Sonntag, 20. Oktober 2013


Ein Tag der Gunst ist wie ein Tag der Ernte: man muss geschäftig sein, sobald sie reift.
Das Alter trennt uns nach und nach von empfänglichen Menschen, selten kehrt ein Klang und Ton, den man aussendet, lebhaft und ergötzlich zurück.
»Warum bist du so hochmütig?
Hast sonst nicht so die Leute gescholten!«
Wäre sehr gerne demütig,
Wenn sie mich nur so lassen wollten.
Ja, er erblickte in solchen „wiederholten Spiegelungen“ sogar die Möglichkeit, „das Vergangene nicht allein lebendig zu erhalten, sondern sogar zu einem höheren Leben emporzusteigern“.

Samstag, 19. Oktober 2013

Niemand bedenkt leicht, daß uns Vernunft und ein tapferes Wollen gegeben sind, damit wir uns nicht allein vom Bösen, sondern auch vom Übermaaß des Guten zurückhalten.

Wenn das taedium vitae den Menschen ergreift, so ist er nur zu bedauern, nicht zu schelten. Daß alle Symptome dieser wunderlichen, so natürlichen als unnatürlichen Krankheit auch einmal mein Innerstes durchrast haben, daran läßt Werther wohl niemand zweifeln. Ich weiß recht gut, was es mich für Entschlüsse und Anstrengungen kostete, damals den Wellen des Todes zu entkommen, sowie ich mich aus manchen spätern Schiffbruch auch mühsam rettete und mühselig erholte. Und so sind nun alle die Schiffer- und Fischergeschichten. Man gewinnt nach dem nächtlichen Sturm das Ufer wieder, der Durchnetzte trocknet sich, und den andern Morgen, wenn die herrliche Sonne auf den glänzenden Wogen abermals hervortritt, hat das Meer schon wieder Appetit zu Feigen.

Donnerstag, 10. Oktober 2013

Und nun sizz ich dir gute Nacht zu sagen. Mir wars in all dem wie einer Ratte die Gift gefressen hat, sie läuft in alle Löcher, schlurpft alle Feuchtigkeit, verschlingt alles Essbaare das ihr in Weeg kommt und ihr innerstes glüht von unauslöschlich verderblichem Feuer. Heut vor acht Tagen war Lili hier. Und in dieser Stunde war ich in der  grausamst feyerlichst süsesten Lage meines ganzen Lebens mögt ich sagen.
O Gustgen warum kann ich nichts davon sagen! Warum! Wie ich durch die glühendsten Trähnen der Liebe, Mond und Welt schaute und mich alles seelenvoll umgab. Und in der Ferne die Waldhorn, und der Hochzeitgäste laute Freuden. Gustgen auch seit dem Wetter bin ich – nicht ruhig aber still – was bey mir still heisst und fürchte nur wieder ein Gewitter das sich immer in den harmlosesten Tagen zusammenzieht, und – Gute Nacht Engel. Einzigstes Einzigstes Mädgen – Und ich kenne ihrer Viele – 

Dienstag, 8. Oktober 2013

»Auf alles, was ich als Poet geleistet habe,« pflegte er wiederholt zu sagen, »bilde ich mir gar nichts ein. Es haben treffliche Dichter mit mir gelebt, es lebten noch trefflichere vor mir, und es werden ihrer nach mir sein. Daß ich aber in meinem Jahrhundert in der schwierigen Wissenschaft der Farbenlehre der einzige bin, der das Rechte weiß, darauf tue ich mir etwas zugute, und ich habe daher ein Bewußtsein der Superiorität über viele.« 
Man muß alt werden, um dieses alles zu übersehen, und Geld genug haben, seine Erfahrungen bezahlen zu können. Jedes Bonmot, das ich sage, kostet mir eine Börse voll Gold; eine halbe Million meines Privatvermögens ist durch meine Hände gegangen, um das zu lernen, was ich jetzt weiß, nicht allein das ganze Vermögen meines Vaters, sondern auch mein Gehalt und mein bedeutendes literarisches Einkommen seit mehr als funfzig Jahren. Außerdem habe ich anderthalb Millionen zu großen Zwecken von fürstlichen Personen ausgeben sehen, denen ich nahe verbunden war und an deren Schritten, Gelingen und Mißlingen ich teilnahm.
Es ist nicht genug, daß man Talent habe, es gehört mehr dazu, um gescheit zu werden; man muß auch in großen Verhältnissen leben und Gelegenheit haben, den spielenden Figuren der Zeit in die Karten zu sehen und selber zu Gewinn und Verlust mitzuspielen.
Zu wünschen wäre es, dass er an dem Platze, woran er sich befunden, auch gewisse politische Fähigkeiten oder Eigenschaften sich hätte aneignen können: aber diese sind, wie schon Bacon bemerkt hat, Gemütern von eigenem reichen Vorrat selten eigen, indem sie anfänglich solche zum Teil auch zu sehr verachten. So hat unser Weimar durch die ganz vorzüglichen Geister, die es besessen, im Politischen nicht um ein Haar gewonnen.

Dienstag, 1. Oktober 2013

Über den Zustand damaliger Kultur, und wie schwer es gehalten, aus der sogenannten Sturm- und Drangperiode sich zu einer höheren Bildung zu retten. 
Durch Liebschaften verdüstert.