im ganzen wenig um das, was über mich geschrieben wird, aber es kommt mir doch zu Ohren, und ich weiß recht gut, daß, so sauer ich es mir auch mein lebelang habe werden lassen, all mein Wirken in den Augen gewisser Leute für nichts geachtet wird, eben weil ich verschmäht habe, mich in politische Parteiungen zu mengen. Um diesen Leuten recht zu sein, hätte ich müssen Mitglied eines Jakobinerklubs werden und Mord und Blutvergießen predigen! – Doch kein Wort mehr über diesen schlechten Gegenstand, damit ich nicht unvernünftig werde, indem ich das Unvernünftige bekämpfe.“    
Faust als Gestalt des modernen Bewusstseins. Faust ein Mythos der Moderne, in der frühmodernen Zeit entstanden. „Die Geschichte Fausts ist die Geschichte eines Menschen, der sich bewusst und mit Vorsatz von seiner Vergangenheit trennt, von allem, was er bisher gelernt hat.“       

Mein Gott, dem ich immer treu geblieben bin, hat mich reichlich gesegnet im Geheimen, denn mein Schicksal ist den Menschen ganz verborgen, sie können nichts davon sehen noch hören.

Donnerstag, 3. September 2015


Alle das Neigen
Von Herzen zu Herzen,
Ach wie so eigen
Schaffet das Schmerzen!

Seinen wirkungsmächtigsten Ausdruck gewinnt zu Goethes Lebzeiten das geschichtsphilosophische Selbstverständnis der Moderne in Hegels historischer Dialektik – weshalb es naheliegt, Goethes Bemerkung über das „närrisch Ding“ des modernen Zeiterlebens auf Hegels Prozessmodell der Geschichtsbewegung zu beziehen, in Hinsicht vor allem auf den Begriff der „Aufhebung“ im System der Hegelschen Dialektik. Hier gilt jede Gegenwart als Durchgangsstadium, das negierend aufzuheben ist im Prozess der Selbstentfaltung des Geistes, der identisch ist mit dem Prozess der Weltgeschichte.    
„Und überhaupt, was ist es und was soll es? – Gott hat sich nach den bekannten imaginierten sechs Schöpfungstagen keineswegs zur Ruhe begeben, vielmehr ist er noch fortwährend wirksam wie am ersten. Diese plumpe Welt aus einfachen Elementen zusammenzusetzen und sie jahraus jahrein in den Strahlen der Sonne rollen zu lassen, hätte ihm sicher wenig Spaß gemacht, wenn er nicht den Plan gehabt hätte, sich auf dieser materiellen Unterlage eine Pflanzschule für eine Welt von Geistern zu gründen. So ist er nun fortwährend in höheren Naturen wirksam, um die geringeren heranzuziehen.“ 

Schröders Antwort ist, wie es scheint, Ihnen sonderbarer als mir vorgekommen. Bey meinem radicalen Unglauben über die Menschen kommt mir so etwas ganz natürlich vor. Eben so möchte ich auch wegen der Aufnahme des Almanachs sagen: wer nicht wie jener unvernünftige Säemann im Evangelio den Saamen umherwerfen mag ohne zu fragen was davon und wo es aufgeht, der muß sich mit dem Publiko gar nicht abgeben. 

Freitag, 28. August 2015


Abends ein Stündchen bei Goethe in allerlei guten Gesprächen.

Wie soll ich fliehen?
Wälderwärts ziehen?

Montag, 17. August 2015

Die Menschen sind noch eben so absurd wie 1806, wo ich gar frömmlich aufgefordert wurde das Schauspiel abzudanken, nach welchem sie vier Wochen später jämmerlich lechzten, da ich nun die Bosheit hatte die Eröffnung noch vierzehn Tage aufzuschieben, bis sie mich unter Drohungen dazu nöthigten. Wir sind mit Asche genug bestreut, und brauchen nicht noch gar einen Sack überzuziehen.

Freitag, 14. August 2015

Freund Meyer, dessen Um- und Übersicht aus alter und neuen Zeit Sie in dem kühnen Aufsatze nicht verkennen werden, trägt mit mir diese Gesinnungen schon viele Jahre auf dem Herzen, und es schien gerade der rechte Augenblick, wo das Absurde sich selbst überbietet, wo alle echte Gleichzeitigen, besonders die Väter und Pfleger talentvoller, durch diesen Zeitwahnsinn verrückter Söhne, in Verzweiflung sind, mit historischem, billigem, das Talent würdigendem, die Abweichung scharf bezeichnendem Vortrag aufzutreten. Tausend und aber tausend Wohldenkende werden sich bestimmt schnell versammeln, der reine Menschen- und Kunstverstand wird laut werden, und wir kommen auch denen zu statten, die jetzt wider Willen dem Strom in den sie sich eingelassen haben gehorchen.
Die thüringischen alten Chroniken liest man hier recht an der Stelle; obgleich es immer schmerzhaft genug ist zu sehen wie das so schöne, über die Maßen frucht- und bewohnbare Land, mehrere Jahrhunderte durch, von Rohheit, Unverstand, Unzulänglichkeit und Verirrung aus das schrecklichste leiden mußte. Freylich giebt die übrige Welt in diesen Epochen auch keinen tröstlichen Anblick.
Hier aber ist der eigentlichste classische Boden grenzenloser Absurditäten jeder Art. Religiöse, revolutionäre, fürstliche, städtische, edelmännische; dahingegen hört man von tüchtigen Menschen meist nur insofern sie zu Grunde gehen.

Montag, 10. August 2015


Sorge! sie steiget mit dir zu Ross, sie steiget zu Schiffe;
Viel zudringlicher noch packet sich Amor uns auf.
Es war in dieser Komposition nichts, was ich nicht aus eignen Erfahrungen nach der Natur hätte ausmalen können. Selbst auf der Reise, selbst in Gefahr, Neigungen zu erregen, die, wenn sie auch kein tragisches Ende nehmen, doch schmerzlich genug, gefährlich und schädlich werden können; selbst in dem Fall, in einer so großen Entfernung von der Heimat abgelegne Gegenstände, Reiseabenteuer, Lebensvorfälle zu Unterhaltung der Gesellschaft mit lebhaften Farben auszumalen, von der Jugend für einen Halbgott, von gesetztern Personen für einen Aufschneider gehalten zu werden, manche unverdiente Gunst, manches unerwartete Hindernis zu erfahren; das alles gab mir ein solches Attachement an diesen Plan, an diesen Vorsatz, dass ich darüber meinen Aufenthalt zu Palermo, ja den größten Teil meiner übrigen sizilianischen Reise verträumte. Weshalb ich denn auch von allen Unbequemlichkeiten wenig empfand, da ich mich auf dem überklassischen Boden in einer poetischen Stimmung fühlte, in der ich das, was ich erfuhr, was ich sah, was ich bemerkte, was mir entgegenkam, alles auffassen und in einem erfreulichen Gefäß bewahren konnte.
Nach meiner löblichen oder unlöblichen Gewohnheit schrieb ich wenig oder nichts davon auf, arbeitete aber den größten Teil bis aufs letzte Detail im Geist durch, wo es denn, durch nachfolgende Zerstreuungen zurückgedrängt, liegen geblieben, bis ich gegenwärtig nur eine flüchtige Erinnerung davon zurückrufe.
Man sagt von den Blättern eines Baumes, dass deren kaum zwei vollkommen gleich befunden werden, und so möchten sich auch unter tausend Menschen kaum zwei finden, die in ihrer Gesinnungs- und Denkungsweise vollkommen harmonieren. 

Donnerstag, 30. Juli 2015


Fesselt dich die Jugendblüte,
Diese liebliche Gestalt,
Dieser Blick voll Treu und Güte,
Mit unendlicher Gewalt?

Ach! Ich liebte mich fast tot!

Freitag, 17. Juli 2015


Verzeihe! Es ist Sonntag morgens und von aussen beruhigt mich nichts; denn fast sind wir schon der neusten in der Volks- und Pöbelmasse aufgeregten Wildheiten gewohnt, auch Durchmärsche nehmen wir als bekannt an. Wundersam kommt mir freilich vor, dass sich nach vierzig Jahren der alte tumultarische Taumel wieder erinnert.
Das Pariser Erdbeben hat seine Erschütterungen durch Europa lebhaft verzweigt; ihr habt davon ja auch einen Fieberanstoss empfunden. Alle Klugheit der noch Bestehenden liegt darin, daß sie die einzelnen Paroxysmen unschädlich machen, und das beschäftigt mich dann auch an allen Orten und Enden. Kommen wir darüber hinaus, so ist’s wieder auf eine Weile ruhig. Mehr sag ich nicht. 

Dienstag, 14. Juli 2015

Ich kann dieses geradeheraus sagen, denn was geht es mich an, ich habe mich nicht gemacht.

Sonntag, 12. Juli 2015

Schiller hatte den guten Gedanken, ein eigenes Haus für die Tragödie zu bauen, auch jede Woche ein Stück bloss für Männer zu geben. Allein dies setzte eine sehr grosse Residenz voraus und war in unseren kleinen Verhältnissen nicht zu realisieren. 

Dabei ging seine Ordnungsliebe fast bis ins Unglaubliche. Nicht nur, daß alle eingegangenen Briefe und ebenso die Konzepte oder Kopien aller abgesendeten monatlich in gesonderte Bände geheftet und über einzelne Unternehmungen, z. B. selbst über jeden Maskenzug, den er anordnete, wieder eigene Aktenstücke gebildet wurden - er entwarf auch periodische Tabellen über die Ergebnisse seiner vielseitigen Tätigkeit, Studien und Fortschritte persönlicher oder innerer Verhältnisse, aus denen dann am Jahresschlusse wieder gedrängte Hauptübersichten zusammengestellt wurden.

Freitag, 10. Juli 2015

Wir brauchen mechanisch tätige Subalternen.

Dienstag, 7. Juli 2015


Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde
Und fort! wild wie ein Held zur Schlacht

Freitag, 26. Juni 2015


Welche Seligkeit ist’s! wir wechseln sichere Küsse,
Atem und Leben getrost saugen und flößen wir ein.
So erfreuen wir uns der langen Nächte, wir lauschen,
Busen an Busen gedrängt, Stürmen und Regen und Guss.
Die Gegenwart hat wirklich etwas Absurdes; man meint das wär’ es nun, man sehe, man fühle sich, darauf ruht man; was aber aus solchen Augenblicken zu gewinnen sei, darüber kommt man nicht zur Besinnung. Wir wollen uns hierüber so ausdrücken: der Abwesende ist die ideale Person; die Gegenwärtigen kommen sich einander ganz trivial vor. Es ist ein närrisch Ding, daß durchs Reale das Ideelle gleichsam aufgehoben wird, daher mag denn wohl kommen, daß den Modernen ihr Ideelles nur als Sehnsucht erscheint. 

Samstag, 6. Juni 2015

Zum Erstaunen bin ich da 

Verzeihen mir jedoch meine Freunde, wenn ich künftig wortkarg erfunden werde; während eines Reisezugs rafft man unterwegs auf, was man kann, jeder Tag bringt etwas Neues, und man eilt, auch darüber zu denken und zu urteilen. Hier aber kömmt man in eine gar große Schule, wo ein Tag so viel sagt, daß man von dem Tage nichts zu sagen wagen darf. Ja, man täte wohl, wenn man, jahrelang hier verweilend, ein pythagoreisches Stillschweigen beobachtete.

Alles Gute und Beruhigende.

Dienstag, 2. Juni 2015

Nur nichts als Profession getrieben! Das ist mir zuwider. Ich will alles, was ich kann, spielend treiben, was mir eben kommt und so lange die Lust daran währt. So hab' ich in meiner Jugend gespielt unbewusst; so will ich's bewusst fortsetzen durch mein übriges Leben. Nützlich - Nutzen, das ist eure Sache. Ihr mögt mich benutzen; aber ich kann mich nicht auf den Kauf oder Nachfrage einrichten. Was ich kann und verstehe, das werdet ihr benutzen, sobald ihr wollt und das Bedürfnis danach habt. Zu einem Instrument gebe ich mich nicht her; und jede Profession ist ein Instrument oder, wollt ihr es vornehmer ausgedrückt, ein Organ.
Weil die meisten Menschen selbst formlos sind, weil sie sich und ihrem Wesen selbst keine Gestalt geben können, so arbeiten sie, den Gegenständen ihre Gestalt zu nehmen, damit ja alles loser und lockerer Stoff werde.
Es ist ein einförmiges Ding um das Menschengeschlecht. Die meisten verarbeiten den größten Teil der Zeit, um zu leben, und das bisschen, was ihnen von der Freiheit übrig bleibt, ängstigt sie so, dass sie alle Mittel aufsuchen, um es loszuwerden.

Donnerstag, 21. Mai 2015


Bei dem vielen Zeug, das ich vorhabe, würde ich verzweifeln, wenn nicht die große Ordnung, in der ich meine Papiere halte, mich in den Stand setzte, zu jeder Stunde überall einzugreifen, jede Stunde in ihrer Art zu nutzen und eins nach dem Andern vorwärts zu schieben.

Wenn steigend sich der Wasserstrahl entfaltet,
Allspielende, wie froh erkenn' ich dich;
Wenn Wolke sich gestaltend umgestaltet,
Allmannigfalt'ge, dort erkenn' ich dich.

 
An des geblümten Schleiers Wiesenteppich,
Allbuntbesternte, schön erkenn' ich dich;
Und greift umher ein tausendarm'ger Eppich,
O Allumklammernde, da kenn' ich dich.

 
Wenn am Gebirg der Morgen sich entzündet,
Gleich, Allerheiternde, begrüß' ich dich;
Dann über mir der Himmel rein sich ründet,
Allherzerweiternde, dann atm' ich dich.

Freitag, 8. Mai 2015

Da sich manches unserer Erfahrungen nicht rund aussprechen und direkt mitteilen lässt, so habe ich seit langem das Mittel gewählt, durch einander gegenübergestellte und sich gleichsam ineinander abspiegelnde Gebilde den geheimeren Sinn dem Aufmerkenden zu offenbaren.
So viele widersetzen sich dem Echten und Wahren nur deshalb, weil sie zugrunde gehen würden, wenn sie es anerkennten.
O meine Freunde! Warum der Strom des Genies so selten ausbricht, so selten in hohen Fluten hereinbraust und eure staunende Seele erschüttert? Liebe Freunde, da wohnen die gelassenen Herren auf beiden Seiten des Ufers, denen ihre Gartenhäuschen, Tulpenbeete und Krautfelder zugrunde gehen würden, die daher in Zeiten mit Dämmen und Ableiten der künftig drohenden Gefahr abzuwehren wissen.

Samstag, 2. Mai 2015


Ich komme bald, ihr goldnen Kinder

Samstag, 25. April 2015


Auch mir war durch die Gunst hoher Gönner eine regelmäßige Mitteilung dieser Blätter beschieden, die ich mit großem Bedacht eifrig zu studieren nicht unterließ. Nun darf ich mir wohl nachrühmen, daß ich von jeher die Vorzüge der Menschen und ihrer Produktionen willig anerkannt, geschätzt und bewundert, auch mich daran dankbar auferbaut habe. Deshalb mußte mir in der Grimmischen Korrespondenz gar bald auffallen, daß in Erzählung, Anekdote, Charakterschilderung, Darstellung, Urteil durchaus mehr Tadel als Lob zu bemerken sei, mehr scheltende als ehrende Terminologie vorzukommen pflege. Wohlgelaunt begann ich eines Tages, zum Vorteil meiner Betrachtung und eigenen Unterrichts, jene sämtlichen Ausdrücke auszuziehen, auch in späterer Zeit zu sondern und alphabetisch zu ordnen, halb im Scherz, halb im Ernst, und so blieben sie viele Jahre bei mir liegen.

Die große Ordnung, auf die er streng hielt, das Planvolle in seinen Arbeiten war ein ferneres wichtiges Mittel, wodurch er sich vor Zeitverlust schützte. Jahre oder Jahrzehnte hindurch sammelte er Material für zukünftige Schriften. Als Knebel über Lukrez schrieb, beklagte es Goethe, daß der alte Freund keine Kollektionen, keine Akten darüber habe; darum sei es ihm schwer, produktiv und positiv zu sein. "Da habe ich ganz anders gesammelt, Stöße von Exzerpten und Notizen über jeden Lieblingsgegenstand!"

Für jede Arbeit entwarf er ferner eine sorgfältige Disposition, überdachte die Hauptteile und Unterabteilungen, sammelte dann für die einzelnen Kapitel Tatsachen und Gedanken; so konnte er bald an diesem, bald an jenem Teile des Werkes schreiben, je nachdem er aufgelegt war, und so kamen ihm seine Vorarbeiten oft nach Jahrzehnten noch zugute.
… von allen Geistern, die ich jemals angelockt, .... fühl' ich mich rings umsessen, ja umlagert …    
Der Tag ist grenzenlos lang, wer ihn nur zu schätzen und zu nützen weiß!     

»Es giebt nur zwei Wege« – hörte ich ihn oftmals behaupten – »ein bedeutendes Ziel zu erreichen und Großes zu leisten: Gewalt und Folge. Jene wird leicht verhaßt, reizt zu Gegenwirkung auf und ist überhaupt nur wenigen Begünstigten verliehen; Folge aber, beharrliche, strenge, kann auch vom Kleinsten angewendet werden und wird selten ihr Ziel verfehlen, da ihre stille Macht im Laufe der Zeit unaufhaltsam wächst. Wo ich nun nicht mit Folge wirken, fortgesetzt Einfluß üben kann, ist es gerathener gar nicht wirken zu wollen, indem man außerdem nur den natürlichen Entwickelungsgang der Dinge, der in sich selbst Heilmittel mit sich führt, stört, ohne für die bessere Richtung Gewähr leisten zu können.«

Dienstag, 7. April 2015

Man muß sich über alles setzen, um nicht zermalmt zu werden, und von der Höhe seiner Größe herab sich wohl vorstellen, daß die Menge nur aus Unvernünftigen und Dummköpfen zusammengesetzt ist; man würde ihre Zahl noch vermehren, wenn man nicht die Mißbräuche, wie sie die Dummheit besitzt unter sich groß werden zu lassen, zum eignen Nutzen anwendete, da dann andere von ihnen profitieren würden, wenn wir es nicht selbst täten.
Das Menschenpack fürchtet sich vor nichts mehr als vor dem Verstande, vor der Dummheit sollten sie sich fürchten, wenn sie begriffen, was fürchterlich ist, aber jener ist unbequem, und man muss ihn beiseite schaffen, diese ist nur verderblich, und das kann man abwarten.

Donnerstag, 26. März 2015


Die kleine Anzahl nothwendiger und gewisser Wahrheiten wird niemals Geist und Herz völlig befriedigen; wer sie entdeckt, hat ohne Zweifel den höchsten Ruhm, aber auch nützlich für das menschliche Geschlecht haben die Verfasser solcher Werke gearbeitet, die uns rühren oder angenehm betrügen. Will man die Leidenschaften des Menschen mit metaphysischer Genauigkeit behandeln, so thut man seiner Natur Gewalt. Auf dieser Erde giebt es nur Anfänge; keine Gränze ist bezeichnet, die Tugend steht fest, aber das Glück schwebt im Weiten; und wenn es eine Untersuchung nicht aushält, wird es durch sie vernichtet, wie glänzende Nebelbilder, aus leichten Dünsten emporsteigend, für den verschwinden, der durch sie hindurchgeht.

Versuch über die Dichtungen. - Keine seiner Fähigkeiten ist dem Menschen werther, als die Einbildungskraft. Das menschliche Leben scheint so wenig auf Glück berechnet, daß man nur mit Hülfe einiger Schöpfungen und gewisser Bilder, nur durch glückliche Wahl unserer Erinnerungen die vertheilten Freuden der Erde sammeln, und, nicht durch die Kraft der Philosophie, sondern durch die weit mächtigere Wirkung der Zerstreuungen gegen die Leiden zu kämpfen vermag, die uns das Schiksal auflegt.

Man hat viel von den Gefahren der Einbildungskraft gesprochen, und es wäre unnütz aufzusuchen, was eine unfähige Mittelmäßigkeit, oder eine strenge Vernunft hierüber wiederholt haben. Die Menschen werden nicht aufgeben, sich interessiren zu lassen, und diejenigen die das Talent besitzen, uns zu rühren, werden noch weniger Verzicht thun, es mit Glück auszuüben.

Das Beste ist die tiefe Stille, in der ich gegen die Welt lebe und wachse und gewinne, was sie mir mit Feuer und Schwert nicht nehmen können.

Mittwoch, 25. März 2015

Wie viele hochachtbare Männer, die jetzt in weitesten, ehrenvollen Kreisen wirken, haben bey ihren frühern Bestrebungen sein erfrischendes Wohlwollen, seine belehrende und belebende Ermunterung und Förderung erfahren.   

Sehen Sie, meine Herren, ich glaube auch etwas geleistet zu haben, aber gegen einen der grossen attischen Dichter, wie Äschylos und Sophokles, bin ich doch gar nichts.

Dienstag, 24. Februar 2015

"Dieses musste mir also zu meiner eigenen Tröstung gereichen, welche nicht aus Belehrung und Gründen hervorging; hier sprach vielmehr der Gegenstand das alles aus, was ein bekümmertes Gemüt so gern vernehmen mag: die vernünftige Welt sei von Geschlecht zu Geschlecht auf ein folgereiches Tun entschieden angewiesen. Wo nun der menschliche Geist diesen hohen, ewigen Grundsatz in der Anwendung gewahr wird, so fühlt er sich auf seine Bestimmung zurückgeführt und ermutigt, wenn er auch zugleich gestehen wird: dass er eben in der Gliederung dieser Folge, selbst an- und abtretend so Freude als Schmerz, wie in dem Wechsel der Jahreszeiten so in dem Menschenleben, an andern wie an sich selbst zu erwarten habe."
Wie oft hörte ich ihn äußern: »Das mag nun werden wie es will, den Begriff davon habe ich weg; es ist ein wunderlicher, complicirter Zustand, aber er ist mir nun doch völlig klar.«
Die Vokabel, die in seinen Schriften am häufigsten vorkommt, ist, wie man ausgerechnet hat, Liebe.

Donnerstag, 12. Februar 2015


Pero, ¡ay, querido amigo! Me pierdo, me extravío y sucumbo bajo la imponente majestuosidad de esta visión.

Solchen Zerstreuungen und Heiterkeiten gab ich mich um so lieber und zwar bis zur Trunkenheit hin, als mich mein leidenschaftliches Verhältnis zu Friedriken nunmehr zu ängstigen anfing. Eine solche jugendliche, aufs Geratewohl gehegte Neigung ist der nächtlich geworfenen Bombe zu vergleichen, die in einer sanften, glänzenden Linie aufsteigt, sich unter die Sterne mischt, ja einen Augenblick unter ihnen zu verweilen scheint, alsdann aber abwärts zwar wieder dieselbe Bahn, nur umgekehrt, bezeichnet, und zuletzt da, wo sie ihren Lauf geendet, Verderben hinbringt. Friedrike blieb sich immer gleich; sie schien nicht zu denken noch denken zu wollen, daß dieses Verhältnis sich so bald endigen könne. Olivie hingegen, die mich zwar auch ungern vermißte, aber doch nicht so viel als jene verlor, war voraussehender oder offener. Sie sprach manchmal mit mir über meinen vermutlichen Abschied und suchte über sich selbst und ihre Schwester sich zu trösten. Ein Mädchen, das einem Manne entsagt, dem sie ihre Gewogenheit nicht verleugnet, ist lange nicht in der peinlichen Lage, in der sich ein Jüngling befindet, der mit Erklärungen ebenso weit gegen ein Frauenzimmer herausgegangen ist. Er spielt immer eine leidige Figur: denn von ihm, als einem werdenden Manne, erwartet man schon eine gewisse Übersicht seines Zustandes, und ein entschiedener Leichtsinn will ihn nicht kleiden. Die Ursachen eines Mädchens, das sich zurückzieht, scheinen immer gültig, die des Mannes niemals.

Dienstag, 3. Februar 2015



Tutti i più sapienti istitutori e maestri sono d'accordo nel dire che i fanciulli non sanno perché‚ VOGLIONO; ma anche i grandi, simili ai fanciulli, barcollano su questa terra e, come quelli che non sanno donde vengono e dove vanno, non agiscono secondo uno scopo determinato e si lasciano governare da biscotti e dolci e vergate; questo invece nessuno lo vuol credere, eppure a me sembra sia una verità da toccare con mano.


An meines Mädgens Seite
Sitz ich, ihr Aug spricht Lust,
Und unter neid'scher Seide
Steigt fühlbaar ihre Brust;
Oft wären sie zu küssen
Die giergen Lippen nah,
Doch ach, diß muß ich missen
Es sitzt die Mutter da

Samstag, 24. Januar 2015

... als deutscher Hausvater, dem die Ruhe der Seinigen lieb ist, empfinde ich oft ein kleines Grauen ... 
Ich brauche nur in unserem lieben Weimar zum Fenster hinauszusehen, um gewahr zu werden, wie es bei uns steht.

"Ach", seufzte Goethe, "das waren freilich schöne Zeiten! - Doch wir wollen sie uns aus dem Sinne schlagen, damit uns die grauen Nebeltage der Gegenwart nicht ganz unerträglich werden."

"Es täte not", sagte ich, "dass ein zweiter Erlöser käme, um den Ernst, das Unbehagen und den ungeheuren Druck der jetzigen Zustände uns abzunehmen."
"Käme er", antwortete Goethe, "man würde ihn zum zweiten Male kreuzigen. Doch wir brauchten keineswegs ein so Grosses.  ..."

Samstag, 10. Januar 2015

 ... das Fragmentarische und Wilde seiner Jugendarbeiten mißfiel ihm selbst in reiferen Jahren. Er strebte nach einer Einheit und Vollendung, vorzüglich nachdem er auf seiner Reise in Italien die Kunst erforscht hatte. Seine ersten Versuche in dieser Manier, was er um 1786-90 schrieb, ist ganz seiner unwürdig. Es war eine ganz un-poetische mühselige Realität. Er mußte aber auch hierin zum Virtuosen werden, und um es zu werden, beschränkte er seinen Geist. Das macht mich sehr wehmütig.
Alles Vortreffliche beschränkt uns für einen Augenblick, indem wir uns demselben nicht gewachsen fühlen; nur insofern wir es nachher in unsere Kultur aufnehmen, es unsern Geist- und Gemütskräften aneignen, wird es uns lieb und wert. 

Alles Vollkommene in seiner Art muss über seine Art hinausgehen, es muss etwas Anderes, Unvergleichbares werden. In manchen Tönen ist die Nachtigall noch Vogel; dann steigt sie über ihre Klasse hinüber und scheint jedem Gefiederten andeuten zu wollen, was eigentlich singen heisse.

»Wie mag ich gern und lange leben?«
Musst immer nach dem Trefflichsten streben:
Des unerkannt Trefflichen wirket so viel,
Und Zeit und Ewigkeit legt ihm kein Ziel.

Samstag, 3. Januar 2015


Zum Vollbringen gehört ausser dem Vermögen vor allen Dingen Gelegenheit.

Und dann, bedarf es denn im Leben eines Staatsdieners, in Behandlung der Menschen, nicht auch der Liebe und des Wohlwollens? - Und wie soll einer gegen andere Wohlwollen empfinden, wenn es ihm selber nicht wohl ist?
Es ist aber den Leuten allen herzlich schlecht!