Schmeichelnd zieht sie ihn zur Schwelle,
Lebhaft
ihn ins Haus hinein:
"Schöner
Fremdling, lampenhelle
Soll
sogleich die Hütte sein.
Bist
du müd, ich will dich laben,
Lindern
deiner Füße Schmerz.
Was
du willst, das sollst du haben,
Ruhe,
Freuden oder Scherz."
Sie
lindert geschäftig geheuchelte Leiden.
Der
Göttliche lächelt; er siehet mit Freuden
Durch
tiefes Verderben ein menschliches Herz.
Donnerstag, 29. Juli 2021
Montag, 19. Juli 2021
Dieser
Tage habe ich in großer adliger Gesellschaft einen höchst langweilig
Spaziergang machen müssen. Das ist ein notwendiges Übel, in das mich mein
Verhältnis mit Charlotten [von Kalb] gestürzt hat — und wieviel flache
Kreaturen kommen einem da vor! Die Beste unter allen war Frau von Stein, eine
wahrhaftig eigene, interessante Person, und von der ich begreife, daß Goethe
sich so ganz an sie attachiert hat. Schön kann sie nie gewesen sein, aber ihr
Gesicht hat einen sanften Ernst und eine ganz eigene Offenheit. Ein gesunder
Verstand, Gefühl und Wahrheit liegen in ihrem Wesen. Diese Frau besitzt
vielleicht über tausend Briefe von Goethe, und aus Italien hat er ihr noch jede
Woche geschrieben. Man sagt, daß ihr Umgang ganz rein und untadelhaft sein
soll.
Samstag, 3. Juli 2021
Dieser
Tage bin ich auch in Goethens Garten gewesen beim Major von Knebel, seinem
intimen Freund. Goethens Geist hat alle Menschen, die sich zu seinem Zirkel
zählen, gemodelt. Eine stolze philosophische Verachtung aller Spekulation und
Untersuchung, mit einem bis zur Affektation getriebenen Attachement an die
Natur und einer Resignation in seine fünf Sinne; kurz, eine gewisse kindliche Einfalt
der Vernunft bezeichnet ihn und seine ganze hiesige Sekte. Da sucht man lieber
Kräuter oder treibt Mineralogie, als daß man sich in leeren Demonstrationen
verfinge. Die Idee kann ganz gesund und gut sein, aber man kann auch viel
übertreiben ...