Freitag, 30. März 2007

Die Grossfürstin war bei ihr und Goethe, und er war unbeschreiblich liebenswürdig und geistreich.
Goethe sagte mir noch, er lebe wie die unsterblichen Götter, und habe weder Freude noch Leid.
Dann ging ich hinab und fand Goethe mit dem Kanzler auch noch am Tisch. Ich setzte mich zu ihnen und trank noch ein Glas Champagner aus Goethes Glase.
Der Aberglaube ist den Dichtern zuträglich, sagte Goethe. Ich bemerkte: Wie die wilde unbebaute Natur erst dem Landschafter die schicklichen Gegenstände für seine Kunst darbietet, nicht die bebauten Äcker, die ebenen Wiesen, die geraden Strassen, die regelmässigen Gebäude. Die pathologischen Zustände nutzt der Dichter. Der Irrtum ist mannigfaltig, ist farbig; die Wahrheit ist einfach und weiss.

Donnerstag, 29. März 2007

Mittwoch, 28. März 2007

Aber der alte Herr ist achtzig Jahre alt, und da ist es kein Wunder, dass er oft kaum begreift, wie andere sich unterstehen können, auch existieren zu wollen.
„ - Bin ich denn nicht mehr am Leben? Beschlossen hat man? Man hat demnach beschlossen, ohne mich auch nur zu fragen!“
„Ja, wenn Eckermann nicht zu bescheiden wäre, so könnte er wohl die Sache in die Hand nehmen.“
„Ach was“, polterte der alte Herr, „glaubt Sie, kleines Mädchen, dass ich zu jedem laufe, der wartet? Was würde dann aus dem da?“ und damit zeigte er auf die offenen Bogen: „Wenn ich tot bin, macht’s keiner. Sagen Sie das droben der Sippschaft. Guten Abend.“

Dienstag, 20. März 2007

Donnerstag, 15. März 2007

Die Maler sind die Götter der Erde, nichts ist der Dichter. Ein Buch muss er schreiben, um vor das Publikum treten zu können; auf einer Tafel, mit einem Blicke vermag der Künstler sich auszusprechen, die höchste und allgemeinste Wirkung zu erreichen.
Erst im reiferen Alter wurde es mir klar, weshalb er jeden so ruhig und widerspruchslos anhörte: es lag ihm vor allem daran, die Menschen, mit denen er, wenn auch nur vorübergehend, zu tun hatte, kennen zu lernen, und er wusste wohl, dass dies am besten dadurch erreicht wird, wenn man das Indivduum, anstatt es durch Widerspruch zu verwirren und zu reizen, frei seine Meinung aussprechen lässt.
Tiefste Verehrung in der Brust, ging ich weg. So kerngesundes Urteil, so gänzliche Unbefangenheit, Freiheit von aller Prätention, rein menschliche, ich möchte sagen bürgerliche Würdigung der Dinge, so viel Milde, Nachsicht und Schonung gegen menschliche Verirrungen und Schwachheiten, stets mit ihrer klarsten Erkenntnis gepaart, so viel innre Ruhe in Überblickung einer höchst bewegten Vergangenheit, so viel gutmütige Festhaltung des Einzelnen, frohsinnige Erinnerung, Natürlichkeit in Ausdruck und Empfindung - wird sich wohl nicht leicht wieder in einem Fürsten vereinigen. Es ist unmöglich, ihn nicht zu lieben, ihm über etwas zu grollen, wenn man ihn so gemütlich über sich und andere sprechen hört. Diese zwei Stunden waren köstlich.
Goethe habe stets zu viel in die Weiber gelegt, seine eigenen Ideen in ihnen geliebt, eigentlich grosse Leidenschaft nicht empfunden. Seine längste Liebschaft, die Frau von Stein, sei eine recht gute Frau gewesen, aber eben kein grosses Licht. Die Vulpius habe alles verdorben, ihn der Gesellschaft entfremdet; der Tod der Herzogin-Mutter habe auch vieles zerstört, da sei ein zwangloser Zentralpunkt gewesen, die Grossherzogin habe nach ihrer Eigentümlichkeit dies nicht fortsetzen können; mit Frau von Heygendorf sei Goethe bald, der Frau wegen, zerfallen.
Da muss einer schon sehr gebildet sein, wenn er Gott und den Teufel los sein will.

Samstag, 10. März 2007

Mittwoch, 7. März 2007

Hab mich lieb. Ist doch nichts anders auf der Welt.
Ich traf gegen 4 Uhr Hofrat Meyern bei Goethe an, letzterer war sehr munter, ja aufgeregt; wie ein Gewitter bei heitrem Himmel suchte er sich seiner Kraftfülle durch geistige Blitze und Donnerschläge zu entledigen.
Ich bin nicht so alt geworden, um mich um die Weltgeschichte zu kümmern, die das Absurdeste ist, was es gibt; ob dieser oder jener stirbt, dieses oder jenes Volk untergeht, ist mir einerlei, ich wäre ein Tor, mich darum zu kümmern.
Die Nachwelt soll wissen, dass doch wenigstens Ein gescheiter Mann in unserem Zeitalter gelebt hat, der jene Absurditäten durchschaute. Ich finde immer mehr, dass man es mit der Minorität, die stets die gescheitere ist, halten muss.
O danket Gott, dass ihr nichts davon wisst, ich kann es euch auch nicht sagen, man könnte schon wahnsinnig werden, es nur auseinanderzusetzen. Ohnehin bedeutet so ein Parteiname späterhin nichts mehr, löst sich in Rauch auf; die Leute wissen schon jetzt nicht mehr, was sie damit bezeichnen wollen. Ihr müsst verzeihen, wenn ich grob bin, ich schreibe eben in den Wanderjahren an der Rolle des Jarno, da spiele ich eine Weile auch im Leben den Grobian fort.

Montag, 5. März 2007