Samstag, 16. August 2008

„Sie sagten doch vorhin“, fuhr Goethe fort, „Sie könnten sich sehr wohl denken, daß einer in seinem zwanzigsten Jahre so gute Stücke schreiben könne wie Merimée. Ich habe gar nichts dawider, und bin auch im ganzen recht wohl Ihrer Meinung, daß eine jugendlich-tüchtige Produktion leichter sei, als ein jugendlich-tüchtiges Urteil. Allein in Deutschland soll einer es wohl bleiben lassen, so jung wie Merimée etwas so Reifes hervorzubringen, als er in den Stücken seiner Clara Gazul getan. Es ist wahr, Schiller war recht jung, als er seine Räuber, seine Kabale und Liebe und seinen Fiesko schrieb. Allein, wenn wir aufrichtig sein wollen, so sind doch alle diese Stücke mehr Äußerungen eines außergewöhnlichen Talents, als daß sie von großer Bildungsreife des Autors zeugten. Daran ist aber nicht Schiller schuld, sondern der Kulturzustand seiner Nation und die große Schwierigkeit, die wir alle erfahren, uns auf einsamen Wegen durchzuhelfen.“

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