Donnerstag, 26. Mai 2016


Qui suis-je? Qu'ai-je créé? J'ai tout reçu, tout accueilli, j'ai assimilé tout ce qui passait à ma portée. Mon œuvre est celle d'un être collectif qui porte un nom Goethe.

Selbst ein Herkules sei ein Kollektivwesen, und selbst ein Genie bedürfe der guten Einfälle derer, die es umgeben, sagte Goethe im Februar 1832, einen Monat vor seinem Tod, zu Frédéric Soret. »Was bin ich denn selbst, was habe ich geleistet? Alles, was ich gesehen, gehört und beobachtet habe, habe ich gesammelt und ausgenutzt. Meine Werke sind von unzähligen verschiedenen Individuen genährt worden, von Ignoranten und Weisen, Leuten von Geist und von Dummköpfen; die Kindheit, das reife und das Greisenalter, alle haben mir ihre Gedanken entgegengebracht, ihre Fähigkeiten, Hoffnungen und Lebensansichten. Ich habe oft geerntet, was andere gesät haben, mein Werk ist das eines Kollektivwesens, das den Namen Goethe trägt.«

Freitag, 20. Mai 2016


Ich komm’! Ich komme!
Wohin? Ach, wohin?


 
Als man dem Dichter mitteilte, man wolle ihm zu Ehren den Faust am Hoftheater spielen, wobei wohl La Roche, der den Mephisto darstellte, der drängendste Sprecher war, fuhr Goethe auf, wie von einer Bremse gestochen. "Ist es billig, über meine Werke zu verfügen, ohne zu fragen, was ich selbst damit vorhabe? Bin ich denn nicht mehr am Leben? Beschlossen hat man?" Goethe ging wütend in seinem Zimmer auf und ab. Die Beschließer befanden sich in einer peinlichen Lage. Trotzdem fand die Aufführung statt, doch Goethe hat sie nicht besucht.

Aber wenn Sie nun auch alle Quellen zu klären und zu durchforschen vermöchten: was würden Sie finden? Nichts anderes, als eine grosse Wahrheit, die längst entdeckt ist, und deren Bestätigung man nicht weit zu suchen braucht; die Wahrheit nämlich, dass es zu allen Zeiten und in allen Ländern miserabel gewesen ist. Die Menschen haben sich stets geängstigt und geplagt; sie haben sich untereinander gequält und gemartert; sie haben sich und anderen das bisschen Leben sauer gemacht, und die Schönheit der Welt und die Süssigkeit des Daseins, welche die schöne Welt ihnen darbietet, weder zu achten noch zu geniessen vermocht. Nur wenigen ist es bequem und erfreulich geworden. Die meisten haben wohl, wenn sie das Leben eine Zeitlang mitgemacht haben, lieber hinausscheiden, als von neuem beginnen mögen. Was ihnen noch etwa einige Anhänglichkeit an das Leben gab oder gibt, das war und ist die Furcht vor dem Sterben. So ist es; so ist es gewesen; so wird es wohl auch bleiben. Das ist nun einmal das Los der Menschen. Was brauchen wir weiter Zeugnis.
Es ist mit den Völkern wie mit den Menschen. Die Völker bestehen ja aus Menschen. Auch sie treten ins Leben, wie die Menschen, treiben’s, etwas länger, in gleich wunderlicher Weise, und sterben gleichfalls entweder eines gewaltsamen Todes, oder eines Todes vor Alter und Gebrechlichkeit. Die Gesamtnot und Gesamtplage der Menschen ist eben die Not und die Plage der Völker.