Scheisskerle, die auf dem Fasse sitzen
Freitag, 30. Mai 2025
Donnerstag, 22. Mai 2025
Schon manchmal hab ich bedacht, wie wir beiden gleichsam an die entgegengesetzten Enden der socialen Welt angewiesen sind; du, in die kreiselnde Bewegung einer volkreichen Königstadt verschlungen, hast alles persönlich zu bestehen, unterrichtest und lehrst, gibst und genießest, arbeitest und vollbringst, versammelst und diridirt, gebietest und herrschest und was nicht alles; hiezu noch der Familiencirkel und fremde Gelage gerechnet, da gibt es denn schon etwas auszuhalten. Indessen ich einsam, wie Merlin vom leuchtenden Grabe her, mein eignes Echo ruhig und gelegentlich, in der Nähe, wohl auch in die Ferne vernehmen lasse. Von dieser Betrachtung laß uns zum gemeinsamen, nciht unbedeutenden Geschäft hinüber gehen, zu dessen völliger Einleitung ich nächstens einen Aufsatz vorlege, ihn, der weiteres Vorschreiten befördern wird, deiner Einstimmung empfehlend. Der getreue Eckart ist mir von großer Beyhülfe. reinen und redlichen Gesinnungen treu, wächst er täglich an Kenntniß, Ein- und Übersicht und bleibt, wegen fördern Theilnahme, ganz unschätzbar; so wie Riemer, von seiner Seite, durch gesellige Berichtigung, Reinigung, Revision und Abschluß der Manuscripte, so wie der Druckbogen mir Arbeit und Leben erleichtert. Möge uns beiden so viel Kraft und Behagen verliehen seyn, um bis an's Ende wirksam auszudauern.
Deshalb denn, manchmal zurückschauend, in diesem
Gänsespiel getrost Vorwärts.
Weimar den 14. December 1830.
J. W. v. Goethe.
Dienstag, 20. Mai 2025
Dienstag, 13. Mai 2025
»Soviel ich sehe und gehört habe,« sagte er, »hat sich Goethe durch
seinen Geist und tausend Verbindlichkeiten Freunde, Verehrer und Vergötterung
erworben, aber sich selbst hat er immer behalten, sich selbst hat er nie
gegeben. Ich fürchte, er hat sich aus dem höchsten Genuß der Eigenliebe ein
Ideal von Glück geschaffen, bei dem er nicht glücklich ist. Dieser Charakter
gefällt mir nicht, ich würde ihn mir nicht wünschen, und in der Nähe eines
solchen Menschen wäre mir nicht wohl.«
Freitag, 2. Mai 2025
Er tadelte mich, daß ich immer zu viel Argumente für eine Sache brächte,
nicht lediglich auf das Eine, was gerade Noth sei, hinwirke.
»Die Geschäfte müssen abstract, nicht menschlich mit Neigung oder
Abneigung, Leidenschaft, Gunst behandelt werden, dann setzt man mehr und
schneller durch. Auch keine Recriminationen, keine Vorwürfe über Vergangenes,
nun doch nicht zu Änderndes. Jeder Tag bestehe für sich, wie kann man leben,
wenn man nicht jeden Abend sich und andern ein Absolutorium ertheilt? Ihr dürft
mir das nicht übel nehmen. Wenn ich einmal reden soll, muß ich meine Paradoxa
frei aussprechen dürfen; Ihr werdet sie ohnehin nicht mehr lange von mir
hören.«