Dienstag, 30. August 2022

Die Wahrheit ist einem immer neu, und wenn man wieder einmal so einen ganz wahren Menschen sieht, meint man, man käme erst auf die Welt.

Donnerstag, 25. August 2022

Bertuch war, als die Genieperiode grassirte, immer das Stichblatt des Spottes bey den Genies und dem Herzog, u. hieß (...) der Spießbürger. An eben dem Abend, wo er seine Frau zuerst nach Weimar in sein Logis gebracht hatte, erhielt er noch vom Herzog u. Göthe einen Besuch. Der Herzog debütirte damit, daß er gehört habe, er habe sich verteufelt spießbürgerisch eingerichtet, einen prächtigen Nachtstuhl machen lassen, und triebe großen Luxus. Er müsse doch also sehen, was daran sey. Sogleich fielen ihm ein paar neue schöne Spiegel ins Auge, die er mit seinem Hieber zertrümmern wollte, sich aber doch, als Bertuch vorstellte, daß er sie auf des Herzogs Unkosten noch einmal so kostbar anschaffen würde, zureden ließ, u. mit der Aeuserung abstand, daß man die Spiegel um der Frau willen lassen müsse, damit sich diese bespiegeln könne. Darauf hielt der Herzog Revision auf Bertuchs Schreibepult, fand einen Roman von Göchhausen, mit dem er so gleich eine Exekution vornahm, Blätter herausriß, u. herausbrannte, Taback hineinstreute, u. so die Bescheerung der Fräulein v. Göchhausen versiegelt unter Bertuchs Namen zuschickte. Endlich hieb u. stach er in die neuen Tapeten, weil dieß verflucht spießbürgerisch sei, daß man die nackten Wände überkleistern wollte. Die junge Ehefrau schlich sich, wie vom Donner gerührt, über diese Behandlung davon. Bertuch verbiß seinen Aerger, ward aber einige Tage darauf sterbenskrank. Als der Arzt von Todesgefahr sprach, kam der Herzog noch um Mitternacht um gleichsam Abbitte zu thun, u. Göthe ging mit Thränen aus der Kammer, u. drückte der tiefgekränkten Frau die hand mit den Worten: sie habe einen harten Anfang.

Samstag, 20. August 2022

 

Aber dann, o Genius! dass offenbar werde, nicht Fläche, Weichheit des Herzens sei an seiner Unbestimmtheit schuld; lass ihn ein Mädchen finden, seiner wert!

Lass die beiden sich finden, beim ersten Nahen werden sie dunkel und mächtig ahnen, was jedes für einen Inbegriff von Glückseligkeit in dem andern ergreift, werden nimmer voneinander lassen. Und dann lall er ahnend und hoffend und genießend: 
»Was doch keiner mit Worten ausspricht, keiner mit Tränen, und keiner mit dem verweilenden vollen Blick, und der Seele drin.«


Mittwoch, 17. August 2022

Abends sitzt er in einer wohlgeheizten Stube, eine weisse Fuhrmannsmütze auf dem Kopf, ein Moltumjäckchen und lange Flauschpantalons an, in nieder getretenen Pantoffeln und herabhängenden Strümpfen im Lehnstuhl, während sein kleiner Junge auf seinen Knieen schaukelt. In einem Winkel sitzt stillschweigend und meditierend der Maler Meyer, auf der anderen Seite die Donna Vulpia mit dem Strickstrumpf. Dies ist die Familiengruppe.

Merck war mit Goethen schon früh Kumpan und Lebebruder gewesen, ohngeachtet er etwa 6 Jahre älter war. Er hatte einst seine Frau in flagranti mit einem Liebhaber ergriffen, und zweifelte daher an der Echtheit seiner Kinder. Weil er sich nun selbst aktäonisiert wußte, bezweifelte er auch die Treue der übrigen Weiber, und streuete überall, wo er Eheglück fand, Samen der Zwietracht aus. Überhaupt fand er eine teuflische Lust darinnen, Leute, die sich glücklich fühlten, auf die linke Seite aufmerksam zu machen, und ihr Glück zu stören. Ihn hat daher auch Goethe zum Original des Mephistopheles in seinem Faust (dies ist Goethe selbst) genommen, und mehrere Szenen sind Anspielungen auf wirkliche Begebenheiten, die er mit Merck erlebt hatte, z.B. die Szene in Auerbachs Hof und das Liedchen vom Stroh. Schade nur, dass dieser Faust, so wie wir ihn jetzt in seinen Werken haben, ein aus frühern und spätern Arbeiten zusammengeflicktes Lappenwerk ist (so wie auch der Wilhelm Meister), und dass die interessantesten Wollustszenen (z.B. im Gefängnisse, wo Faust so wütend wird, dass er selbst den Mephistopheles erschreckt) unterdrückt worden sind.

Mittwoch, 10. August 2022

Bonstetten ist ein Mann, der von Voltaire und Rousseau herauf bis zu der Frau v. Staël und Lord Byron mit aller Literatur des Jahrhunderts gelebt hat. Er besitzt eine grenzenlose Erfahrung und eine besondere Gabe, die Eigenheiten verschiedener Personen durch die feinsten und schärfsten Andeutungen einem anderen zu überliefern und anschaulich zu machen.   

Dienstag, 9. August 2022

„Allmächtiger Gott, was muss ich ausstehen, wie krank bin ich, kränker als in vielen Jahren“, rief er einmal über das andere aus. Sodann: „Die Götter halten uns hart in solchen kranken Tagen, und doch auch nicht gar sonderlich in den gesunden.“

Montag, 8. August 2022

 

Es ist besser, dass Ungerechtigkeiten geschehen, als dass sie auf ungerechte Weise behoben werden.