Samstag, 30. November 2013
Im Ganzen ist es der ungeheure Anblick von Bächen und Strömen, die sich,
nach Naturnothwendigkeit, von vielen Höhen und aus vielen Thälern, gegen
einander stürzen und endlich das Übersteigen eines großen Flusses und eine
Überschwemmung veranlassen, in der zu Grunde geht wer sie vorgesehen hat, so
gut als der sie nicht ahnete. Man sieht in dieser ungeheuern Empirie nichts als
Natur und nichts von dem was wir Philosophen so gern Freiheit nennen möchten.
Wir wollen erwarten ob uns Bonapartes Persönlichkeit noch ferner mit dieser
herrlichen und herrschenden Erscheinung erfreuen wird.
Donnerstag, 21. November 2013
So angenehm-fesselnd indes auch seine
Schilderungen waren, die höchste Glorie umleuchtete ihn erst in Augenblicken
der Begeisterung, wenn ein lebhafteres Rot die Wangen überflog, deutlicher der
Gedanke auf der erhabenen Stirn hervortrat, himmlischer noch die Strahlen
seines Auges glänzten, und sein ganzes Antlitz sich zum Ausdruck einer
göttlichen Anschauung verklärte.
Lieben und Hassen, Hoffen und Fürchten sind auch nur differente
Zustände unseres trüben Inneren, durch welches der Geist entweder nach der
Licht- oder Schattenseite hinblickt. Blicken wir durch die trübe organische
Umgebung nach dem Lichte hin, so lieben und hoffen wir. Blicken wir nach dem
Finsteren, so hassen und fürchten wir. Beide Seiten haben ihr Anziehendes und
Reizendes. Für manche Menschen sogar die traurige mehr als die heitere.
Die Welt ist wie ein Strom, der in seinem Bette
fortläuft, bald hier bald da zufällig Sandbänke ansetzt und von diesen wieder
zu einem andern Wege genötigt wird. Das geht alles so hübsch und bequem und
nach und nach; dagegen die Wasserbaumeister eine grosse Not haben, wenn sie
diesem Wesen entgegenarbeiten wollen.
Freitag, 15. November 2013
Dienstag, 12. November 2013
Wir sind
in und mit Lavatern glücklich, es ist uns allen eine Cur, um einen Menschen zu
seyn, der in der Häuslichkeit der Liebe lebt und strebt, der an dem was er
würckt Genuss im Würcken hat, und seine Freunde mit unglaublicher
Aufmercksamkeit, trägt, nährt, leitet und erfreut. Wie gern mögt ich ein
Vierteljahr neben ihm zubringen, freylich nicht müsig wie iezt. Etwas zu
arbeiten haben, und Abends wieder zusammen lauffen. Die Wahrheit ist einem doch
immer neu, und wenn man wieder einmal so einen ganz wahren Menschen sieht meynt
man, man käme erst auf die Welt. Aber auch ists im moralischen wie mit einer
Brunnen Cur alle Übel im Menschen tiefe und flache kommen in Bewegung, und das
ganze Eingeweide arbeitet durch einander.
Erst hier geht mir recht klar auf in was für
einem sittlichen Todt wir gewöhnlich zusammen leben, und woher das Eintrocknen
und Einfrieren eines Herzens kommt das in sich nie dürr, und nie kalt ist. Gebe
Gott dass unter mehr grosen Vortheilen auch dieser uns nach Hause begleite,
dass wir unsre Seelen offen behalten, und wir die guten Seelen auch zu öffnen
vermögen. Könnt ich euch mahlen wie leer die Welt ist, man würde sich an
einander klammern und nicht vun einander lassen. Indess bin ich auch schon
wieder bereit dass uns der Sirocko von Unzufriedenheit, Widerwille Undanck,
Lässigkeit und Prätension entgegen dampfe.
Deine Frage über die Schöne kan ich nicht
beantworten. Ich habe mich gegen sie so betragen, als ich's gegen eine Fürstinn
oder eine heilige thun würde. Und wenn es auch nur Wahn wäre, ich mögte mir
solch ein Bild nicht durch die Gemeinschafft einer flüchtigen Begierde
besudlen. Und Gott bewahre uns für einem ernstlichen Band, an dem sie mir die
Seele aus den Gliedern winden würde.
Das Tagewerck
das mir aufgetragen ist, das mir täglich leichter und schweerer wird, erfordert
wachend und träumend meine Gegenwart diese Pflicht wird mir täglich theurer,
und darinn wünscht ich's den grössten Menschen gleich zu thun, und in nichts
grösserm. Diese Begierde, die Pyramide meines Daseyns, deren Basis mir
angegeben und gegründet ist, so hoch als möglich in die Lufft zu spizzen,
überwiegt alles andre und lässt kaum Augenblickliches Vergessen zu. Ich darf
mich nicht säumen, ich bin schon weit in Jahren vor, und vielleicht bricht mich
das Schicksaal in der Mitte, und der Babilonische Thurn bleibt stumpf
unvollendet. Wenigstens soll man sagen es war kühn entworfen und wenn ich lebe,
sollen wills Gott die Kräffte bis hinauf reichen.
Was die geheimen Künste des Cagliostro betrift, bin ich sehr mistrauisch
gegen alle Geschichten, besonders von M. her. Ich habe Spuren, um nicht zu sagen
Nachrichten, von einer großen Masse Lügen, die im Finstern schleicht, von der
du noch keine Ahndung zu haben scheinst. Glaube mir, unsere moralische und
politische Welt ist mit unterirdischen Gängen, Kellern und Cloaken miniret, wie
eine große Stadt zu seyn pflegt, an deren Zusammenhang, und ihrer Bewohnenden
Verhältniße wohl niemand denkt und sinnt; nur wird es dem, der davon einige
Kundschaft hat, viel begreiflicher, wenn da einmal der Erdboden einstürzt, dort
einmal ein Rauch aus einer Schlucht aufsteigt, und hier wunderbare Stimmen
gehört werden.
Sonntag, 3. November 2013
Zu Hause aufgeräumt, meine Papiere durchgesehen
und alle alten Schaalen verbrannt. Andre Zeiten andre Sorgen. Stiller Rückblick
aufs Leben, auf die Verworrenheit, Betriebsamkeit Wissbegierde der Jugend, wie
sie überall herumschweift um etwas befriedigendes zu finden. Wie ich besonders
in Geheimnissen, dunklen Imaginativen Verhältnissen eine Wollust gefunden habe.
Wie ich alles Wissenschafftliche nur halb angegriffen und bald wieder habe
fahren lassen, wie eine Art von demütiger Selbstgefälligkeit durch alles geht
was ich damals schrieb.
Wie kurzsinnig in Menschlichen und göttlichen Dingen ich mich umgedreht
habe. Wie des Thuns, auch des Zweckmäsigen Denckens und Dichtens so wenig, wie
in zeitverderbender Empfindung und Schatten Leidenschafft gar viel Tage
verthan, wie wenig mir davon zu Nuz kommen und da die Hälfte nun des Lebens
vorüber ist, wie nun kein Weeg zurückgelegt sondern vielmehr ich nur dastehe
wie einer der sich aus dem Wasser rettet und den die Sonne anfängt wohlthätig
abzutrocknen. Die Zeit dass ich im Treiben der Welt bin seit 75 Oktbr. getrau
ich noch nicht zu übersehen.
Gott helfe weiter und gebe Lichter, dass wir uns nicht selbst so viel im
Weege stehn. Lasse uns von Morgen zum Abend das gehörige thun und gebe uns
klare Begriffe von den Folgen der Dinge. Dass man nicht sey wie Menschen die
den ganzen Tag über Kopfweh klagen und gegen Kopfweh brauchen und alle Abend zu
viel Wein zu sich nehmen. Möge die Idee des reinen die sich bis auf den Bissen
erstreckt den ich in Mund nehme, immer lichter in mir werden.
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