Sonntag, 30. Juni 2013

Knabe saß ich, Fischerknabe,
Auf dem schwarzen Fels am Meer
Und, bereitend falsche Gabe,
Sang ich, lauschend ringsumher.
Angel schwebte lockend nieder;
Gleich ein Fischlein streift und schnappt,
Schadenfrohe Schelmenlieder –
Und das Fischlein war ertappt.


Ach! am Ufer, durch die Fluren,
Ins Geklüfte tief zum Hain,
Folgt ich einer Sohle Spuren,
Und die Hirtin war allein.
Blicke sinken, Worte stocken! –
Wie ein Taschenmesser schnappt,
Faßte sie mich in die Locken,
Und das Bübchen war ertappt.

Weiß doch Gott, mit welchem Hirten
Sie aufs neue sich ergeht!
Muß ich in das Meer mich gürten,
Wie es sauset, wie es weht.
Wenn mich oft im Netze jammert
Das Gewimmel groß und klein,
Immer möcht ich noch umklammert
Noch von ihren Armen sein!

Samstag, 15. Juni 2013

Nichts ist auf der Erde ohne Beschwerlichkeit! Nur der innere Trieb, die Lust, die Liebe helfen uns Hindernisse überwinden, Wege bahnen und uns aus dem engen Kreise, worin sich andere kümmerlich abängstigen, emporheben. 

Donnerstag, 13. Juni 2013

Wie anders! Lieber Gott wie anders! als da ich vor zehen Jahren als ein kleiner, eingewickelter, seltsamer Knabe in eben das Posthaus trat – Wie viel hat nicht die Zeit durch den Kopf und das Herz müssen, und wieviel wohler, freyer, besser ist mir's nicht. – 

Mag der Grieche seinen Ton
Zu Gestalten drücken,
An der eignen Hände Sohn
Steigern sein Entzücken.


Aber uns ist wonnereich,
In den Euphrat greifen
Und im flüss'gen Element
Hin und wieder schweifen.
Löscht ich so der Seele Brand,
Lied, es wird erschallen:
Schöpft des Dichters reine Hand,
Wasser wird sich ballen.

Die Hauptsache ist, daß man lerne, sich selbst zu beherrschen. Wollte ich mich ungehindert gehen lassen, so läge es wohl in mir, mich selbst und meine Umgebung zugrunde zu richten.

 

Montag, 3. Juni 2013


Ich bin seit mehreren Wochen nicht ganz wohl. Ich schlafe schlecht und zwar in den unruhigsten Träumen vom Abend bis zum Morgen, wo ich mich in sehr verschiedenartigen Zuständen sehe, allerlei Gespräche mit bekannten und unbekannten Personen führe, mich herumstreite und zanke, und zwar alles so lebendig, daß ich mir jeder Einzelheit am andern Morgen noch deutlich bewußt bin. Dieses Traumleben aber zehrt von den Kräften meines Gehirns, so daß ich mich am Tage schlaff und abgespannt fühle, zu jeder geistigen Tätigkeit ohne Lust und Gedanken.

Ich hatte Goethe wiederholt meinen Zustand geklagt und er hatte mich wiederholt getrieben, mich doch meinem Arzt zu vertrauen. „Was Euch fehlt,“ sagte er, „ist gewiß nicht der Mühe wert; wahrscheinlich nichts als eine kleine Stockung, die durch einige Gläser Mineralwasser oder ein wenig Salz zu heben ist, aber laßt es nicht länger so fortschlendern, sondern tut dazu!“

Goethe mochte ganz recht haben, und ich sagte mir selber, daß er recht habe; allein jene Unentschlossenheit und Unlust wirkte auch in diesem Fall, und ich ließ wiederum unruhige Nächte und schlechte Tage verstreichen, ohne das mindeste zur Abstellung meines Übels zu tun.