Die Pariser Zeitschrift Le Globe …. Auch hier ist
keine Spur, Frauen als Frauen zu Leserinnen werben zu wollen; der Geist jener
Mitarbeiter ist auf die Zukunft gerichtet, und das möchte nicht anlockend für
das schöne Geschlecht sein.
Montag, 30. Oktober 2017
Mittwoch, 11. Oktober 2017
Es entstand eine
Pause, während welcher Goethe fortfuhr im Zimmer auf- und abzugehen. Ich war
indes begierig, über diesen wichtigen Punkt noch etwas weiteres zu hören, und
suchte daher Goethen wieder in Anregung zu bringen.
»Liegt denn,« sagte
ich, »diese geniale Productivität bloß im Geiste eines bedeutenden Menschen,
oder liegt sie auch im Körper?«
»Wenigstens,«
erwiederte Goethe, »hat der Körper darauf den größten Einfluß. Es gab zwar eine
Zeit, wo man in Deutschtand sich ein Genie als klein, schwach, wohl gar
buckelig dachte, allein ich lobe mir ein Genie, das den gehörigen Körper hat.
Wenn man von Napoleon
gesagt, er sei ein Mensch aus Granit, so gilt dieses besonders auch von seinem
Körper. Was hat sich der nicht alles zugemuthet und zumuthen können! Von dem
brennenden Sande der Syrischen Wüste bis zu den Schneefeldern von Moskau,
welche Unsumme von Märschen, Schlachten und nächtlichen Bivouacs liegt da nicht
in der Mitte! Und welche Strapazen und körperliche Entbehrungen hat er dabei
nicht aushalten müssen! Wenig Schlaf, wenig Nahrung, und dabei immer in der
höchsten geistigen Thätigkeit! Bei der fürchterlichen Anstrengung und Aufregung
des 18. Brumaire ward es Mitternacht, und er hatte den ganzen Tag noch nichts
genossen, und ohne nun an seine körperliche Stärkung zu denken, fühlte er sich
Kraft genug, um noch tief in der Nacht die bekannte Proclamation an das
französische Volk zu entwerfen! Wenn man erwägt, was der alles durchgemacht und
ausgestanden, so sollte man denken, es wäre in seinem vierzigsten Jahre kein
heiles Stück mehr an ihm gewesen; allein er stand in jenem Alter noch auf den
Füßen eines vollkommenen Helden.
Goethe gefiel mir
diesen Abend ganz besonders. Das Edelste seiner Natur schien in ihm rege zu sein;
dabei war der Klang seiner Stimme und das Feuer seiner Augen von solcher Kraft,
als wäre er von einem frischen Auflodern seiner besten Jugend durchglüht.
Merkwürdig war es mir, daß er, der selbst in so hohen Jahren noch einem
bedeutenden Posten vorstand, so ganz entschieden der Jugend das Wort redete und
die ersten Stellen im Staat, wenn auch nicht von Jünglingen, doch von Männern
in noch jugendlichem Alter besetzt haben wollte. Ich konnte nicht umhin einige
hochstehende deutsche Männer zu erwähnen, denen im hohen Alter die nöthige
Energie und jugendliche Beweglichkeit zum Betriebe der bedeutendsten und
mannigfaltigsten Geschäfte doch keineswegs zu fehlen scheine.
»Solche Männer und
ihresgleichen,« erwiederte Goethe, »sind geniale Naturen, mit denen es eine
eigene Bewandtniß hat; sie erleben eine wiederholte Pubertät, während andere
Leute nur einmal jung sind.
Heute bei Goethe zu
Tisch kam das Gespräch bald wieder auf das Dämonische, und er fügte zu dessen
näheren Bezeichnung noch folgendes hinzu.
»Das Dämonische«,
sagte er, »ist dasjenige, was durch Verstand und Vernunft nicht aufzulösen ist.
In meiner Natur liegt es nicht, aber ich bin ihm unterworfen.«
»Napoleon«, sagte
ich, »scheint dämonischer Art gewesen zu sein.«
»Er war es durchaus«,
sagte Goethe, »im höchsten Grade, so daß kaum ein anderer ihm zu vergleichen
ist. Auch der verstorbene Großherzog war eine dämonische Natur, voll
unbegrenzter Tatkraft und Unruhe, so daß sein eigenes Reich ihm zu klein war,
und das größte ihm zu klein gewesen wäre. Dämonische Wesen solcher Art
rechneten die Griechen unter die Halbgötter.«
»Erscheint nicht
auch«, sagte ich, »das Dämonische in den Begebenheiten?«
»Ganz besonders,«
sagte Goethe, »und zwar in allen, die wir durch Verstand und Vernunft nicht
aufzulösen vermögen. Überhaupt manifestiert es sich auf die verschiedenste
Weise in der ganzen Natur, in der unsichtbaren wie in der sichtbaren. Manche
Geschöpfe sind ganz dämonischer Art, in manchen sind Teile von ihm wirksam.«
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