Goethe zeigte mir
einen eleganten grünen Lehnstuhl, den er dieser Tage in einer Auktion sich
hatte kaufen lassen.
»Ich werde ihn jedoch wenig oder gar nicht gebrauchen,« sagte er, »denn alle
Arten von Bequemlichkeit sind eigentlich ganz gegen meine Natur. Sie sehen in
meinem Zimmer kein Sofa; ich sitze immer in meinem alten hölzernen Stuhl und
habe erst seit einigen Wochen eine Art von Lehne für den Kopf anfügen lassen.
Eine Umgebung von bequemen geschmackvollen Meublen hebt mein Denken auf und
versetzt mich in einen behaglichen passiven Zustand. Ausgenommen, daß man von
Jugend auf daran gewöhnt sei, sind prächtige Zimmer und elegantes Hausgeräte
etwas für Leute, die keine Gedanken haben und haben mögen.«
Freitag, 25. Mai 2012
Man
spricht immer viel von Aristokratie und Demokratie, die Sache ist ganz einfach
diese: In der Jugend, wo wir nichts besitzen oder doch den ruhigen Besitz nicht
zu schätzen wissen, sind wir Demokraten. Sind wir aber in einem langen Leben zu
Eigentum gekommen, so wünschen wir dieses nicht allein gesichert, sondern wir
wünschen auch, daß unsere Kinder und Enkel das Erworbene ruhig genießen mögen.
Deshalb sind wir im Alter immer Aristokraten ohne Ausnahme, wenn wir auch in
der Jugend uns zu anderen Gesinnungen hinneigten. Leo spricht über diesen Punkt
mit großem Geiste.
Sonntag, 20. Mai 2012
Dienstag, 15. Mai 2012
Sonntag, 6. Mai 2012
An
den Geist des Johannes Sekundus.
Lieber,
heiliger, groser Küsser,
Der du mir's in lechzend athmender
Glückseeligteit fast vorgethan hast!
Wem soll ich's klagen? klagt ich dir's nicht!
Dir, dessen Lieder wie ein warmes Küssen
Heilender Kräuter mir unters Herz sich legten,
Dass es wieder aus dem krampfigen Starren
Erdetreibens klopfend sich erhohlte.
Ach wie klag ich dir's, dass meine Lippe blutet,
Mir gespalten ist, und erbärmlich schmerzet,
Meine Lippe, die soviel gewohnt ist
Von der Liebe süsstem Glück zu schwellen
Und, wie eine goldne Himmelspforte,
Lallende Seeligkeit aus und einzustammeln.
Gesprungen ist sie! Nicht vom Biss der Holden,
Die, in voller ringsumfangender Liebe,
Mehr mögt haben von mir, und mögte mich Ganzen
Ganz erküssen, und fressen, und was sie könnte!
Nicht gesprungen weil nach ihrem Hauche
Meine Lippen unheilige Lüfte entweihten.
Ach gesprungen weil mich, öden, kalten,
Über beizenden Reif, der Herbstwind anpackt.
Und da ist Traubensaft, und der Saft der Bienen,
An meines Heerdes treuem Feuer vereinigt,
Der soll mir helfen! Warrlich er hilft nicht
Denn von der Liebe alles heilendem
Gift Balsam ist kein Tröpfgen drunter
Der du mir's in lechzend athmender
Glückseeligteit fast vorgethan hast!
Wem soll ich's klagen? klagt ich dir's nicht!
Dir, dessen Lieder wie ein warmes Küssen
Heilender Kräuter mir unters Herz sich legten,
Dass es wieder aus dem krampfigen Starren
Erdetreibens klopfend sich erhohlte.
Ach wie klag ich dir's, dass meine Lippe blutet,
Mir gespalten ist, und erbärmlich schmerzet,
Meine Lippe, die soviel gewohnt ist
Von der Liebe süsstem Glück zu schwellen
Und, wie eine goldne Himmelspforte,
Lallende Seeligkeit aus und einzustammeln.
Gesprungen ist sie! Nicht vom Biss der Holden,
Die, in voller ringsumfangender Liebe,
Mehr mögt haben von mir, und mögte mich Ganzen
Ganz erküssen, und fressen, und was sie könnte!
Nicht gesprungen weil nach ihrem Hauche
Meine Lippen unheilige Lüfte entweihten.
Ach gesprungen weil mich, öden, kalten,
Über beizenden Reif, der Herbstwind anpackt.
Und da ist Traubensaft, und der Saft der Bienen,
An meines Heerdes treuem Feuer vereinigt,
Der soll mir helfen! Warrlich er hilft nicht
Denn von der Liebe alles heilendem
Gift Balsam ist kein Tröpfgen drunter
d.
2. Nov. 76. G.
Abonnieren
Posts (Atom)