Samstag, 29. August 2020

 … je incommensurabler und für den Verstand unfasslicher eine poetische Produktion, desto besser. 

Freitag, 21. August 2020

Mit meinen Augen hab ich es gesehn,
Das Urbild jeder Tugend, jeder Schöne;
Was ich nach ihm gebildet, das wird bleiben:
Tancredens Heldenliebe zu Chlorinden,
Erminiens stille nicht bemerkte Treue,
Sophroniens Großheit und Olindens Not.
Es sind nicht Schatten, die der Wahn erzeugte,
Ich weiß es, sie sind ewig, denn sie sind.
Und was hat mehr das Recht, Jahrhunderte
Zu bleiben und im stillen fort zu wirken,
Als das Geheimnis einer edlen Liebe,
Dem holden Lied bescheiden anvertraut?  

Freilich ist dieses alles nur eine poetische Schöpfung; allein der beschränkte Mensch vermag nicht viel weiter zu dringen, und er ist zufrieden, etwas zu finden, wobei er sich beruhigen möchte. Wir sehen auf Erden Erscheinungen und empfinden Wirkungen, von denen wir nicht wissen, woher sie kommen, und wohin sie gehen. Wir schließen auf einen geistigen Urquell, auf ein Göttliches, wofür wir keine Begriffe und keinen Ausdruck haben, und welches wir zu uns herabziehen und anthropomorphisieren müssen, um unsere dunkelen Ahndungen einigermaßen zu verkörpern und fasslich zu machen. 

Donnerstag, 20. August 2020

Ich traf Goethen gegen Abend ziemlich abgespannt und einsilbig, es gelang mir jedoch, nach vielen vergeblichen Versuchen, ihn endlich munter, gesprächig und heiter zu machen.

Darüber war ich sehr froh; denn nichts ist peinlicher als das Zusammensein mit ihm, wenn er jeden Gesprächsfaden sogleich fallen läßt, oder abreißt, auf jede Frage mit: »Gute Menschen! es ist ihnen aber nicht zu helfen« oder »da mögt ihr jungen Leute zusehen, ich bin zu alt dazu« antwortet und manche lange Pause mit nichts als hm! hm! ausfüllt, auch wohl den Kopf wie aus Schläfrigkeit sinken läßt.

 

Die Sonne tönt, nach alter Weise,
In Brudersphären Wettgesang,
Und ihre vorgeschriebne Reise
Vollendet sie mit Donnergang.
Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke,
Wenn keiner Sie ergründen mag;
die unbegreiflich hohen Werke
Sind herrlich wie am ersten Tag.

Sonntag, 16. August 2020

Ich hatte das Dargestellte wohl gehört und wohl empfunden, aber es blieb mir so vieles räthselhaft, daß ich mich gedrungen fühlte, Goethe um einigen Aufschluß zu bitten. Er aber, in seiner gewöhnlichen Art, hüllte sich in Geheimnisse, indem er mich mit großen Augen anblickte und mir die Worte wiederholte: Die Mütter! Mütter! 's klingt so wunderlich! 

Donnerstag, 13. August 2020

»Geht nur,« sagte Goethe, »und laßt mir das Publicum, von dem ich nichts hören mag. Die Hauptsache ist, daß es geschrieben steht; mag nun die Welt damit gebaren, so gut sie kann, und es benutzen, so weit sie es fähig ist.«      

 »Es ist eigen« sagte ich, »daß man so häufig bei ausgezeichneten Talenten, besonders bei Poeten findet, daß sie eine schwächliche Constitution haben.«

»Das Außerordentliche, was solche Menschen leisten,« sagte Goethe, »setzt eine sehr zarte Organisation voraus, damit sie seltener Empfindungen fähig sein und die Stimme der Himmlischen vernehmen mögen. Nun ist eine solche Organisation im Conflict mit der Welt und den Elementen leicht gestört und verletzt, und wer nicht, wie Voltaire, mit großer Sensibiliät eine außerordentliche Zähheit verbindet, ist leicht einer fortgesetzten Kränklichkeit unterworfen. Schiller war noch beständig krank. Als ich ihn zuerst kennen lernte, glaubte ich, er lebte keine vier Wochen. Aber auch er hatte eine gewisse Zähheit; er hielt sich noch die vielen Jahre und hätte sich bei gesunderer Lebensweise noch länger halten können.«     

Dienstag, 4. August 2020


Aug', mein Aug', was sinkst du nieder?
Goldne Träume, kommt ihr wieder?
Weg, du Traum! so gold du bist;
Hier auch Lieb' und Leben ist.

Samstag, 1. August 2020


Riemer ist sehr brav. Wir lesen jetzt, eine neue Ausgabe vorbereitend, Wilhelm Meister zusammen. Da ich dieses Werklein, so wie meine übrigen Sachen, als Nachtwandler geschrieben, so sind mir seine Bemerkungen über meinen Styl höchst lehrreich und anmuthig.