Mittwoch, 3. September 2008

Goethe erzählte mir, dass Schiller mit unsäglicher Anstrengung arbeite. ... Die übergrosse Anstrengung, mit der Schiller arbeitete, glaubte er auch in seinen flüchtigsten hingeworfenen Stücken zu entdecken. Selbst in den Briefen über den Don Carlos im Teutschen Merkur sähe man die Schweisstropfen hängen, die sie dem Verfasser gekostet. Wie Goethe glaubte, sei der Kampf, den Schwärmerei, Vernunft und Einbildungskraft, die in der Seele dieses Dichters gekämpft, mit unverkennbaren Zügen in seinem Gesicht eingegraben, und daraus entstehe in demselben die sonderbare Mischung von Schwermut, Freundlichkeit, Ernst und Zerstreuung. Kurz, auf ihn passe ganz, was er einst in seinen Werken zur Charakterisierung eines Dritten sagt: „In seine Phantasienwelt verschlossen, war er ein Fremdling in der wirklichen. Sein Körper mitten aus der Zerrüttung hervor verrät einen hohen männlichen Geist, gleich den Ruinen eines ehrwürdigen alten Tempelgebäudes. Ihr ahnt aus dem Schauer der Ehrfurcht, der eure Seele ergreift, dass einst eine Gottheit hier wohnte; aber erkennen könnt ihr es jetzt nur aus Trümmern und Ueberbleibseln, die der Zahn der alles zerstörenden Zeit verschonte.“

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