Dienstag, 26. Februar 2013
Dreimal glücklich
sind diejenigen zu preisen, die ihre Geburt sogleich über die untern Stufen der
Menschheit hinaushebt; die durch jene Verhältnisse, in welchen sich manche gute
Menschen die ganze Zeit ihres Lebens abängstigen, nicht durchzugehen, auch
nicht einmal darin als Gäste zu verweilen brauchen. Allgemein und richtig muß
ihr Blick auf dem höheren Standpunkte werden, leicht ein jeder Schritt ihres
Lebens! Sie sind von Geburt an gleichsam in ein Schiff gesetzt, um bei der
Überfahrt, die wir alle machen müssen, sich des günstigen Windes zu bedienen
und den widrigen abzuwarten, anstatt daß andere nur für ihre Person schwimmend
sich abarbeiten, vom günstigen Winde wenig Vorteil genießen und im Sturme mit
bald erschöpften Kräften untergehen.
Welche
Bequemlichkeit, welche Leichtigkeit gibt ein angebornes Vermögen! und wie
sicher blühet ein Handel, der auf ein gutes Kapital gegründet ist, so daß nicht
jeder mißlungene Versuch sogleich in Untätigkeit versetzt! Wer kann den Wert
und Unwert irdischer Dinge besser kennen, als der sie zu genießen von Jugend
auf im Falle war, und wer kann seinen Geist früher auf das Notwendige, das
Nützliche, das Wahre leiten, als der sich von so vielen Irrtümern in einem
Alter überzeugen muß, wo es ihm noch an Kräften nicht gebricht, ein neues Leben
anzufangen!
Samstag, 2. Februar 2013
Da
sich die liebe Excellenz abermals als ernsthafte Dame Ihrem demüthigen Freunde
nähert und denselben wo nicht mit bedencklichen doch mit bedeutenden Worten
anredet; so erfordert die Schuldigkeit daß derselbe sich ungesäumt mit
gebührender Erwiederung einfinde, welches auch hiermit geziemend, und zwar
vorerst eigenhändig geschieht.
Es
ist nicht zu läugnen daß wir andern Poeten einigermaßen verwandt sind mit dem
Cammerdiener des Königs Midas; nur unterschreiben wir uns von diesem Herrn
Vetter darin gar merklich, daß, wenn derselbe die Mängel seines Prinzipals
ohnmöglich verschweigen konnte, wir dagegen es sehr peinlich finden von den
Vollkommenheiten unserer Herrinnen zu schweigen.
Sie
haben daher, meine scharfsichtige Freundinn, mich irgend eines Vorhabens in
gegründetem Verdacht, nur muß ich zu meiner Rettung und Rechtfertigung
versichern, daß ich dergleichen Anmassungen niemals aus eigner, uns vom Urvater
Helios verliehenem Macht und Gewalt würde gewagt haben. Vielmehr sollte ein
gewißer stiller Wunsch im Laufe dieses Jahrs gegen die Freundinn verlauten und
in Form einer gnädig weiter zu befördernden Bitte vor derselben erscheinen.
Da aber Ihr letztes
vertrauliches Schreiben, ahndungsvoll schon eine abschlägige Antwort auf ein
nicht angebrachtes Gesuch enthält, so ergebe ich mich um so mehr darein und
verschließe, auf diesen himmlischen Fingerzeig, meine Gesinnungen und Vorhaben
in einem stillen treuergebenen Herzen, wo sie auf jede Art zu wuchern nicht
ermangeln werden. Bekennend und schweigend
immer derselbe
Goethe
immer derselbe
Goethe
Im Orient, wo ich
mich jetzt gewöhnlich aufhalte wird es schon für das höchste Glück geachtet,
wenn von irgend einem demüthigen Knecht, vor dem Angesichte der Herrin
gesprochen wird und Sie es auch nur geschehen läßt. Zu wie vielen Kniebeugungen
würde derjenige hingerissen werden, deßen Sie selbst erwähnte! Möchte ich doch
allerhöchsten Ortes nur manchmal nahmenweise erscheinen dürfen!
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