Dienstag, 25. September 2007

Samstag, 22. September 2007

Bei Goethe in einer Abendgesellschaft. Die Herren Riemer, Coudray Meyer, Goethes Sohn und Frau von Goethe waren unter den Anwesenden.
Die Studenten in Jena sind in Aufstand begriffen; man hat eine Compagnie Artillerie hingeschickt, um sie zu beruhigen.
Goethe ward im Laufe des Gesprächs immer freier und mittheilender. Ich blieb länger als eine Stunde, und er sagte mir beim Abschiede viel Gutes.
Seine Gestalt ist noch schön zu nennen, seine Stirn und Augen sind besonders majestätisch. Er ist groß und wohlgebaut und von so rüstigem Ansehen, daß man nicht wohl begreift, wie er sich schon seit Jahren hat für zu alt erklären können, um noch in Gesellschaft und an Hof zu gehen.
„Man sagt immer, die Lebenszeit ist kurz, allein der Mensch kann viel leisten, wenn er sie recht zu benützen weiß. Ich habe keinen Tabak geraucht, nicht Schach gespielt, kurz nichts betrieben, was die Zeit rauben könnte. Ich habe immer die Menschen bedauert, welche nicht wissen, wie sie die Zeit zubringen oder benützen können.“
Dann aber setzte er ernst hinzu: Aber wenn man die Unredlichkeit der Deutschen in ihrer ganzen Grösse kennenlernen will, muss man sich mit der deutschen Literatur bekannt machen.
In der letzten halben Stunde ward Goethe immer in sich gekehrter, abbrechender, er schien körperlich zu leiden, der besorgte Sohn mahnte mit Recht an den Rückzug und so schied ich um 8 1/2 Uhr ganz bedenklich und betrübt.
»Ja, wenn sie es auf Gefahr der bösen Gesellschaft, in der sie mich findet, wagen will; doch kann ich es ihr freilich nicht zumuthen,« ließ er ironisch antworten, und empfing sie mit tausend Scherzen und Neckereien. »Es geht mir schlecht« sagte Goethe, »denn ich bin weder verliebt, noch ist jemand in mich verliebt.«

Freitag, 21. September 2007

Es ist weit eher möglich, sich in den Zustand eines Gehirns zu versetzen, das im entschiedensten Irrtum befangen ist, als eines, das Halbwahrheiten sich vorspiegelt.
Es ist so gewiss als wunderbar, dass Wahrheit und Irrtum aus einer Quelle entstehen; deswegen man oft dem Irrtum nicht schaden darf, weil man zugleich der Wahrheit schadet.
Schillerndes Wesen der Frauen, keine Konstanz, es sei denn in der festen Bindung. Die Frauen sind alle Schälke.
Art Wollust, die in dem Undankbarsein liegt. Undankbarkeit ist eine Treulosigkeit. Treulos zu sein, macht beiden Geschlechtern Vergnügen.
Frau von Goethe ist krank, sie hat förmlich die fallende Sucht und wird auch sehen, nach Karlsbad zu gelangen; wo ihr Gemahl sich hinwenden wird, darauf ruht noch heiliges Dunkel.

Mittwoch, 19. September 2007

Damit wird man gewöhnlich Erträgliches zustande bringen.
... vor mir stand der Unverkennbare, Goethe in der vollen Majestät seiner göttlichen Kraft und Gesundheit, mit der Jupiterswürde auf seinem schönen Antlitz, mit der Magie seines mächtigen Auges und des Herrscherblickes.
Aber ein Wort, ein Laut - allen anderen unvernehmlich - spricht zu ihm in der Sprache der Geister, und er ist plötzlich ein anderer. Die Brauen wölben sich in höheren Bogen, das milde Frühlingslicht der Augen steigert sich zum eindringlichen Sonnenblick, alle Züge bilden sich zu sanftem Ernst, grösser wird die raschere, vorwärts strebende Gestalt. Sie wird zu einem König, der incognito reist, alles in seinem Reich Interessante kennen lernen, über alles sich belehren, dessen Individualität erforschen, jedes Detail durchschauen will. Alles muss ihm Rede stehen, Lebendiges und Totes frägt er aus. Die Spinne muss ihm erzählen, wie nah, oder wie fern sie mit dem Elefanten verwandt sei. Die sieben Schwestern im Prisma müssen ihm verraten, wer ihr Vater gewesen, und welche eigentlich ihre Muttersprache ist, und in welchen Verhältnissen sie miteinander leben. Die Sterne vertrauen ihm die Geheimnisse ihrer Reisen an, sprechen sich aus über die Konstitution ihres unermesslichen Kollektiv-Reichs ... Der Orkan wird zugänglich und mild in seiner Nähe, er flüstert ihm ins Ohr, von wannen er komme ... Ein Gerstenkörnchen vom Himalaja berichtet treulich über alles Merkwürdige jener hohen Provinz ... Plötzlich scheint er genug zu wissen, um sein Incognito abstreifen zu können. Der Reisemantel fällt von seiner Schulter, der König zeigt sich in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit ... Er spricht das Wort der Entscheidung, das Urteil ohne Appellation. Er ordnet, er befiehlt, er herrscht und hat seines Gleichen nicht neben sich. Er lohnt und begnadigt mit einem Strahl aus der Sonne seines Auges ...
Später fragte ich mich wohl zuweilen sehr bedenklich: musst du denn wirklich dichten? Es antwortete „ja!“ Aber jetzt, glaube ich, dass es eigentlich hätte „nein!“ rufen sollen.

Samstag, 15. September 2007

Dienstag, 11. September 2007

Vor Tisch schon rühmte Goethe, dass er wohlgetan, nach Köln zu gehen, sich von dem Herzog influenzieren zu lassen, er lasse sich ohnehin leicht bestimmen; und vom Herzog gern, denn der bestimme ihn immer zu etwas Gutem und Glücklichen, aber einige Personen seien, die einen ganz unheilbringenden Einfluss auf ihn hätten. Lange habe er es nicht gemerkt. Immer wenn sie ihm erschienen, sei ihm auch ganz unabhängig von ihnen irgend etwas Unangenehmes, Trauriges oder Unglückliches begegnet. Alle determinierten Naturen seien ihm glückbringend, so auch Napoleon.
Spinoza hat zuerst grossen und immer bleibenden Einfluss auf ihn. Dann Baco, kleines Traktätchen de Idolis - von den Trugbildern, Gespenstern. Aller Irrtum in der Welt komme von solchen Eidoleis (ich glaube, er nimmt deren zwölf hauptsächliche an). Diese Ansicht half Goethe sehr - sagte ihm ganz besonders zu. Ueberall suchte er nun nach dem Eidolon, wenn er irgend Widersprüche fand, oder Verstockung der Menschen gegen die Wahrheit, und immer war ein Eidol da. - War ihm etwas widerwärtig, stiess man gegen die allgemeine Meinung, so dachte er bald, das wird wieder ein Eidol sein, kümmerte sich nicht weiter.
Das ist ja recht schön! sagt Goethe, wenn er sonst nichts weiss.

Freitag, 7. September 2007

Donnerstag, 6. September 2007

Das alte „prematur in nonum annum“ wird von vielen missverstanden. Wenn der Dichter eigentlich fertig mit seiner Zeugung, so muss der Schriftsteller erst beginnen.

Mittwoch, 5. September 2007

Bestimmte Zahl der verschiedenen möglichen Liebesverwicklungen.

Dienstag, 4. September 2007

nun, nun
Der Gott Schiva in seiner Wut habe alles zu verbrennen und zu verheeren gedroht, da seien die Götter bei Brahma zu Rat gegangen und Wischnu hab sich in eine weibliche Scham verwandelt, welche überall herumgeschwebt; wie nun der Schiwa in seiner Wut und Grimm hin- und hergefahren im Universo, sei er immer in eine Fotze geraten und so gebändigt worden.
Er sagte mir ... wir sässen im Fegfeuer und dächten nicht, dass uns nur eine papierne Wand vom Himmel trenne. Hätten wir nur den Mut, diese durchzuschlagen, so wäre uns geholfen.
Goethe verglich an diesem Abend seine Beschäftigung mit Mineralogie und den daran geknüpften Wissenschaften mit dem Ballast in einem Luftballon. Er sagte: „Wenn man diesen zur Erde haltenden Ballast herauswirft, so gerät man in Gefahr, zu hoch in Lüften zu schweben, und muss am Ende gar, wenn man wieder herab will, ein Loch in den Ballon schneiden. Darum treibe ich solche ernste wissenschaftliche Dinge neben der Poesie.