Samstag, 26. Januar 2008
Sonntag, 20. Januar 2008
Dadurch
kam ich mit jenen in einige Berührung, die sich, jung und talentvoll,
zusammenhielten und nachher so viel und mannigfaltig wirkten. Die beiden Grafen
Stolberg, Bürger, Voß, Hölty und andere waren im Glauben und Geiste um
Klopstock versammelt, dessen Wirkung sich nach allen Zeiten hin erstreckte. In
einem solchen, sich immer mehr erweiternden deutschen Dichterkreise entwickelte
sich zugleich, mit so mannigfaltigen poetischen Verdiensten, auch noch ein
anderer Sinn, dem ich keinen ganz eigentlichen Namen zu geben wüßte. Man könnte
ihn das Bedürfnis der Unabhängigkeit nennen, welches immer im Frieden
entspringt, und gerade da, wo man eigentlich nicht abhängig ist. Im Kriege
erträgt man die rohe Gewalt, so gut man kann, man fühlt sich wohl physisch und
ökonomisch verletzt, aber nicht moralisch; der Zwang beschämt niemanden, und es
ist kein schimpflicher Dienst, der Zeit zu dienen; man gewöhnt sich, von Feind
und Freund zu leiden, man hat Wünsche und keine Gesinnungen. Im Frieden
hingegen tut sich der Freiheitssinn der Menschen immer mehr hervor, und je
freier man ist, desto freier will man sein. Man will nichts über sich dulden:
wir wollen nicht beengt sein, niemand soll beengt sein, und dies zarte, ja
kranke Gefühl erscheint in schönen Seelen unter der Form der Gerechtigkeit.
Dieser Geist und Sinn zeigte sich damals überall, und gerade da nur Wenige
bedrückt waren, wollte man auch diese von zufälligem Druck befrein, und so
entstand eine gewisse sittliche Befehdung, Einmischung der Einzelnen ins
Regiment, die, mit löblichen Anfängen, zu unabsehbar unglücklichen Folgen
hinführte.
Voltaire
hatte durch den Schutz, den er der Familie Calas angedeihen ließ, großes
Aufsehn erregt und sich ehrwürdig gemacht. Für Deutschland fast noch
auffallender und wichtiger war das Unternehmen Lavaters gegen den Landvogt
gewesen. Der ästhetische Sinn, mit dem jugendlichen Mut verbunden, strebte
vorwärts, und da man noch vor kurzem studierte, um zu Ämtern zu gelangen, so
fing man nun an, den Aufseher der Beamten zu machen, und die Zeit war nah, wo
der Theater- und Romanendichter seine Bösewichter am liebsten unter Ministern
und Amtleuten aufsuchte. Hieraus entstand eine halb eingebildete, halb
wirkliche Welt von Wirkung und Gegenwirkung, in der wir späterhin die
heftigsten Angebereien und Verhetzungen erlebt haben, welche sich die Verfasser
von Zeitschriften und Tagblättern, mit einer Art von Wut, unter dem Schein der
Gerechtigkeit erlaubten und um so unwiderstehlicher dabei zu Werke gingen, als
sie das Publikum glauben machten, vor ihm sei der wahre Gerichtshof: töricht!
da kein Publikum eine exekutive Gewalt hat, und in dem zerstückten Deutschland
die öffentliche Meinung niemanden nutzte oder schadete.