Abends ein Stündchen bei Goethe in allerlei guten
Gesprächen.
Montag, 17. August 2015
Die Menschen sind noch eben so absurd wie 1806, wo ich gar frömmlich aufgefordert wurde das Schauspiel abzudanken, nach welchem sie vier Wochen später jämmerlich lechzten, da ich nun die Bosheit hatte die Eröffnung noch vierzehn Tage aufzuschieben, bis sie mich unter Drohungen dazu nöthigten. Wir sind mit Asche genug bestreut, und brauchen nicht noch gar einen Sack überzuziehen.
Freitag, 14. August 2015
Freund Meyer, dessen Um- und Übersicht aus alter und neuen Zeit Sie in dem kühnen Aufsatze nicht verkennen werden, trägt mit mir diese Gesinnungen schon viele Jahre auf dem Herzen, und es schien gerade der rechte Augenblick, wo das Absurde sich selbst überbietet, wo alle echte Gleichzeitigen, besonders die Väter und Pfleger talentvoller, durch diesen Zeitwahnsinn verrückter Söhne, in Verzweiflung sind, mit historischem, billigem, das Talent würdigendem, die Abweichung scharf bezeichnendem Vortrag aufzutreten. Tausend und aber tausend Wohldenkende werden sich bestimmt schnell versammeln, der reine Menschen- und Kunstverstand wird laut werden, und wir kommen auch denen zu statten, die jetzt wider Willen dem Strom in den sie sich eingelassen haben gehorchen.
Die thüringischen alten Chroniken liest man hier recht an der Stelle; obgleich es immer schmerzhaft genug ist zu sehen wie das so schöne, über die Maßen frucht- und bewohnbare Land, mehrere Jahrhunderte durch, von Rohheit, Unverstand, Unzulänglichkeit und Verirrung aus das schrecklichste leiden mußte. Freylich giebt die übrige Welt in diesen Epochen auch keinen tröstlichen Anblick.
Hier aber ist der eigentlichste classische Boden grenzenloser Absurditäten jeder Art. Religiöse, revolutionäre, fürstliche, städtische, edelmännische; dahingegen hört man von tüchtigen Menschen meist nur insofern sie zu Grunde gehen.
Montag, 10. August 2015
Es war in dieser Komposition nichts, was ich
nicht aus eignen Erfahrungen nach der Natur hätte ausmalen können. Selbst auf
der Reise, selbst in Gefahr, Neigungen zu erregen, die, wenn sie auch kein
tragisches Ende nehmen, doch schmerzlich genug, gefährlich und schädlich werden
können; selbst in dem Fall, in einer so großen Entfernung von der Heimat
abgelegne Gegenstände, Reiseabenteuer, Lebensvorfälle zu Unterhaltung der
Gesellschaft mit lebhaften Farben auszumalen, von der Jugend für einen
Halbgott, von gesetztern Personen für einen Aufschneider gehalten zu werden,
manche unverdiente Gunst, manches unerwartete Hindernis zu erfahren; das alles
gab mir ein solches Attachement an diesen Plan, an diesen Vorsatz, dass ich
darüber meinen Aufenthalt zu Palermo, ja den größten Teil meiner übrigen
sizilianischen Reise verträumte. Weshalb ich denn auch von allen Unbequemlichkeiten
wenig empfand, da ich mich auf dem überklassischen Boden in einer poetischen
Stimmung fühlte, in der ich das, was ich erfuhr, was ich sah, was ich bemerkte,
was mir entgegenkam, alles auffassen und in einem erfreulichen Gefäß bewahren
konnte.
Nach meiner löblichen oder unlöblichen
Gewohnheit schrieb ich wenig oder nichts davon auf, arbeitete aber den größten
Teil bis aufs letzte Detail im Geist durch, wo es denn, durch nachfolgende
Zerstreuungen zurückgedrängt, liegen geblieben, bis ich gegenwärtig nur eine
flüchtige Erinnerung davon zurückrufe.
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