Dienstag, 24. Juli 2012
Einen jedoch muss ich besonders auszeichnen, einen ernsten, sehr achtbaren Mann von der Art, wie sie zu jener Zeit unter den preußischen Kriegsleuten öfter vorkamen, mehr ästhetisch als philosophisch gebildet, ernst mit einem gewissen hypochondrischen Zug, still in sich gekehrt und zum Wohltun mit zarter Leidenschaft aufgelegt.
Denn es ging mir mit diesen Entwickelungen natürlicher Phänomene wie mit Gedichten: Ich machte sie nicht, sondern sie machten mich. Das einmal erregte Interesse behauptete sein Recht, die Produktion ging ihren Gang, ohne sich durch Kanonenkugeln und Feuerballen im mindesten stören zu lassen. Der Fürst verlangte, dass ich ihm fasslich machen sollte, wie ich in dieses Feld geraten. Hier gereichte mir nun der heutige Fall zu besonderem Nutzen und Frommen.
Dergleichen Betrachtungen anzustellen, versammelte sich eine große Gesellschaft, die überhaupt, wo es Halt gab, sich immer mit einigem Zutrauen, besonders beim Nachmittagskaffee, zusammenfügte; sie bestand aus wunderlichen Elemente, Deutschen und Franzosen, Kriegern und Diplomaten, alles bedeutende Personen, erfahren, klug, geistreich, aufgeregt durch die Wichtigkeit des Augenblicks, Männer, sämtlich von Wert und Würde, aber doch eigentlich nicht in den innern Rat gezogen und also desto mehr bemüht, auszusinnen, was beschlossen sein, was geschehen könnte.
Donnerstag, 19. Juli 2012
O wie oft hab’ ich an dieses Blatt gedacht, und
wie er damit mir die Stirne und das Gesicht streichelte, und wie er meine Haare
durch die Finger zog und sagte: „Ich bin nicht klug; man kann mich leicht
betrügen, du hast keine Ehre davon, wenn du mir etwas weismachst mit deiner
Liebe.“ - Da fiel ich ihm um den Hals.
Die
Formel der Steigerung lässt sich auch im Ästhetischen und Moralischen anwenden.
Die Liebe, wie sie modern erscheint, ist ein Gesteigertes. Es ist nicht mehr
das erste einfache Naturbedürfnis und Naturäusserung, sondern ein in sich
kohobiertes, gleichsam verdichtetes und gesteigertes Wesen. Es ist einfältig,
diese Art zu verwerfen, weil sie auch noch einfach existiert und existieren
kann.
Wenn
man in Küche und Keller ein Gesteigertes sucht und darauf ausgeht, warum soll
man nicht auch diesen Genuss für die Darstellung oder für das unmittelbare
Empfinden steigern dürfen und können?Jeder Koch macht auf diese Weise seine Brühen und Saucen appetitlicher, dass er sie in sich kohobiert.
Dienstag, 17. Juli 2012
Freitag, 13. Juli 2012
»Dieser Meinung,« sagte
Goethe, »muß ich widersprechen. Ich behaupte vielmehr, daß die Natur sich immer
reichlich, ja verschwenderisch erweise, und daß es weit mehr in ihrem Sinne
sei, anzunehmen, sie habe statt eines einzigen armseligen Paares die Menschen
gleich zu Dutzenden, ja zu Hunderten hervorgehen lassen. Als nämlich die Erde
bis zu einem gewissen Punkt der Reise gediehen war, die Wasser sich verlaufen
hatten und das Trockene genugsam grünte, trat die Epoche der Menschwerdung ein,
und es entstanden die Menschen durch die Allmacht Gottes überall, wo der Boden
es zuließ, und vielleicht auf den Höhen zuerst. Anzunehmen, daß dieses
geschehen, halte ich für vernünftig, allein darüber nachzusinnen, wie es
geschehen, halte ich für ein unnützes Geschäft, das wir denen überlassen
wollen, die sich gern mit unauflößbaren Problemen beschäftigen und die nichts
Besseres zu thun haben.«
»Ich kann es dem
Guten nicht verargen,« sagte Goethe, »daß er von Italien mit solcher
Begeisterung redet; weiß ich doch, wie mir selber zu Muthe gewesen ist! Ja ich
kann sagen, daß ich nur in Rom empfunden habe, was eigentlich ein Mensch sei.
Zu dieser Höhe, zu diesem Glück der Empfindung bin ich später nie wieder
gekommen; ich bin, mit meinem Zustande in Rom verglichen, eigentlich nachher
nie wieder froh geworden.«
Donnerstag, 5. Juli 2012
»Ich begreife Euch
nicht, Ihr guten Kinder,« sagte er, »wie ihr Sujet und Musik trennen und jedes
für sich genießen könnt. Ihr sagt, das Sujet tauge nicht, aber Ihr hättet es
ignorirt und Euch an der trefflichen Musik erfreut. Ich bewundere wirklich die
Einrichtung euerer Natur, und wie euere Ohren im Stande sind, anmuthigen Tönen
zu lauschen, während der gewaltigste Sinn, das Auge, von den absurdesten
Gegenständen geplagt wird.«
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