Sonntag, 30. September 2012
Mittwoch, 26. September 2012
Mittwoch, 19. September 2012
Erfahren, schauen, beobachten, betrachten, verknüpfen, entdecken, erfinden sind Geistestätigkeiten, welche tausendfältig, einzeln und zusammengenommen, von mehr oder weniger begabten Menschen ausgeübt werden. Bemerken, sondern, zählen, messen, wägen sind gleichfalls große Hülfsmittel, durch welche der Mensch die Natur umfaßt und über sie Herr zu werden sucht, damit er zuletzt alles zu seinem Nutzen verwende. Von diesen genannten sämtlichen Wirksamkeiten und vielen andern verschwisterten hat die gütige Mutter niemanden ausgeschlossen. Ein Kind, ein Idiot macht wohl eine Bemerkung, die dem Gewandtesten entgeht, und eignet sich von dem großen Gemeingut, heiter unbewußt, sein beschieden Teil zu.
Auch in diesen unsern Blättern konnte Widerspruch und Widerstreit, ja sogar heftiger, nicht vermieden werden. Weil ich aber für mich und andere einen freiern Spielraum, als man uns bisher gegönnt, zu erringen wünsche, so darf man mir und den Gleichgesinnten keinesweges verargen, wenn wir dasjenige, was unsern rechtmäßigen Forderungen entgegen steht, scharf bezeichnen und uns nicht mehr gefallen lassen, was man seit so vielen Jahren herkömmlich gegen uns verübte. Damit aber desto schneller alle widerwärtige Geistesaufregung verklinge, so geht unser Vorschlag zur Güte dahin, daß doch ein jeder, er sei auch wer er wolle, seine Befugnis prüfen und sich fragen möge: was leistest du denn eigentlich an deiner Stelle und wozu bist du berufen? Wir tun es jeden Tag, und diese Hefte sind die Bekenntnisse darüber, die wir so klar und rein, als der Gegenstand und die Kräfte es erlauben, ungestört fortzusetzen gedenken.
Donnerstag, 13. September 2012
Mit diesem Aufschlußgeben wäre die ganze Herrlichkeit des Dichters dahin. Der Dichter soll doch nicht sein eigener Erklärer sein und seine Dichtung in alltägliche Prosa sein zerlegen; damit würde er aufhören Dichter zu sein. Der Dichter stellt seine Schöpfung in die Welt hinaus; es ist die Sache des Lesers, des Ästhetikers, des Kritikers, zu untersuchen, was er mit seiner Schöpfung gewollt hat.
Wenn sich der Mensch in Umständen befindet, die zu dem Raume, den sein Geist einnehmen sollte, in keinem Verhältnisse stehen, wenn er eingeengt, umwunden und verstrickt ist und er lange dagegen gearbeitet hat, gewöhnt er sich endlich zu einer dunkeln, gutmütigen Geduld und folgt gelassen den trüben Pfaden seines Schicksales. Wenn dann manchmal ein Blitz aus einer höheren Sphäre ihn umleuchtet, schaut er freudig auf, die Seele erhebt sich, er fühlt sich wieder, doch bald, von der Schwere seines Zustandes niedergezogen, gibt er das geahndete Glück mit gelindem Murren wieder auf und überläßt sich nach geringem Widerstreben der Gewalt, die den Stärkern wie den Schwachen dahinreißt.
Mittwoch, 5. September 2012
Schon
in Leipzig begann diejenige Richtung, von der ich mein ganzes Leben über nicht
abweichen konnte, nämlich dasjenige, was mich erfreute oder quälte oder sonst
beschäftigte, in ein Bild, ein Gedicht zu verwandeln und darüber mit mir selbst
abzuschließen und sowohl meine Begriffe von den äußeren Dingen zu berichtigen
als mich im Innern deshalb zu beruhigen. Die Gabe hierzu war wohl niemand
nötiger als mir, den seine Natur immerfort von einem Extrem in das andere
warf.
Geht
nur und lasst mir das Publikum, von dem ich nichts hören mag. Die Hauptsache
ist, dass es geschrieben steht. Mag nun die Welt damit gebaren so gut sie kann
und es benutzen, soweit sie es fähig ist. Denn man kann von dem Publikum nicht
verlangen, dass es ein geistiges Werk geistig aufnehmen solle. Meine Sachen
können nicht populär werden. Wer daran denkt und dafür strebt, ist in einem
Irrtum. Sie sind nicht für die Masse geschrieben, sondern nur für einzelne
Menschen, die etwas ähnliches wollen und suchen und die in ähnlichen Richtungen
begriffen sind.
»Ich verlebe hier,«
sagte Goethe, »so gute Tage wie Nächte. Oft vor Tagesanbruch bin ich wach und
liege im offenen Fenster, um mich an der Pracht der jetzt zusammenstehenden
drei Planeten zu weiden und an dem wachsenden Glanz
der Morgenröthe zu erquicken. Fast den ganzen Tag bin ich sodann im Freien und
halte geistige Zwiesprache mit den Ranken der Weinrebe, die mir gute Gedanken
sagen und wovon ich euch wunderliche Dinge mittheilen könnte. Auch mache ich
wieder Gedichte, die nicht schlecht sind, und möchte überall, daß es mir
vergönnt wäre, in diesem Zustande so fortzuleben.«
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