Samstag, 20. Mai 2017
Folgerecht aber nunmehr
darzustellen, wie bei Veränderung und Erweiterung des Lokals, dem Translozieren
der Büchersammlung aus dem Schlosse, der Umstellung, Einschaltung,
Verschmelzung alles einzelnen verfahren worden, schiene gleichfalls eine
unmögliche Aufgabe, wenn der Professor und Bibliothekar Dr. Güldenapfel in
einem Bericht, welcher den größten Teil des beigefügten Aktenfaszikels
ausmacht, solche nicht schon befriedigend gelöst hätte.
Man darf sich überzeugen, daß die
höchsten Herren Erhalter mit gewogenem Beifalle die Ausführlichkeit ansehen werden,
womit ein wohldenkender, seit sieben Jahren in den kleinlichsten Arbeiten zu
einem großen Zwecke beschäftigter Mann gern eines jeden einzelnen Augenblicks gedenkt,
deren unzählige, treu benutzt, endlich das Ganze zu bewirken, mit Hingebung
aufgewendet werden mußten.
Mittwoch, 17. Mai 2017
Leider
wird dieser fast so unbeschreiblich als unerträgliche Zustand von vielen wohl
verstanden werden, die wie unser Freund, sich für außerordentliche physische
und moralische Phänomene ansehen, und jene Bewegungen, die sie zerreißend
beunruhigen, der Gewalt ihres Herzens der Kraft ihres Geistes zuschreiben; da
sie doch mit etwas mehr Ordnung in ihrer Diät, mit etwas mehr Natur in ihrem
Genüsse, zu ihrer eigenen und zu der Ihrigen Zufriedenheit recht ordentliche,
und recht natürliche Menschen werden würden. Ja erlaubt mir meine Freunde, daß
ich euch sage: Ihr erscheint mir oft,
wie kleine sachte Bäche, worein die Knaben Steine tragen, um sie rauschen zu
machen.
Freitag, 12. Mai 2017
Was ist
das mit der Philosophie und besonders mit der neuen für eine wunderliche Sache!
In sich selbst hineinzugehen, seinen eignen Geist über seinen Operationen zu
ertappen, sich ganz in sich zu verschließen, um die Gegenstände desto besser
kennenzulernen! Ist das wohl der rechte Weg? Der Hypochondrist, sieht der die
Sachen besser an, weil er immer in sich gräbt und sich untergräbt? Gewiß, diese
Philosophie scheint mir eine Art von Hypochondrie zu sein, eine falsche Art von
Neigung, der man einen prächtigen Namen gegeben hat. Verzeihen Sie einem Alten,
verzeihen Sie einem praktischen Arzte.
Donnerstag, 4. Mai 2017
Das
Gespräch fiel auf Selbstkenntniß. »Ich behaupte, der Mensch kann sich nie
selbst kennen lernen, sich nie rein als Object betrachten. Andre kennen mich
besser als ich mich selbst. Nur meine Bezüge zur Außenwelt kann ich kennen und
richtig würdigen lernen, darauf sollte man sich beschränken. Mit allem Streben
nach Selbstkenntniß, das die Priester, das die Moral uns predigen, kommen wir
nicht weiter im Leben, gelangen weder zu Resultaten noch zu wahrer innerer
Besserung. Doch will ich diese Ansicht nicht eben für ein Evangelium ausgeben.
Was sind travers? Falsche Stellungen zur Außenwelt. Wer hat sie nicht? Jede
Lebensstufe hat die ihr eignen.«
Was am sonderbarsten war, so
geriet er durch sein beständiges Nachdenken und Insichgekehrtsein sogar auf den
Egoismus, der ihn beinahe hätte verrückt machen können.
Weil nämlich seine Träume größtenteils sehr lebhaft waren und beinahe an die Wirklichkeit zu grenzen schienen, so fiel es ihm ein, daß er auch wohl am hellen Tage träume und die Leute um ihn her, nebst allem, was er sahe, Geschöpfe seiner Einbildungskraft sein könnten.
Dies war ihm ein erschrecklicher Gedanke, und er fürchtete sich vor sich selber, sooft er ihm einfiel, auch suchte er sich dann wirklich durch Zerstreuung von diesen Gedanken loszumachen.
Das Einzelne, Abgerissene und
Zerstückte in seinem Dasein war es immer, was ihm Verdruß und Ekel erweckte.
Und dies entstand so oft, als
unter dem Druck der Umstände seine Gedanken sich nicht über den gegenwärtigen
Moment erheben konnten. – Dann war alles so unbedeutend, so leer und trocken
und nicht der Mühe des Denkens wert. –
Dieser Zustand ließ ihn immer
die Ankunft der Nacht, einen tiefen Schlummer, ein gänzliches Vergessen seiner
selbst wünschen – ihm kroch die Zeit mit Schneckenschritten fort – und er
konnte sich nie erklären, warum er in diesem Augenblicke lebte.
Diesem
großen, erhabenen und tröstlichen Gefühle so wenig als nur möglich
nachzuhängen, lehrte mich ein edler Freund, der sich mir immer näher verband;
es war der Arzt, den ich in dem Hause meines Oheims hatte kennen lernen, und
der sich von der Verfassung meines Körpers und meines Geistes sehr gut
unterrichtet hatte; er zeigte mir, wie sehr diese Empfindungen, wenn wir sie
unabhängig von äußern Gegenständen in uns nähren, uns gewissermaßen aushöhlen
und den Grund unseres Daseins untergraben. »Tätig zu sein«, sagte er, »ist des
Menschen erste Bestimmung, und alle Zwischenzeiten, in denen er auszuruhen
genötigt ist, sollte er anwenden, eine deutliche Erkenntnis der äußerlichen Dinge
zu erlangen, die ihm in der Folge abermals seine Tätigkeit erleichtert.«
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